Wenn in Trumps erratischer Politik so etwas wie eine Richtung erkennbar ist, dann zielt er am ehesten auf eine Gesellschaft der freien Marktwirtschaft im Inneren der USA mit einem staatlich über Zölle gesteuerten Außenhandel. Die Zollpolitik soll den Massen das Gefühl geben, es gehe Trump um sie, während in Wahrheit die plutokratischen Oberschicht bedient wird und Trump eigenes Vermögen. Diese Plutokratie hat schon seit Jahrzehnten die demokratische Verfassung dadurch ausgehebelt, dass sie Multimillionären oder ihren Strohmännern die Wahlchancen so erhöht hat, dass die Vermögens- und Einkommenssituation der Mitglieder des US-Kongresses weit extremer von der des Volkes abweicht, als in anderen „westlichen“ Demokratien: der US-Kongress ist ein Millionärsclub!
Diese Deutung der Entwicklungsrichtung wird nicht nur unterstützt durch den beobachtbaren Abbau der wesentlichen sozialen Korrekturpolitiken, die eine Marktwirtschaft nach bisherigem Wertesystem des Westens notwendig macht, um insbesondere Bildung und Gesundheit nicht zum Privileg der Reichen verkommen zu lassen; sie wird auch deutlich in der Ächtung, ja mitunter Verboten von aktiver Förderung von Frauen, Benachteiligten und Minderheiten. Es gehört zum faschistoiden Grundcharakter des Präsidenten, dass dabei Herkunft und Hautfarbe ebenso verbotene Fördergründe darstellen wie auch gesundheitliche Behinderungen und Defizite. Dass zu den geächteten Politiken Trumps auch Maßnahmen der Umwelt- und Klimapolitik gehören, trifft den ganzen Globus als Katastrophe.
Interessant wird in diesem Zusammenhang auch die angekündigte Förderung von Kryptowährungen, z.B. ihre Aufnahme in die nationale Währungsreserve. Geradezu schamlos ist dabei auch Trumps eigenes Krypto-Engagement unter Nutzung seines Wahlamtes als Präsident, was ihm und/oder seiner Familie schon einige Milliarden Dollar eingebracht haben soll. Aber schlimmer noch ist die Rolle der Kryptowährungen bei der Aushebelung staatlicher Gestaltungsmöglichkeiten und insbesondere fairer Besteuerung zur Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben – und sei dies am Ende nur die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit. Träumt Trumps Millionärsclique nicht auch schon von einer weiteren Privatisierung dieser Bereiche? Wer wäre überrascht?
Ich war in meinem Leben nie Marxist, sondern eben ein Sozialdemokrat, der Marktwirtschaft ohne demokratisch gestaltete soziale Regeln und Grenzen für unmenschlich und dumm hält. Die marxistische These von der zu erwartenden Verelendung der Massen habe ich nie für Spinnerei, aber eben doch für gegenstandslos gehalten, weil sich das kapitalistische Marktsystem in den westlichen Demokratien selbst in die Pflicht genommen hat, den effizienten und bedarfsorientierten Marktprozess als staatliche Veranstaltung sozial zu gestalten. Das war bisher leidlich gelungen, auch wenn die in USA und anderswo verfolgte Antitrust-Politik nicht mehr konsequent weiter betrieben wurde, so dass sich die Internet-Ökonomie mit ihrer intrinsischen Exponentialdynamik zu einer potentiell weltbeherrschenden Krake entwickeln durfte.
Wir Europäer haben wohl lange Zeit geglaubt, die Unterschiede zwischen EU und USA mit ihrer Spannweite zwischen kaltem Kapitalismus und sozialer Marktwirtschaft aushalten zu können. Sollte Präsident Trumps Zerstörungswerk weiterhin Erfolg haben, stünden wir alle vor dem Ende einer einigermaßen zivilisierten Welt. Denn jetzt kommen große Strömungen in Fluss, weil Trump alle Dämme und Schleusen zerstört – Strömungen die Geld und Macht gesellschaftlich nach oben transportieren.
Ich muss jetzt erkennen, dass Trump und seine Plutokraten es schaffen könnten, eine Situation ungebremst wachsenden Reichtums weniger zur Realität werden zu lassen, deren Kehrseite eine zunehmende Verarmung der Vielen sein wird – einer Realität, die dann doch den Voraussetzungen marxistischer Analysen entspricht, die bekanntlich soziale Revolutionen als unausweichlich prognostizieren.
Man kommt beim Blick auf den Globus nicht umhin, diesen in Amerika versuchten Extrem-Kapitalismus mit dem in Russland und China zu vergleichen. Der Unterschied ist wohl der, dass diese beiden ebenfalls sehr kapitalistisch wirtschaftenden Staaten gleichwohl eine strenge politische Priorität mittels autoritärer Regierungspraxis realisiert haben – Russland als klassische Diktatur und China als pseudokommunistische Herrschaft einer Einheitspartei. Russland hat dabei weniger Kreativität ermuntert und durch die Kriegswirtschaft der letzten 2 Jahre weiter an Boden verloren, während China auch durch Weltoffenheit viel Kreativität zugelassen hat, ja förderte, um die Märkte der Welt zu erobern. Russland wird so noch lange ein waffenstarrendes Rohstoffland bleiben, während China längst auf allen Gebieten Hochtechnologie beherrscht.
Wie die Zukunft der Vereinigten Staaten aussieht, ist höchst unsicher. Trump wird seinem Land wahrscheinlich fühlbaren Schaden hinterlassen, wenn er wie auch immer verschwindet. Er wird viel zerstört haben und er wird historisch als zentral Schuldiger in die Geschichtsbücher eingehen dafür, dass nicht einmal ein Minimum an globalem Klimaschutz rechtzeitig erreicht wurde.
Irgendwann wird eine wesentliche Mehrheit in den USA aus dem MAGA-Traum erwachen und merken, dass sie in einen Alptraum geraten sind. Sie werden sich ihrer Blindheit schämen und wieder lernen müssen, Lügen als Lügen und Märchen als Märchen zu erkennen; vielleicht wird das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern Pflichtlektüre? Vielleicht wird es einen Film über Trump geben, dessen Hauptrolle Jan Josef Liefers übernehmen sollte, der als Professor Börne im Münsteraner Tatort bereits viele Trump-Eigenschaften in all ihrer Lächerlichkeit zeigt.
Vielleicht geschieht nichts dergleichen, aber solche Gedanken geben mir ein wenig Hoffnung auf bessere Tage!
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