US-Präsident Donald Trump hat seine Rede zur Lage der Nation eine Woche später als geplant gehalten. Allerdings nutzte er die durch die bisher längste Haushaltssperre erzwungene Verschiebung nicht zu Einkehr und Besinnung. Was er sagte, lässt sich mit wenigen Worten zusammenfassen: Ich bin der Größte, ich bin der Beste, ich bin der Stärkste. Und: Ich bekomme sie gebaut.
Der Satz galt der Mauer nach Mexiko, die Trump im Wahlkampf versprochen und als Patentlösung gegen die illegale Einwanderung verkauft hatte. Ein wirkungsvolles Bild, das die rassistische Grundstimmung in der republikanischen Anhängerschaft bediente, jedoch ein vollkommen wirkungsloses Unterfangen, um die tatsächlichen Probleme anzugehen.
Die mehr als fünf Milliarden Doller, die der Präsident für den Bau der Mauer verlangt, wären an anderer Stelle besser angelegt. Für ein betoniertes Symbol der Abschottung, Abschreckung und Unmenschlichkeit ist jeder einzelne Dollar einer zu viel. Die Demokraten halten aufrecht dagegen. Sie haben zur Mitte der Präsidentschaft von Trump die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückgewonnen und verweigern sich dem unsinnigen populistischen Vorhaben.
Alles, was Trump in seiner Rede über Kompromiss und Gemeinsamkeit sagte, war letztlich hohles Gewäsch. Mit dem Satz „Ich bekomme sie gebaut“, bekräftigte er, dass er nicht Versöhner, sondern Spalter ist. Ein Appell zur Einigung ist unglaubwürdig, wenn einer das Ergebnis diktiert. Der Satz zeugt von der sattsam bekannten Egomanie eines Präsidenten, der mit den demokratischen Regeln auf Kriegsfuß steht.
Mexiko werde für die Mauer bezahlen, hatte Trump im Wahlkampf getönt. Davon will er heute nichts mehr wissen. Auf dem Rücken von hunderttausenden Staatsdienern, die während der Haushaltssperre ihre Gehälter nicht bekamen, versucht er, den Demokraten die Haushaltsmittel abzupressen. Der Konflikt ist in der Schwebe, das Moratorium läuft Mitte Februar aus. Einen Beitrag zur Verständigung hat Trump mit seiner Rede nicht geleistet. Und Nancy Pelosi, die demokratische Chefin des Repräsentantenhauses, hat keinen Anlass, in die Knie zu gehen.
Der Machtkampf spitzt sich zu, die Spaltung des Landes vertieft sich. Bei den Demokraten hat die Suche nach einem Herausforderer begonnen, die Republikaner stehen zu Trump. Zumindest solange, bis Sonderermittler Robert Mueller seine Ergebnisse zu Trumps Machenschaften im Wahlkampf vorlegt. Nachgewiesene Lügen und Übergriffe haben ihm bisher nichts anhaben können. Geheimnisverrat und Komplizenschaft mit russischen Agenten jedoch wären von einem anderen Kaliber.
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