Mit einem bemerkenswerten Positionspapier stößt ein Kreis von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, in dem besonders viele in NRW beheimatet sind, eine bislang brachliegende Debatte um einen sozialdemokratischen Kern in der Klimapolitik an. Dabei fällt auf, dass die von diesem Kreis aufgeschriebenen „Grundsätze einer sozialdemokratischen Klima-Industriepolitik“ ausgesprochen praxisorientiert sind und keinesfalls ideologiegetrieben. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die Verfasser nicht nur Beifallstürme erzeugen werden. Aber genau das soll ja wohl mit diesem Positionspapier erreicht werden: eine sozialdemokratische Verortung in der Klimapolitik. Das wird auch in dem Schreiben deutlich, mit dem Heiko Kretschmer und Marc Herter die Partei- und Fraktionsspitze über das Positionspapier informiert haben. Hier das Schreiben im Wortlaut:
mit Interesse haben wir in den letzten Wochen und Monaten die Diskussionen um „Klimapolitik“ verfolgt. Unser Eindruck war, dass es klarer Leitlinien für die Selbstverortung des SPD fehlt und wir oftmals zwischen grüner Programmatik und den Agenden von wirtschaftsnahen Überlegungen hin- und herpendeln, ohne eine eigene Handschrift an den Tag zu legen. Das mag tagespolitisch kein gravierendes Problem darstellen, weil einzelne Sachabwägungen (siehe auch die aktuelle Diskussion um die Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung) dennoch zu vernünftigen Entscheidungen kommen. Aber auf Dauer fehlt es der SPD an einer klaren Orientierung in dieser Debatte. Darum haben wir uns um eine solche eigene Handschrift und ihre eigene Begründung Gedanken gemacht. Hierfür haben wir im Februar einen Tag zusammengesessen und im Nachgang ein gemeinsames Papier verfasst, das wir auch vor dem Hintergrund der aktuellen Krise nochmals leicht angepasst haben. Dieses wollen wir euch heute zukommen lassen. Wir werden diesen Impuls in den nächsten Tagen auch in die Medien spielen.
Wir, das ist eine Gruppe im Kern von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die sich in sehr unterschiedlichen Kontexten beruflich und politisch mit Fragen der Energie-, Mobilitäts-, Wärme- oder Industriewende beschäftigen. Ausgangspunkt unserer Diskussion war eine gesellschaftspolitische Debatte und im Kern die Frage danach, welche gesellschaftspolitische Dimension die Energiewende bereits hatte und welche Sprengkraft diese Politik in Zukunft noch haben wird. Die Debatte der Grünen und der Umweltbewegung, aber auch von FFF verkennt diese Dimension oftmals. Das macht uns Sorge und daher wollten wir eigene sozialdemokratische Leitlinien aufschreiben. Nicht als Absage an Klimaziele, sondern als Brückenschlag zwischen einer ambitionierten Klimapolitik und einer aktiven Industriepolitik, die Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt als grundlegende gesellschaftspolitische Orientierung nicht aufgibt. Wir freuen uns über eine angeregte Diskussion hierzu.
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