Es gibt Beispiele rechtsextremer Gesinnung innerhalb der Polizei, die es auch in Deutschland notwendig machen, genauer hinzusehen. Kürzlich kam es zu größeren und kleineren Demonstrationen gegen unangemessene polizeiliche Gewalt bei Personenkontrollen, die sich vor allem gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe und anderer sichtbarer migrantischer Herkunft richten. „Racial Profiling“ lautet das Schlagwort und ist verboten.
Dazu kommen Zahlreiche rechtsextreme Drohmails, die auf Spuren in die hessische Polizei verweisen, die mit Details über den Empfänger aus Polizeicomputern gespickt sind und den Absender „NSU 2.0“ tragen. Offenbar werden dafür mittlerweile Polizeicomputer von Polizisten auch in Berlin, Hamburg und Sachsen-Anhalt angezapft.
Der schon für einzelne Beamte wirksame Rassismus war schon die größte Hürde für die am Ende völlig erfolglosen Ermittlungen der Polizei bei der Mordserie des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) und bereits vor Jahren ein Hinweis auf rassistische Strukturen auch in mancher Polizeiwache. Die Ermittlungen der deutschen Polizeien im Bund und in den Ländern waren geprägt von der Überzeugung, dass solche Taten im eigenen Land nicht denkbar, die Täter der Mordserie gegen acht türkische und einen griechischen Einwanderer daher nur in der Verwandtschaft der Familien der Opfer, im Freundeskreis oder im kriminellen Milieu der Türkei zu finden seien.
Die eigens gebildete Sonderkommission Bosporus wurde daher nach Jahren ergebnislos aufgelöst. Keiner der Ermittler hat sich für das Leid und den Schrecken, den er in den Familien verursacht hat, entschuldigt oder die eigenen krassen Vorurteile gegen migrantische Mitbürger eingestanden oder gar überwunden. Über Jahre hatten Ehefrauen, Töchter oder Söhne unter dem Verdacht gelitten, Mörder oder Mordgehilfe zu sein und den eigenen Vater umgebracht zu haben.
Der Prozess gegen den NSU, der sich nach dem mutmaßlichen Selbstmord der beiden Haupttäter wesentlich nur noch gegen Beate Zschäpe, der Dritten des Terrortrios, richtete, endete für sie mit dem Schuldspruch lebenslängliche Haft. Vier weitere untergeordnete Helfershelfer im NSU kamen mit geringen Gefängnisstrafen davon. Dem Versprechen der Kanzlerin, die Fehler bei der Ermittlung der NSU-Mordserie ohne Ansehen der Person aufzuklären, folgten keine Taten.
Seither haben Staatsanwaltschaften und Polizei vorrangig weiterhin zwar mehrfach Einstellungen rechtsextremer Straftaten verfügt, und wollten oder konnten nur selten zur Aufklärung rechtsextremistischer Übergriffe beigetragen. Deren horrend wachsende Zahl wird im letzten und vorletzten Jahresbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) als „größte innenpolitische Gefahr“ für den demokratischen Rechtstaat eingestuft. Bundesinnenminister Horst Seehofer teilt offiziell die Einschätzung des BfV, schlägt aber keinerlei Maßnahmen zur Besserung vor.
Das gilt auch für Racial Profiling, das der Polizei offiziell verboten ist. Ein Verbot aber gegen das immer wieder verstoßen wird. Eine von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz für Deutschland empfohlene Studie zum Thema lehnt Seehofer mit Hinweis auf das vorhandene Verbot ab. Eine Petition beim Bundestag steht nun zur Beratung an: 76.393 Unterzeichner haben sich für die auch vom Bund Deutscher Kriminalbeamter befürwortete Studie ausgesprochen. „Eine aufschlussreiche Studie ermöglicht eine auf Fakten, nicht Meinungen basierte Grundlage um festzustellen, ob Handlungsbedarf besteht“, so die Begründung für die Eingabe.
Seehofer hat offenbar kein Gespür dafür, welche Wirkung der mit erschreckenden Bildern vorgeführte Rassismus der Polizei etwa in den USA gegen schwarze Menschen hat, und der über das weltweite Netz atmosphärisch auch in Europa, und damit auch in Deutschland wirken kann. Deutsche Polizisten sind daran zu erinnern, einen Eid auf das Grundgesetz geleistet zu haben. Artikel 1 GG spricht von der unantastbaren Würde des Menschen, die zu achten und zu schützen Aufgabe und Verpflichtung aller staatlichen Gewalt sei.
Wer dagegen rassistisch oder antisemitisch verstößt, und damit gegen den Eid verstößt, darf in der Polizei keinen Platz haben und muss den Dienst quittieren. Eine unabhängige Studie könnte daher helfen, das wachsende Misstrauen zwischen Bürgern und der staatlichen Exekutive einzudämmen. Ihre pauschale Zurückweisung dagegen nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, schafft dafür das genaue Gegenteil.
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