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Home Politik

Fehlbesetzung auf Ludwig Erhards Stuhl

Peter Hausmann Von Peter Hausmann
12. April 2023
Ludwig Erhard

„Wo ist Ludwig Erhard?“ Diese Frage stellen sich viele Besucher des Bundeswirtschaftsministeriums seit dem Amtsantritt von Robert Habeck. Die Ahnengalerie des Ministeriums in der die ehemaligen Wirtschaftsminister bildlich verewigt sind und der Übervater der Sozialen Marktwirtschaft besonders prominent hervorgehoben war, ist verschwunden. Die Bilder wurden, so die Auskunft, aus dem Eingangsbereich an einen anderen Ort im Ministerium verbracht. Ist das nun ein Signal, für einen Neubeginn in der Wirtschaftspolitik, die mit traditionellem Denken brechen will? Oder erträgt der neue Amtsinhaber den strengen Blick von Ludwig Erhard nicht?

Eigentlich hätte Habeck genügend Themen die er beackern müsste, – von der lahmenden Konjunktur mit einem Mini-Mini-Wachstum, der Inflation in Höhen, wie sie die Deutschen seit dem Kriegsende nicht mehr erlebt haben und, und, und …… Für Schlagzeilen sorgt er aber vor allem mit Plänen zu einem nationalen Umbau in den Heizungskellern der Häuslebesitzer und seinem Lieblingsthema „Windräder“. Dabei gehen seine Pläne deutlich am Willen der Mehrheit der Bundesbürger vorbei. Sie lehnen Habecks aufgezwungene Energiewende ab, die er mit einem Mix aus Fristen, Verboten, Geldstrafen und Subventionen erreichen will. Besonders suspekt sind in diesem Zusammenhang die Zuschüsse für den Umbau und Neueinbau der neuen Heizsysteme. Der Minister spricht von Geld für die Betroffenen, schweigt aber darüber, wo das Geld dafür in einer Zeit, in der die Zeichen auf einen Sparkurs des Staates hindeuten, herkommen soll.

Die politische Bilanz des Kinderbuchautors auf dem Sessel Ludwig Erhards schaut jedenfalls nicht ermutigend aus. Viele Versprechungen keine Taten! Die Unzufriedenheit der Wirtschaft wächst, die in Habeck keinen echten Ansprechpartner für ihre Probleme findet. Deshalb lautet eine der zurzeit meistdiskutiertesten Fragen: „Wieviel wirtschaftlichen Schaden wird ER noch anrichten?“ Mit „ER“ ist der aktuelle Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gemeint. Er startete mit großen Vorschusslorbeeren und ist jetzt auf gutem Weg Deutschlands verhasstester Minister zu werden. Die Urteile über die Politik des grünen Ministers schwanken je nach Gusto und dem Grad der Nächstenliebe zwischen „Ökodiktatur“, „planloser Planwirtschaft“ und „Regulierungswut“.

Ich habe Habeck vor drei Jahren einmal bei einer Diskussionsveranstaltung an meinen Wohnort erlebt. Der Saal im Bürgerhaus war gut gefüllt. Die Zuhörer entstammten überwiegend dem saturierten Bürgertum – das man für gewöhnlich „bürgerlich liberal“ nennt. Während seines Vortrags wanderte er herum und vermittelte den Teilnehmern, die sonst in politischen Veranstaltungen Frontbeschallung gewohnt sind, mit seiner Rhetorik ein völlig neues Gefühl von Politik. Nachher war man sich einig. „Dieser Mann ist zwar ein Grüner, aber kein engstirniger Ideologe, sondern ein Pragmatiker, mit dem man leben könnte!“

Doch das war ein Irrtum. Der Praxistest zeigt eindeutig: Habeck ist ein von grüner Ideologie getriebener Politiker. Er ist der erste Wirtschaftsminister auf dem Stuhl von Ludwig Erhard, der mit den Prinzipen der Sozialen Marktwirtschaft bricht. Kritik ignoriert Habeck ebenso gerne, wie den erklärten Wählerwillen. Gerne schwurbelt er an den Argumenten vorbei. Jetzt überraschte der Mann, der sich gerne Philosoph nennen lässt, das Publikum mit einem ziemlich demokratie- und philosophiefremden Satz. Laut Deutschlandfunk sagte er: „Verbote sind die Bedingungen für Freiheit.“ Das ist ein Satz, wie aus dem Wörterbuch des Unmenschen. Er könnte gut auch von Erick Honecker oder Wladimir Putin stammen.

Dirigismus statt Marktwirtschaft? Ist das die Zukunft? Etliche Unternehmen wollen nicht auf die Antwort warten. Jedes zehnte Unternehmen aus den Bereichen Automobilbau, Chemie und Maschinenbau will seine Produktion oder Teile davon ins Ausland verlegen. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer -DIHK- hervor. Einer der gewichtigsten Gründe dafür sind die gewaltigen Energiekosten in Deutschland. Es fehlt an günstigem Industriestrom. Im Vergleich zu Wettbewerbern aus den USA müssen deutsche Unternehmen einen fünfmal höheren Preis für ihren Strom bezahlen. Auch innereuropäisch wird der Wettbewerb durch die Strompreise verzerrt. So müssen deutsche Unternehmen zum Beispiel mit viermal höheren Strompreisen leben als Betriebe in Frankreich. Das schwächt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.

Daneben fehlt es an der Planungssicherheit. Ein Beispiel dafür ist die Autoindustrie. Die meisten von ihnen wollen die Zukunft nicht alleine auf die Produktion von Elektroautos aufbauen. Sie propagieren die „Technologieoffenheit“. Das große Thema dabei ist der Wasserstoff. Er könnte zukünftig die bisherigen Treibstoffe ersetzen. Die von allen Klimaschützern geforderte „Dekarbonisierung“ käme dabei wohl schneller in die Gänge als mit Hilfe des Umbaus unserer nationalen Energieversorgung auf Wind- und Solarstrom.

Doch Habeck wirft der Autoindustrie Knüppel zwischen die Füße. Auf sein Geheiß bekommt Wasserstoff nur dann das grüne Siegel, wenn er mit Hilfe von Wind- und Solarenergie erzeugt wird. Im Ergebnis sorgt der Bundeswirtschaftsminister damit in Verbindung mit dem Verbot neuer Benzin- und -Dieselfahrzeugen für knappen neuen Treibstoff und hohe Preise. Dabei könnte er mit Hilfe des Emissionshandels seine Ziele auch auf marktwirtschaftlichem Weg erreichen. Wenn man dem renommierten Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung glauben darf, würde dies sogar besser und schneller funktionieren als Verbote und Zwang.

Dazu kommen die Habeckschen Widersprüchlichkeiten. In diesen Tagen werden die Atomkraftwerke „unwiederbringlich abgeschaltet“, so der Wirtschaftsminister. Er setze nur um, was eine Unionsgeführte Regierungskoalition 2011 beschlossen hat. Das stimmt, aber die Zeitläufe fordern mitunter ein Umdenken. Auch die mangelnde Logik in seinem Denken fällt auf. Wenige Tage zuvor hatte er bei einem Besuch in der Ukraine noch davon gesprochen, wie richtig es sei, dass dort Atomstrom verwendet werde. Weil die Kernkraftwerke schließlich gebaut worden seien.

Doch zu Klarheit und Stringenz ist der Grüne nicht in der Lage. In Deutschland wird er die Energieversorgung absehbar mit mehr Strom aus Kohlekraftwerken in Gang halten – obwohl das nicht nur rein ökologisch gesehen ein riesiger Fehler ist. Auch die Kosten dafür liegen weit über den Kosten für Atomstrom, weil der größte Anteil der verfeuerten Kohle aufwendig importiert werden muss, wie auch das Gas für die Heizungen. Deutschland könnte auch auf eigene Ressourcen zurückgreifen, aber das würde das ideologische, grüne Idyll beeinträchtigen. In der Folge werden die Energiepreise daher weiter explodieren. Jedes Grad Wärme in der Wohnung wird mehr und mehr zum Luxus. Wer früher mit seiner neuen Luxuskarosse angab, wird künftig mit dem eingestreuten Hinweis protzen: „In meinem Haus ist es immer wohlige 21 Grad warm!“ Der Neid der Normalbürger ist ihm sicher.

Bildquelle: Wikipedia, Bundesarchiv, B 145 Bild-F004204-0003 / Adrian, Doris / CC-BY-SA 3.0

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