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Home Politik

NRW: Nach den Kommunalwahlen. Wo geht die Reise hin?

Uwe Pöhls Von Uwe Pöhls
3. November 2020
Richtung

Zu Halloween enden am 31.10.20 auch die Amtsperioden der kommunalen Parlamente, Bürgermeister und Landräte in NRW. Die Kommunalwahl 2020 in NRW setzte für die SPD und auch die CDU die Erosion der einstigen Hochburgen fort. Die SPD konnte landesweit nur noch 24,3% auf sich vereinen. Ein „sattes“ Minus von 7,1% im Vergleich zur Wahl 2014. Der CDU ging es nur wenig besser. Die 34,3% für die CDU feierte Landesvater Armin Laschet zwar als Sieg und großes Vertrauenssignal, aber mit einem Minus von 3,2% war es aber – wie bei der SPD – das schlechteste Ergebnis der CDU seit 1946, weit entfernt von den 50,3%, die noch 1999 erzielt wurden.

Wie Sieger aussehen, zeigten die Grünen. Mit 20% zwar „nur“ auf Platz 3 im Landesvergleich, aber mit einem Plus von 8,3% konnten sie sich im Vergleich zu 2014 fast verdoppeln. Wie groß der Einfluss von Bündnis 90/die Grünen in NRW geworden ist zeigt sich daran, dass mit Aachen, Bonn; Köln und Wuppertal  vier grüne bzw. grün nahe Oberbürgemeister*innen gestellt werden und in 4 weiteren kreisfreien Städten die von den Grünen unterstützten Wahlvorschläge erfolgreich waren.  3 davon entfielen auf SPD-Kandidaten, 1 auf einen CDU-nahen Kandidaten. Die SPD stellt in NRW insgesamt noch 13 Oberbürgermeister*innen, die CDU noch 5. Das sah vor einigen Jahren noch ganz anders aus.   9 Oberbürgermeister*innen treten jetzt ihr Amt zum ersten Mal an. Was für die neuen Oberbürgermeister*innen, die wichtigen Visionen, Missionen und Ziele für die nächsten 5 Jahre sein können, läßt sich an drei Beispielen besonders gut verdeutlichen.

Dass das zur Zeit nicht ganz so einfach ist, liegt daran, dass die Ratsmehrheiten bei weitem noch nicht in „trockenen Tüchern“ sind. In Düsseldorf punktete der neue OB z.B. mit einer Wende in der Verkehrspolitik und der Ankündigung, die klimapolitischen Maßnahmen seines Vorgängers, wie Umweltspur und mehr Raum für Radfahrer, wieder zurückzudrehen. Er pocht darauf, dass der Mittelstand, insbesondere der Einzelhandel, die autogerechte Stadt mit den Parkmöglichkeiten vor dem Laden braucht. Das Konzept, den Wahlkampf auf Verkehrspolitik zu fokussieren, ging ja auch schon für die CDU im Landtagswahlkampf 2017 auf. Aber wie Klimapolitik und Vorfahrt für das Auto zusammenpassen, bleiben  CDU, der Landesvater und der neue OB in Düsseldorf bislang schuldig. Und ob in einer schwarz-grünen Koalition das so verhandlungsfähig ist, muss bezweifelt werden. Aber auch in den anderen kreisfreien Städten hakt es mit der Aufbruchsstimmung, da vielerorts die Mehrheitsverhältnisse unklar sind. Grün-schwarz ist auf kommunaler Ebene dann doch schwieriger als auf Landesebene und im Bund, wo wenige „Erfolgsmeldungen“ da schon zu genügen scheinen. Kommune ist anspruchsvoller. Angesichts klammer Finanzen und vielfacher Herausforderungen an Infrastruktur, dem Erfordernis einer Politik, die den Klimawandel ernst nimmt und auch unbequeme Themen anpackt, angesichts der Erfordernis des wirtschaftlichen Strukturwandels, des Bildungsnotstands, der Gesundheitsversorgung, Hartz4, Versäumnissen bei der Integration u.a.m. sind Konflikte vorprogrammiert.

Einen ganz anderen Weg beschreiten die neuen Amtsträger in Mönchengladbach und Wuppertal. Mit Felix Heinrichs und Uwe Schneidewind zeigen zwei sehr unterschiedliche Kandidaten beispielhaft, wie in der Kommune etwas bewegt werden muss und kann. Der eine, bodenständig und aus der Altenpflege kommend, aber noch im Jusoalter, völlig überraschend für die SPD erfolgreich (ohne Unterstützung der Grünen), der andere, Uwe Schneidewind, ein renommierter Wissenschaftler, Mitglied im Club of Rome, fast doppelt so alt wie Heinrich und ganz sicher ein herausragendes Mitglied des Establishments, wurde von einer schwarz-grünen Koalition in Wuppertal ins Amt gehoben.

Felix Heinrichs will das Vertrauen der Mönchengladbacher Bürger (wieder)gewinnen. Für ihn muss Politik wieder bürgernäher werden. Dazu bedarf es seiner Meinung nach keiner großen Imagekampagnen, sondern einer Politik der kleinen, dafür aber direkten Schritte:

„Insgesamt möchte ich erreichen, dass die Menschen wieder mehr an ihre Stadt glauben. Viele Menschen sind mutig und gestalten ihr Umfeld. Diese Kraft will ich stärker zutage fördern und Möglichkeiten der Bürger*innenbeteiligung eröffnen. Die Wahl zum Oberbürgermeister ist eine große Verantwortung, die ich gerne annehme. Die Menschen haben mir eindrucksvoll ihr Vertrauen ausgesprochen und ich gebe mein Bestes, um die Stadt Mönchengladbach gemeinsam mit den Menschen besser zu machen.“

Für Heinrichs ist es insbesondere für Mönchengladbach wichtig, Bildungschancen zu verbessern und  eine stärkere Verzahnung von Bildung, Betreuung und Familienarbeit  zu erreichen. Aber auch für Mönchengladbach, einer der am höchsten verschuldeten Städte in NRW, bedarf es großer Projekte. Heinrichs: „Die Herausforderungen der Zukunft bündeln sich im Strukturwandel. Der Kohleausstieg ist die Chance für die Region, eine nachhaltige Wirtschaft zu entwickeln und damit neue Perspektiven für die Menschen aufzuzeigen. Ich will als Oberbürgermeister dazu beitragen, die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft voranzubringen.

„Think big“ ist eher die Devise in den Plänen von Uwe Schneidewind für Wuppertal. Er hat ein ambitioniertes 100-Tage-Programm für Wuppertal aufgestellt.  8 Punkten sollen ein starkes Signal des Aufbruchs senden.

  1. Vom Verwalten zum Gestalten – für eine neue Führung und Kultur in der Stadtverwaltung
  2. Investitionsoffensive für Wuppertal
  3. Wuppertal positiv strahlen lassen – Stadtmarketing und Wirtschafts­förderung neu aufstellen
  4. Quartiersarbeit und Bürgerbeteiligung stärken
  5. Zukunftsfähige Flächenpolitik auf den Weg bringen
  6. Wuppertal klimaneutral 2035
  7. Offensive Innenstadt
  8. Wuppertal integrativ

Das Programm trägt die Handschrift eines Ökonomen und „Machers“. Anders als der „Kümmerer“ Heinrichs setzt Schneidewind auf Investoren. Stadtmarketing sieht er als Wirtschaftsförderung. Wuppertal soll wieder attraktiv werden und der Oberbürgermeister sieht sich da eben sehr selbstbewußt  als der „erste Marken-Botschafter“ der Stadt. Aber auch klassische „grüne“ Themen stehen auf der Agenda: Klimaneutralität, Bürger’innenbeteiligung, neue Mobilitätskonzepte,  Quartierspolitik. Vieles sehr ambitioniert, mit vielen übergreifenden Initiativen, und „Gipfeln.“  Aber auch mit ebenso hohen Risiken des Scheiterns.  Aber auch Schneidewind will zuerst in der Stadt ansetzen:

„Jahrelange Engpässe bei Einwohnermeldeamt und KFZ-­Zulassung, langes Warten auf die Genehmigung von Bauanträgen, Bedenken statt Lösungsorientierung: Klagen über Verwaltungsprozesse haben mich im Wahlkampf immer wieder begleitet. Gleichzeitig gibt es viele Engagierte in der Verwaltung, die sich oft ausgebremst und nicht ausreichend unterstützt fühlen. Wuppertal braucht eine Verwaltung, die sich als Ermöglicher für die Menschen in der Stadt versteht und die Veränderungsprozesse in der Stadt aktiv mitgestaltet.“

Der OB als „Macher und Ermöglicher“ in Wuppertal und der OB als „Kümmerer“ in Mönchengladbach. Zwei sehr unterschiedliche Ansätze, aber dennoch viel Engagement und Mut zu neuen Wegen. Kommunalpolitik könnte so wieder den Menschen näher kommen.

Bildquelle: Pixabay, Bild von Gerd Altmann, Pixabay License

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