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Home Politik

Schalke macht es Schröder vor – Trennung von Gazprom

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
28. Februar 2022
Schalke 04 Banner

Geld stinkt nicht(pecunia non olet). Der Spruch kommt aus dem Lateinischen, Kaiser Vespasian soll ihn erfunden haben. Und doch stinkt manches Geld, an dem Blut klebt, wie das, das der milliardenschwere russische Energiekonzern Gazprom als Sponsor verteilt. Darunter an den Fußballklub Schalke 04. Jahre haben sie am Schalker Markt Millionen kassiert, Gazprom stand auf den Trikots des Vereins, überall in der Schalke-Arena war Gazprom zu sehen. Damit ist jetzt Schluß. Der Überfall von Putins Russland auf die Ukraine hat die Schalker Führung dazu veranlasst, die Bindungen an den russischen Öl-Giganten zu kappen. Aus. Der Ehrenvorsitzende des Klubs, Gerd Rehberg, hat diese Entscheidung im Gespräch mit dem Blog-der-Republik begrüßt: „Das Votum war einstimmig, nicht umstritten. Für uns alle war klar, dass wir kein Geld wollen von einem Konzern, der so eng verwoben ist mit dem russischen Präsidenten und Kriegstreiber Wladimir Putin.“

Dass es das noch gibt. Moral. Im Fußball, wo es doch nur noch um Geld geht, um Summen, die einen schwindelig machen. Schalke ist hoch verschuldet, der in der 2.Liga kickende Verein bräuchte eigentlich jeden Cent, aber man ist ganz offensichtlich nicht käuflich in Gelsenkirchen. Einer wie Gerd Rehberg steht dafür, ein ehrlicher Zeitgenosse, der einst vor Kohle gearbeitet hat in 1000 Metern Tiefe, der dort Solidarität gelernt hat. Für ihn war schnell klar, dass man kein Geld von Aggressoren wie Putin nehmen darf, Geld, mit dem ein Krieg finanziert wird, ein Krieg einer Supermacht gegen die kleine Ukraine, deren Bewohner sich leidenschaftlich gegen die russische Übermacht zur Wehr setzen. „Nein“. sagt Rehberg, der vor Jahren selber den Verein geführt hat, „solches Geld nehmen wir nicht.“ Man schaut sich nach einem anderen Sponsor um. Der Klub ist immer noch einer der größten in Europa und kämpft um den Wieder-Aufstieg in die 1. Bundesliga, mit zur Zeit wechselndem Erfolg. 

Faire Partner

Rehberg kennt die gemeinsame Geschichte von Schalke und Gazprom. „Ich war damals dabei, als die ersten Verträge unterschrieben wurden. Die Russen waren faire und zuverlässige Partner, da gab es all die Jahre nichts dran auszusetzen.“ Bis zum Überfall Russlands auf die Ukraine.

Warum ich das erzähle? Gerhard Schröder, von dem es einst hieß, er habe mitgewirkt am Zustandekommen des für Schalke lukrativen Geschäfts mit Gazprom,  hat Wladimir Putin stets als seinen Freund bezeichnet. Zahlreiche Bilder zeigen den damaligen Kanzler und den russischen Präsidenten. Der Sozialdemokrat Schröder hat hochbezahlte Verträge mit Gazprom, sein Name ist eng verbunden mit Nordstream 2, der Gaspipeline, die fertig gebaut ist, aber vorerst zumindest nicht aktiviert wird, heißt, dort wird kein Gas fließen nach Deutschland und in andere Länder. Der von Putin inszenierte Krieg hat Bundeskanzler Scholz zum Nein gezwungen. Von Schröder las ich vor Tagen lediglich eine ziemlich maue Erklärung, die russische Regierung müsse ihren Einmarsch in die Ukraine beenden. Die russische Regierung? Er hätte Putin beim Namen nennen müssen. Putin, das ist nicht mehr der geschätzte Präsident früherer Tage, er ist ein Kriegsverbrecher, der einen Angriffskrieg auf sein Nachbarland führt, mit Toten und Verletzten, Zerstörungen. Hunderttausende von Ukrainern sind auf der Flucht, Tausende haben Zuflucht vor den Angreifern aus Russland in den U-Bahn-Stationen gesucht, Frauen mit Kleinkindern. Freundschaft mit einem wie Putin, das geht nicht. Mit einem, der sogar die Welt, ganz Europa mit Nuklearwaffen bedroht? 

Großer Respekt

Gerhard Schröder war mal der Kanzler, der der Weltmacht USA und ihrem Präsidenten George W. Bush die Stirn bot und Nein sagte zum Irak-Krieg. Da hat er sich großen Respekt erworben und musste sich von Washington und einigen Europäern einiges anhören, weil er den Krieg gegen Irak ablehnte. Er behielt Recht mit seiner Haltung, weil die US-Regierung Bush die Welt belogen hat mit dem angeführten Kriegsgrund, Saddam Hussein habe  Massenvernichtungswaffen. Bush Außenminister Powell belog die UNO. Schröder wurde gefeiert, weil er dem Verbündeten in Amerika zu Recht die Gefolgschaft verweigerte. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass er jetzt, da Krieg ist, angezettelt von seinem sogenannten Freund Putin, nicht den Schneid aufbietet, und seine Mandate bei Rosneft und Gazprom niederlegt. Seine Partei, die SPD, der von ihr gestellte Kanzler Olaf Scholz, der Parteichef Klingbeil, Generalsekretär Kühnert, sie alle sind auf Distanz zu Putin gegangen. Zu Recht.

Die SPD war immer eine Partei des Friedens, einer ihrer großen Vorsitzenden war Willy Brandt, der Friedensnobelpreisträger. Es geht um die Glaubwürdigkeit im Kampf gegen den Krieg. Wenn Schröder, dessen Vater im 2. Weltkrieg irgendwo in Rumänien fiel und dessen Grab der Sohn, der den Vater nie gesehen hatte, später als Kanzler besuchte, einen Funken Selbstachtung hat, kann er die Jobs für die russischen Konzerne nicht machen, er muss Putin die Freundschaft aufkündigen. Es ist nicht nur seine Privatsache, er war Bundeskanzler von 1998 bis 2005, er war Vorsitzender der ältesten deutschen Partei. Nein, er hat keine offiziellen Ämter mehr in der SPD, er ist Rentner, und er hatte sich mal ein Ansehen erworben, damals 2003 gegen den Irak-Krieg.

Der Fußballklub Schalke ist hochverschuldet und verzichtet dennoch auf die Kohle aus Russland. Respekt, kann ich nur sagen, Hochachtung vor Rehberg und den anderen. Dass Dortmunds Geschäftsführer Watzke, ansonsten kein Freund der Schalker, in diesem Fall öffentlich die Blauen gelobt für ihre Tat, ihren Verzicht auf die Gazprom-Millionen, gibt dem bezahlten Fußball endlich mal wieder ein menschliches Gesicht. Watzke kann sich sogar vorstellen, dass die Bundesliga solidarisch mit Schalke ist und man gemeinsam die finanziellen Ausfälle durch den Verzicht auf Gazprom trägt. Menschenrechte sind wichtiger als Millionen Euro. Schröder kann sich bei den Schalkern eine Scheibe abschneiden.

Weltweit geächtet

Schröders Freund Putin ist weltweit geächtet, einer seiner Freunde ist der Präsident von Belarus, Lukaschenko, ein Autokrat und Diktator wie er. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde, lautet ein Sprichwort. Wie wahr. Putin hat Russland isoliert, kein demokratischer Staat will mit diesem Herrn im Kreml und seinen Seilschaften etwas zu tun haben, geschweige denn freundschaftliche Banden pflegen. Der größenwahnsinnige Gewaltherrscher will nicht nur die Ukraine vernichten, sein Angriff gilt der westlichen Welt, der Freiheit, wie wir sie leben und lieben. Diese Freiheit ist ihm offensichtlich zu nahe gekommen, er muss befürchten, dass sie ihn eines nicht fernen Tages nicht nur in Frage stellt, sondern ihn aus dem Amt fegt. „Putin muss weg“ hörte und las ich auf eine der Demonstrationen, die nicht nur in sicheren Städten wie hier bei uns stattfinden, sondern auch in Russland, wo sich Proteste bilden, Menschen in großer Gefahr vor Verhaftungen dennoch gegen das menschenverachtende System Putin demonstrieren. Helden sind es, die ihr Leben riskieren. Putin will das freie Europa spalten- und führt es dennoch enger zusammen, so eng wie nie. Die EU spricht plötzlich mit einer Stimme, stellt sich der Flüchtlingsfrage Ukraine. Auch die Nato erscheint in einem anderen Licht. Sie ist eine Art Lebensversicherung für ihre Mitglieder gerade in den östlichen Regionen Europas. Die Demokraten schließen sich enger zusammen, das war das Bild gestern im Reichstag. Gerade wegen des jämmerlichen Bildes, das der Westen bei seiner Flucht aus Afghanistan geboten hat, war das, was sich seit Putins Angriffskrieg in Europa tut, eine Zeitenwende. Der Dialog mit Putin hat sich als falsch erwiesen, weil er ein Lügner und Betrüger ist. Der Dialog mit Russland muss geführt werden.

Und vielleicht gehe ich auch mal wieder ins Schalker Stadion.

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Tags: Aufkündigung Gazprom-SponsoringGazpromGerhard SchröderRusslandSanktionenSchalke 04UkraineUkraine-Krieg
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Comments 2

  1. Joachim Bretkuhn says:
    4 Jahren ago

    Ich war ein grosser Fan von Kanzler Schröder
    Aber genug ist genug … Letztendlich hat er Putin mit seinem Engagement bei und fur Gazprom geholfen ,den Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren und nun zu führen.
    Ich habe Schröder immer für seine Fähigkeit , Situationen zu bewerten und entsprechend zu reagieren ,bewundert.
    Aber was tut er jetzt … Es gibt aus meiner Sicht eigentlich Nur 2Möglichkeiten :
    No 1 : da môchte ich einen alten Freund aus Österreich zitieren
    „Gier frisst Hirn“ – und die Moral geht gleich mit Zum Teufel

    No2 : völliger Realitätsverlust
    Schröder ist völlig beratungsresistent …
    Stellt such die Frage Altersstarrsin oder Demenz
    Das werden wir her und jetzt nicht klären können.
    Aber bleiben wir positiv – vielleicht kommt ja doch Noch wieder etwas von dem Schröder zum Vorschein
    Den ich Mal bewundert habe

    Antworten
  2. A. Duchacek says:
    4 Jahren ago

    Schon interessant, wie Gerhard Schröder es schafft in zwei Angriffskriegen beteiligt zu sein, aber nur für einen „geächtet“ wird. Noch interessanter ist es, wie selektiv die Vorwürfe der hiesigen Presse gegen ihn sind. Es scheint wohl gute Angriffskriege und schlechte Angriffskriege zu geben. Doppelmoral ist ein Ausgangspunkt für Ungerechtkeit und alle die sich daran beteiligen machen sich schuldig diesen Planeten gefährlicher zu machen. Die Pax Americana kostet Europäern das Leben…. aber wie schon Albright zu den über 500.000, durch US-Sanktionen, getöteten Kindern Iraks sagte: Wenns die Sache wert ist….
    Wer sich mit solchen skrupellosen Menschen ins Bett legt, ist selber nichts besser. Also, liebe Transatlantiker, wieviel tote ukrainische und russische Kinder sind euch eure Avanturen wert? Wo ist die Grenze für euch?

    Antworten

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