Rassisten sind hässlich

Rechtsstaat unter Druck: Die sächsische Polizei als Komplize der rechtsextremistischen Pegida?

Die dreisten Angriffe von Rechtsaußen auf die Demokratie und das Recht sind alarmierend. Der Eindruck, dass sich Polizisten zum Handlanger der braunen Brut machen, ist fatal. Regierungschefs, die das Fehlverhalten der Staatsdiener gutheißen und sie so indirekt zu weiterem ermutigen, sind untragbar. Die Demokratie muss auf der Hut sein. Der Staat darf nicht zum Komplizen ihrer Verächter werden. Die Behinderung eines Filmteams bei einer Pegida-Demonstration in Dresden verlangt volle Aufklärung und entschiedene Konsequenzen.

Es ging wieder einmal gegen Angela Merkel, die nach ihrem Sommerurlaub der sächsischen Landeshauptstadt einen Besuch abstattete. „Merkel muss weg“, lautet die wohl gängigste Parole bei solchen Aufmärschen. Die Menge grölt aber auch schonmal „absaufen, absaufen“, wenn es um die Flüchtlinge im Mittelmeer geht. Und sie skandiert mit Inbrunst „Lügenpresse“. Die Feindbilder sind klar.

Hass und Hetze gegen Menschen, Politiker und Medien ergießen sich aus dem Megaphon über die Plätze. Darüber wollte das ZDF berichten, doch eine Dreiviertelstunde lang wurde der Kameramann daran von der Polizei gehindert. Ein Pegida-Anhänger, und zwar ausgerechnet ein Mitarbeiter des sächsischen Landeskriminalamts, hatte seine Kollegen von der Polizei veranlasst, die Journalisten zu überprüfen. Ein weiterer Pegidist bezichtigte den Kameramann fälschlich der Beleidigung. Der beschwerte sich über die Schikane, doch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) befand – ungeachtet irgendwelcher Fakten -, in diesem Vorgang seien allein seine Polizisten die Seriösen.

Weit gefehlt. Denn es ist unerheblich, ob die Polizeibeamten aus Kumpanei, als Sympathisanten oder mangels vernünftiger Ausbildung handelten. Ebenso wie es nichts entschuldigt, dass der LKA-Mann, der als Provokateur auftrat, nicht im Dienst war, sondern gerade Urlaub hatte. Wenn Staatsbedienstete, die sich bei ihrer Einstellung ausdrücklich zur Verfassung bekennen, die Umtriebe von Staatsfeinden unterstützen, herrscht Alarmstufe rot und der oberste Dienstherr muss einschreiten.

Der Bundeskanzlerin war wohl auch zu lasch, was ihrem Parteifreund in Dresden zu dem ungeheuerlichen Angriff auf die Pressefreiheit einfiel. Aus dem fernen Kaukasus schickte sie die Botschaft, sie wolle sich „da ausdrücklich zur Pressefreiheit bekennen“. Das geht freilich auch deutlicher: „Angriffe auf die Pressefreiheit sind Angriffe auf uns alle!“, formulierte etwa Justizministerin Katarina Barley (SPD) zum Tag der Pressefreiheit. Denn: „Ohne eine freie und unabhängige Presse kann kein demokratischer Rechtsstaat funktionieren.“

Der Vorfall in Dresden bietet Anlass, die Sonntagsreden an der Wirklichkeit zu messen. „Attacken gegen die freie Presse sind ein Frontalangriff auf die Grundlagen unseres Zusammenlebens in Frieden, Sicherheit und Freiheit“, führte Barley aus. „Unsachliche Medienschelte ist dabei oft auch nur die traurige Vorstufe zur Einschüchterung von Medienschaffenden und zu körperlicher Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten, die einfach nur gewissenhaft ihre Arbeit tun. Wir müssen Journalistinnen und Journalisten wirkungsvoll vor allen Übergriffen schützen.“

Das gehört zu den Grundlagen unserer Demokratie und zu den Grundrechten unserer Verfassung. Der Staat hat diese Freiheitsrechte zu garantieren, und er muss sie gegen Angriffe verteidigen. Die Gewissheit, dass die Sicherheitsbehörden dies uneingeschränkt und unzweifelhaft tun, ist unverzichtbar. Sie ist in jüngerer Zeit mehrfach erschüttert worden: im ersten NPD-Verbotsverfahren, das an dem massiven Einsatz von V-Leuten des Verfassungsschutzes in der rechtsextremen Partei scheiterte, ebenso wie im Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), der erhebliche Verdachtsmomente gegen den Verfassungsschutz zutage förderte. Zur Aufklärung jedoch kam es nicht, weil Geheimdienste sich nicht einmal bei derart monströsen Verbrechen in die Karten gucken lassen müssen. Zweifel an der Verlässlichkeit der Dienste haben außerdem die Berichte über vertrauliche Treffen von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen mit Alexander Gauland und Frauke Petry geschürt. Einen gravierenden Mangel an Respekt gegenüber dem Rechtsstaat hat gerade erst die nordrhein-westfälische Landesregierung im Fall der unzulässigen Abschiebung von Sami A. bewiesen. Die Anbiederung an die Rechtspopulisten hat bedrohliche Ausmaße angenommen.

 

 

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Die promovierte Medienwissenschaftlerin arbeitete mehr als 20 Jahre in der Politikredaktion der Westfälischen Rundschau. Recherchereisen führten sie u. a. nach Ghana, Benin, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, China, Ukraine, Belarus, Israel und in das Westjordanland. Sie berichtete über Gipfeltreffen des Europäischen Rates, Parteitage, EKD-Synoden, Kirchentage und Kongresse. Parallel nahm sie Lehraufträge am Institut für Journalistik der TU Dortmund sowie am Erich-Brost-Institut für Internationalen Journalismus in Dortmund wahr. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin.


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