Wer sich mit der aktuellen Krise der Demokratie angesichts der rechtsextremistischen Morde, der des gelb-braun-schwarzen Tabubruchs in Thüringen, der Krise der Volksparteien u.a.m. beschäftigt und bei Google Informationen sucht, bekommt immerhin knapp 215.000 Treffer. So groß scheint ja das Problem nicht zu sein, denn der FC Bayern München schlägt bei Google mit 54 Millionen Treffern zu Buche, was fast an Borussia Dortmund heranreicht (über 85 Millionen Treffer), aber nur ein Bruchteil dessen umfasst, was zum Thema Coronavirus bei Google geboten wird. Am 1. März verzeichnet Google knapp 2,4 Milliarden Treffer.

Die Welt hält den Atem an. Die Medien befeuern die Panik ohne Unterlass und wer sich bis dahin noch nicht hat erschüttern lassen, wird spätestens, wenn er auf die nächste Talkshow zu diesem Thema stößt, seine letzten Dinge regeln und vielleicht noch vorher die nächste Apotheke heimsuchen. Vergeblich, denn die deutsche Apotheke ist leer. Keine Desinfektionsmittel, keine Atemmasken, nichts, völlige Fehlanzeige. Auch die Drogerien und Discounter glänzen mit leergekauften Regalen. Aber, es lebe das Internet! Shoppen geht heute grenzenlos und 24h am Tag. Es gibt ja Marktplätze, Amazon, Ebay & Co.

Dort gibt es tatsächlich alles, was die Angst vor dem Virus bekämpfen soll, noch im Überfluss. Allerdings zeigt hier der Kapitalismus 4.0 sein hässliches Gesicht. BlackRock hat wohl auch hier schon die Regie übernommen. De Preise sind explodiert. Das Zehnfache ist hier schon billig. Eine Flasche Desinfektionsmittel gibt es aber auch für fast 10.000 EURO im Angebot. Wer jetzt heimische Vorräte an Sagrotan & Co auf dem Markt bringt, kann damit mehr verdienen als mit den gehyptesten Aktien oder ETFs. Selbst für unsere Haustiere gibt es mittlerweile Schutzmasken zu kaufen.
Angst ist – evolutionstheoretisch gesehen – ein sinnvoller Mechanismus. Sollen doch Emotionen uns Menschen schnelle Handlungsbereitschaft ermöglichen, um das Überleben zu sichern. Im Falle des Coronavirus werden wir allerdings permanent mit Katastrophenmeldungen überschüttet, so dass aus Angst Hysterie wird. Dazu noch ein fahrlässiger Umgang mit Statistik. Schaut man sich einmal die Grafiken zum Thema im Handelsblatt an, die uns die Zahl der Corona-Erkrankungen, die Zahl der Todesfälle und die Zahl der Wiedergesundeten vermitteln will, so muss man feststellen, in China sind offenbar – grafisch gesehen – alle tot. Der Grafik ist bei der Darstellung der Zahlen jede Proportion abhanden gekommen.

Auch die Washington Post bläst zum Weltuntergang. Betrachtet man die Karte der Corona-Erkrankungen in den USA, so reicht den Kollegen aus Washington offenbar schon 1 Erkrankungsfall, um Bundesstaaten, man siehe hier z.B. Texas, mit einem fahlen Todesrot zu überziehen. Wir reden hier nur von Erkrankten und Verdachtsfällen! Es fällt allerdings auf, dass Staaten, die 2016 „demokratisch“ gewählt haben, deutlich stärker betroffen sind. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.


Aber zurück zum Handelsblatt. Hier stürzen auch die Börsenkurse ins Bodenlose. Die schon seit langem überhitzten Kursanstiege werden einfach mal außer Acht gelassen. Corona muss einfach für alles herhalten. Wir erregen und /oder amüsieren uns – je nachdem wie wir das noch können- über die täglichen Dummheiten und Verrücktheiten von Donald Trump. Seine tumbe Weltsicht hatte und hat in den USA immer noch so viel Erfolg, dass seine Wiederwahl immer wahrscheinlicher wird.
Aber davon ist Europa offenbar auch infiziert. Und auch in Sachen Corona fehlt es uns im Moment an politischer Führung. Trotz intensiver Selbstbeschäftigung sollte die GroKo mal dem medialen Treiben etwas entgegensetzen. Ein weiteres Anheizen der Hysterie hilft in kleinster Weise bei der Bekämpfung des Virus und es erhöht den wirtschaftlichen Schaden einer möglichen Epidemie noch erheblich. Und: So lange wir neben den ohnehin auf Eskalation gebürsteten „Social Media“ viele Medien mit Breitenwirkung haben, denen Skandalisierung und Erregung wichtiger ist als die nüchterne Realität, denen journalistische Verantwortung offenbar ein Ballast geworden ist, den es abzuwerfen gilt, werden wir nicht nur eine ansteigende Virushysterie erleben sondern auch die weitere Unterhöhlung der Demokratie. Populismus ist ein weit gefährlicherer Virus als Corona, Sars & Co. Die Erosion der Vernunft kann unsere Gesellschaft weiter zurückwerfen als es ein Virus vermag.
Wir sollten Coronavirus ernst nehmen, Angst aber braucht hier bisher niemand zu haben. An Grippe, Krankenhauskeimen, zu spät erkannten Blutvergiftungen, Folgen von Alkohol- oder Nikotinmißbrauch sterben jedes Jahr in Deutschland mehrere Hunderttausend Menschen. Zur Zeit sterben mehr Menschen bei Haushaltsunfällen, Selfies oder – weil es kein Tempolimit gibt – auf Autobahnen als am Coronavirus. Vielleicht sollten wir uns darüber einmal aufregen?
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