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Hass und Rache in Nahost – Keine Lösung- nirgendwo

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
20. Oktober 2023
Zerstörungen in Gaza

Wenn man die Berichte liest über Tod und Hass, darüber, dass die Hamas-Terroristen wie Tiere über Israelis hergefallen sind und Kindern die Augen ausgestochen und anderen die Köpfe abgeschlagen haben. Wenn man die Bilder sieht von den wahnsinnigen Zerstörungen in Gaza mit Hunderten von Toten, schlägt man die Hände über dem Kopf zusammen. Wo soll das alles hinführen? Sind die alle verrückt geworden? Hass und Hetze schüren nur noch die Wut und die Rachegedanken auf beiden Seiten. Frieden, das ist etwas, was sie in Gaza nicht kennen. Die Hoffnung stirbt nie, las ich. Aber ich kann daran nicht glauben. Niemand hat einen Ansatz für ein Ende dieses Gemetzels.

Wer schießt auf ein Krankenhaus? Wissend, dass die dort arbeitenden Ärztinnen und Ärzte, die Pfleger und Krankenschwester getroffen, verletzt oder gar getötet werden können. Dass die Patienten in ihren Betten wehr- und verteidigungslos den Granaten ausgesetzt sind. Wer macht so was? Die Frage, wer die Verantwortung für diesen mörderischen Anschlag hat, muss noch geklärt werden? Die Hamas, der man nach den Angriffen und der Ermordung vieler Zivilisten am 7. Oktober wahrlich alles zutrauen kann, ja muss? Oder war es ein Fehlschlag der Israelis? Möglich ist im Krieg alles. Und wir wissen, dass im Krieg immer gelogen, dass die Öffentlichkeit belogen wird. Glauben allein reicht nicht, um hier Klarheit zu schaffen. Und wir brauchen Klarheit, damit später die Verantwortlichen für dieses feige Handeln zur Rechenschaft gezogen werden. Zur Erinnerung und als Mahnung: Die palästinensische Journalistin Shireen Abu Akleh wurde 2022 im Westjordanland erschossen. Die israelische Armee sprach voreilig von einem Terroranschlag. Eine UNO-Kommission fand heraus, dass der tödliche Schuss von einem israelischen Soldaten kam. Die SZ weist in ihrem Leitartikel auf diesen Fall hin.

Der Westen, sagen nicht wenige wütende Araber, Deutschland, die USA, Europa, alles Heuchler. Und sie schwingen die palästinensische Fahne. Dass die Hamas mit ihrem mörderischen Angriff am 7. Oktober 1300 Israelis umgebracht hat, stößt auf arabischer Seite oft auf Zustimmung. Gut so. Mehr davon. Dabei wissen sie genau, was auf diesen Anschlag folgt: der Gegenschlag, der die Führer der Hamas ausschalten soll und viele tötet. Dass dabei Zivilisten draufgehen, muss hingenommen werden. Es ist ja Krieg, zumindest ein kriegerischer Zustand. Mord folgt auf Mord, weil Rache geschworen wird. Sinnlos, alles so sinnlos.

Das Elend in Flüchtlingslagern

Wer einmal in Gaza gewesen ist und gesehen hat, wie dort die meisten Menschen leben, besser hausen in Quartieren, die mit Wohnungen oder richtigen Häusern nichts zu tun haben, wer einmal das Elend dort oder in den Flüchtlingslagern gesehen hat, spürt, dass dort der Hass zu Hause ist. Dafür sorgt notfalls die Hamas, weil sie die Israelis, finanziert durch die Amerikaner oder die Deutschen, dafür verantwortlich macht. Beweise muss man keine liefern. Die meisten Menschen dort haben ohnehin so gut wie nichts, was sie verlieren könnten. So werden Terroristen geschaffen, immer wieder neu, weil Hass gepredigt wird, weil niemand sich wirklich darum kümmert, ob diese wirklich armen Palästinenser eine Zukunft haben. Wie soll die denn aussehen, in all dem Elend, in dem sie leben. Und wenn dann mal wieder einer von ihnen getötet wird, schwören sie Rache, tödliche Rache. Und auf diese Rache folgen Raketen ins Nachbarland. Die wiederum töten.

Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung. Hat man bei uns im Westen gesagt.  Zu Recht. Aber es hat kein Recht auf Kollektivbestrafung, will sagen: auf Vertreibung und Tötung von Kindern und Frauen. So sagen es die noch gemäßigten im arabischen Lager, die jetzt auf Straßen demonstrieren. In Beirut vor der deutschen  Botschaft oder in Tunis vor der französischen Vertretung. Sie protestieren ja auch in Kairo, in Marokko, für Palästina und gegen Israel. Es macht mich beklommen, sprachlos, weil ich als Deutscher eine besondere Verantwortung für Israel fühle, entsprechend der Staatsräson, durch die die Bundesrepublik seit Jahr und Tag die Existenz des Staates Israel garantiert. Ich schäme mich als Deutscher und bin zugleich wütend auf die Demonstranten in Berlin-Neukölln, die Partei ergreifen für Palästina und gegen  Israel. Die Synagogen angreifen, die Juden in Deutschland das Fürchten lehren. Ich schäme mich, weil dies mich an die Nazi-Zeit erinnert, an die Pogrome, an das Abbrennen von Synagogen am 9. November 1938 auf Geheiß von NS-Propagandachef Goebbels.

Erleichtert habe ich beobachtet, wie Bundeskanzler Olaf Scholz(SPD) als erster Regierungschefs eines westlichen Landes nach Israel geflogen ist, um seine Solidarität mit dem bedrängten Land zu zeigen. Um anschließend mit Ägypten zu reden, damit die Grenze geöffnet wird. Damit De-Eskalation betrieben wird. Dass Scholz im Bundestag klare Kante gegen den immer wieder hier aufflammenden Antisemitismus forderte und den Deutschen jüdischen Glaubens hier im Lande verstärkten Schutz zusicherte, war richtig und dringend nötig. Wir dürfen es nicht dabei belassen. Aber, auch das muss hier gesagt werden: die Palästinenser haben ein Recht auf Leben und unsere Solidarität, sie dürfen nicht als Menschen zweiter Klasse betrachtet werden. Wenn die Menschen in den besetzten Gebieten, in Westjordanland, menschenunwürdig behandelt werden. Es ist falsch, wenn sie in Gaza wie in einem offenen Gefängnis leben müssen. Wenn das alles so bleibt, fliegen weiter Raketen, wird gemordet, dann hört dieser Ur-Konflikt nie auf.

Berlin- kein Angst-Raum für Juden 

Frieden mit Israel? Ägypten, Marokko und die Emirate wollten lieber mit Israel Handel treiben als gegen sie zu kämpfen. Die Saudis wollten Ähnliches, eine Normalisierung des Verhältnisses mit Israel. Nun, nach dem 7. Oktober, ist man zurück im Hass, in der Wut gegen Israel. Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat zu einem „Freitag der Wut“ aufgerufen. Nach dem Gebet in allen großen Städten soll es Demonstrationen geben. In Deutschland flammt vor allem in Berlin immer wieder die Gewalt auf, kommt es zu brutalen antiisraelischen Protesten. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Wegner, mahnte schon, seine Stadt dürfe kein Angst-Raum für Jüdinnen und Juden sein. Die Polizei sichert inzwischen das Holocaust-Mahnmal direkt neben dem Brandenburger Tor gegen Demonstranten ab.  In Neukölln flogen Molotow-Cocktails auf eine Synagoge, gegen eine Schule und eine Kita, Brandsätze wurden gegen eine jüdische Einrichtung geworfen. Das Entsetzen ist überall groß, zumal Sicherheits-Experten mit mehr Ausschreitungen rechnen. Parolen wurden bekannt: „Wir werden Neukölln zu Gaza machen. Zündet alles an“.

Gemessen an Berlin sind die Vorkommnisse in NRW eher überschaubar. Einige wenige Demonstrationen, Kundgebungen pro Israel und pro Palästina mit jeweils ein paar Tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Israelische Fahnen wurden von öffentlichen Gebäuden gerissen, die Polizei registrierte Davidstern-Schmierereien. Insgesamt versicherte NRW-Innenminister Herbert Reul(CDU):“ NRW  ist ein sicherer Platz für Juden“. Allerdings schränkte der Minister auch ein: „Aber es gibt nie hundertprozentige Sicherheit“.

Wie es weitergeht? Schwierig zu sagen, da sich beide Seiten, wie es ein Freund ausdrückte, „das Menschsein absprechen“. Das, was der große Musiker und Dirigent Daniel Barenboim kürzlich gemeint hatte: dass sich Juden und Araber als Menschen begegnen und sich als solche anerkennen müssten. Das wäre ein Anfang. Aber Barenboim ist eben „nur“ Musiker, mit zwei Staatsbürgerschaften, der israelischen wie der palästinensischen. Er will Frieden, weil er weiß, dass Hass nur zum Krieg führt, zu Mord und Totschlag. Im Augenblick sehe ich auf keiner Seite, dass Anstrengungen Frieden unternommen würden. Oder glaubt jemand, wie es der gerade zitierte Freund auch schrieb, dass es sich eine israelische Regierung erlauben könnte,  die Siedler zurückzuholen, die sie selber einst mobilisierte im Westjordanland zu bauen. Und glaubt jemand daran, dass die Palästinenser die israelischen Siedler, nach allem, was vorgefallen ist, auf ihrem Territorium friedlich dulden würden?

Ich glaube nicht daran. Wer die zerbombten Häuser in Gaza sieht, kann sich ausmalen, wieviel Hass dadurch wieder entsteht. Und wer sich dazu das Massaker der Hamas gegen Israel am 7. Oktober mit 1300 Toten und geköpften Kindern vor Augen führt, ahnt, welche Rache geschworen wurde und was noch passieren kann und wohl auch wird.

Bildquelle: Wikipedia

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