Ich gebe es ja zu: Mit dem Rad habe ich mich früher nie so an die Regeln gehalten, habe geschaut, ob jemand kommt und bin losgefahren. Auch rote Ampeln habe ich in diesem Sinne schon mal ignoriert. Das war vor der Pedelec-Zeit- mit wenigen Ausnahmen. Kürzlich stand ich an einer Kreuzung, wartete eine Ampel-Phase ab und fuhr dann ein paar Sekunden zu früh los, weil alles frei war. Nicht bemerkt hatte ich den hinter mir wartenden Polizisten in seinem Dienstauto. Er hupte mich mit voller Pulle an, ich drehte mich erschrocken um, ersparte mir aber zum Glück irgendwelche Handzeichen oder andere Missfallenskundgebungen. Der Polizist ließ die Scheibe runter und klärte mich auf: „Es ist mir mehrfach passiert, dass ich einen Radfahrer tot oder schwer verletzt auf der Straße liegen gesehen habe, weil er die Verkehrsregeln nicht beachtet hat. Ich möchte nicht, dass Sie der nächste sind.“ Ich kam mit einer Ermahnung davon.
Und die nächsten Tage habe ich andere Pedelec-Fahrer beobachtet. Sie verhielten sich oft genug so, als gehörte ihnen die Straße, der Radweg ganz allein. Sie fuhren nicht selten viel zu schnell, Radfahrer und auch Rennradler oft im Dunkeln ohne Licht. Als ich Ihnen zurief, immer noch freundlich, bitte das Licht einzuschalten, zeigten sie den Mittelfinger. Das ist nicht lustig, sondern gefährlich für alle Beteiligten. Unfallzahlen belegen das. Millionen Pedelecs und E-Bikes sind in Deutschland unterwegs. 2016 kamen 46 Menschen auf einem Rad mit Elektromotor ums Leben. Die Statistik zeigt für 2018 an, dass 24 Prozent mehr E-Radlerinnen tödlich verunglückt als im Jahr zuvor. Und der Boom bei E-Bikes und Pedelecs hält an. Allein in 2017 wurden in Deutschland 980000 neue E-Bikes und Pedelecs verkauft, 36 vh mehr als im Vorjahr.
Es ist enger auf Radwegen
Die Verkehrswege sind enger geworden, Tausende und Abertausende von Pedelec-Fahrerinnen und Fahrern müssen sich den schmalen Radweg mit den normalen Radfahrern teilen und hin und wieder auch noch mit Fußgängern. Dazu kommen Fahrer mit Kinder- oder Lastwagen, die breiter sind. Es passt alles gerade noch, ohne dass es zu Kollisionen kommt, wenn man aufpaßt, konzentriert fährt, nicht betrunken ist und überhaupt Rücksicht auf die anderen nimmt. Rücksicht, das fehlt oft genug. Viele fahren einfach drauflos, schauen nicht zur Seite, wenn sie starten, sind viel zu schnell, überholen selbst dann, wenn andere Radler entgegenkommen. Die Damen und Herren auf den Rennrädern pflegen nicht zu klingeln, sie erwarten, dass man einfach den Weg freimacht. Falsch gedacht, Leute, weil man euch nicht hört, der übrige Lärm ist zu groß. Dann die Sache mit dem Helm. Wir tragen ihn, wenn wir mit dem Pedelec unterwegs sind, wir tragen ihn auch, wenn wir mit den Enkeln durch die Rheinaue radeln. Experten raten schon lange dazu, Helme könnten zumindest schwere Kopfverletzungen vermeiden helfen.
Neue Verkehrsmittel wie Pedelecs, E-Bikes und E-Scooter verlangen andere Strukturen. Der Rad-Experte des Verkehrsclubs Deutschland(VDC), Rainer Hauck, fordert in einem Interview mit der „taz“ einen Ausbau der Radwegstruktur, auch für die Fußgänger muss Platz geschaffen werden. Der Fußweg sollte für Fußgänger frei bleiben, auch um Kinder und Menschen mit eingeschränker Mobilität zu schützen, rät Rainer Haack.
Pedelecs sind schneller, vor allem, wenn man auf Power umschaltet, entwickeln sie am Start eine ziemliche Dynamik, die der normale Radfahrer nicht gewohnt ist, wenn er keine Übung mit dem Pedelec hat. Ein Kurs vor allem für Ältere wäre hilfreich, weil es ein anderes Vekehrsmittel ist, anders zu handhaben. Man sollte langsam anfangen mit dem elektrisch betriebenen Gerät, vor Kurven empfiehlt sich, zu bremsen, sonst kann man ins Rutschen kommen. Vorsicht bei Schotterwegen. Mein Pedelec, ein deutsches Fabrikat, etwa ein Jahr alt, wiegt rund 25 Kilogramm, es ist also gut zehn Kilo schwerer als mein normales Fahrrad. Dies gilt es zu bedenken, weil es schwerer zu tragen und zu schieben ist. Und ich fahre im Schnitt damit schneller, ohne große Kraftanstrengung locker bis zu 25 km/h.
Untersuchungen des Umweltbundesamtes hätten gezeigt, so noch einmal Rainer Hauck in der „taz“, dass Pedelecs, die eine Höchstgeschwindigkeit von rund 26 km/h haben,(dann hört die Elektro-Hilfe auf) auf den ersten neun Kilometern in der Stadt schneller sind als Autos. 50 Prozent aller mit dem Auto gefahrenen Strecken sind fünf Kilometer lang oder noch kürzer, das geht also mit dem Pedelec schneller. Das E-Rad, sagt Hauck, sei CO-2- und verkehrsentlastend. Für mich persönlich gilt: Ich brauche das Auto in der Stadt im Grunde nur noch zum Bierholen.
Bildquelle: Pixabay, Bild von Alexas_Fotos, Pixabay License