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Außenminister Lawrow: „Ich weiß nicht was Europa am Verhandlungstisch tun würde“ – Das krachende Scheitern einer Strategie der militärischen Stärke

Wolfgang Lieb Von Wolfgang Lieb
18. Februar 2025
EU-Flagge in einem Verbotsschild mit der Aufschrift "Ich muss leider draußen bleiben"

Angesichts der Haltung der europäischen Staaten zum Krieg sei ihm nicht klar, welchen Beitrag sie leisten würden, wenn sie eingeladen würden. Wenn Europa den Krieg in der Ukraine fortsetzen wolle, warum sollte es dann zu Verhandlungen eingeladen werden.

So äußerte sich der russische Außenminister einen Tag vor einem Treffen mit einer US-Delegation im saudi-arabischen Riad. Auch der US-Ukraine-Beauftragten Keith Kellogg erklärte am Samstag, es sei nicht sinnvoll, wenn alle für ein Friedensabkommen mit am Tisch säßen.

Nun rächt sich, dass weder die EU noch Deutschland sich bisher ernsthafte diplomatische Vorstellungen gemacht und Initiativen für eine Waffenruhe oder für Friedensverhandlungen im Krieg Russlands gegen die Ukraine ergriffen haben. Stattdessen wurde mit einer durch schreckliche Bilder erzeugten Empathie in der Bevölkerung gegenüber den ukrainischen Opfern eine Eskalationsdynamik entfacht und nach mehr und zerstörerischen Waffen, nach immer mehr Geld für die Rüstung und für Ukrainehilfen gerufen. Entweder wurde auf jede erdenkliche Waffenhilfe für einen „Sieg“ der Ukraine gesetzt oder zumindest jede Entscheidung in die Hände von Wolodomyr Selenskyi gelegt.

Mahnende oder auch nur nachdenkliche Stimmen wurden moralisierend verurteilt und Menschen, die diplomatische Lösungen anmahnten, wurden als „Putin-Versteher“, als Abweichler in die Ecke gestellt. Pazifisten wurden als Putins „Fünfte Kolonne“, also als willige Helfer Russlands verunglimpft.

Wie wurde Rolf Mützenich nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb seiner Partei attackiert als er im März letzten Jahres im Bundestag den Satz gesagt hat: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“ Die Grünen sprachen von einem Rückfall in die alte Russlandpolitik der SPD und die FDP polemisierte, dass Mützenich verlange, „sich einem Diktator zu unterwerfen“. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei, nannte solche Überlegungen „sehr gefährlich“. Verhandlungen seien naiv, meinten Außenministerin Baerbock und Anton Hofreiter gemeinsam und mit Putin könne man nicht verhandeln, behauptete Strack-Zimmermann von der FDP.

Der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland Andrij Melnyk beschimpfte Mützenich sogar als „widerlichsten deutschen Politiker“. Und die Ukraine führte ihn auf einer „Liste von Informationsterroristen“.

Zurecht schrieb Heribert Prantl, ehemaliges Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung: „Es ist fatal und unendlich töricht, dass hierzulande schon die Wörter „Waffenstillstand“, „Friedensappell“ und „Frieden“ als anrüchig gelten, wenn sie im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine gebraucht werden. Es ist fatal, wenn das Werben für eine diplomatische Offensive fast schon als Beihilfe zum Verbrechen bewertet wird.“

Und was wurde Olaf Scholz nicht alles vorgeworfen, als er es wagte, im November letzten Jahres mit Putin zu telefonieren und ihn zu Verhandlungen mit der Ukraine aufzufordern. Er öffne die „Büchse der Pandora“ warf ihm der ukrainische Präsident danach vor. Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt beschuldigte den Kanzler, Putin zu einem „Propaganda-Erfolg“ verholfen zu haben. Und auch die bellizistischen Grünen griffen Scholz massiv an.

Seit vergangenem Mittwoch ist alles anders: Da telefonierte der wieder ins Amt gekommene US-Präsident Donald Trump eineinhalb Stunden mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin – ohne sich vor her mit den Europäern abzustimmen. Trump hat dabei mit dem Kremlchef einen „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart. Und schon am heutigen Dienstag treffen sich der inzwischen zwanzig Jahre amtierende russische Außenminister Lawrow mit seinem neu ins Amt gekommenen US-Kollegen, Marco Rubio, im saudi-arabischen Riad, um über eine Wiederaufnahme des Dialogs zwischen ihren beiden Ländern zu sprechen. Dabei soll es auch um mögliche Verhandlungen zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine gehen.

Lawrow und Kellog nutzen nun die bisherige Weigerung der EU, der meisten europäischen Staaten und auch Deutschlands, zumindest auch auf Friedensdiplomatie zu setzen, zynisch aus und weisen sie vor die Verhandlungstür.

Schockiert auch aufgrund der Münchner Rede von US-Vizepräsident J.D Vance, der die transatlantische Wertegemeinschaft in Frage stellte, hat der französische Präsident Emmanuel Macron die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den NATO-Generalsekretär Mark Rutte und einige europäische Staatschefs zu einem informellen Notfall-Gipfel nach Paris gerufen. Herausgekommen scheinen nur Durchhalteparolen, wie etwa „die Ukraine kann sich auf uns verlassen“, es dürfe keinen „Diktatfrieden“ geben. Selenskyi erklärte in den Vereinigten Arabischen Emiraten trotzig, alle Ergebnisse solcher Verhandlungen ohne die Ukraine seien ergebnislos.

Klüger wäre gewesen, es zu begrüßen, dass endlich diplomatische Initiativen ergriffen werden, um das Sterben zu beenden und sich selbst konstruktiv für eine Beendigung der Kriegshandlungen einzusetzen und den Verhandlungen zwischen den USA und Russland mit eigenen Vorschlägen oder realistischen Bedingungen beizuspringen.

Selenskyi schmeißt sich einerseits an Trump heran oder erklärt andererseits in den Vereinigten Arabischen Emiraten trotzig alle Ergebnisse solcher Verhandlungen ohne die Ukraine seien ergebnislos. Letzteres gerade so, als seien die USA in diesem Krieg ein vernachlässigbarer Partner. Dabei hat man sich insgeheim in Paris schon mit den Folgen eines Waffenstillstands beschäftigt: Nachdem US-Verteidigungsminister Pete Hegseth bereits ankündigte, dass keine US-Soldaten in die Ukraine geschickt würden, um eine Feuerpause abzusichern, haben sich die Europäer schon hinter den Kulissen heftig über die Entsendung von Friedenstruppen in die Ukraine und über die Frage einer künftigen Finanzierung der Verteidigungslasten gestritten, sei es als Sonderfinanzierung, über die Aufweichung der Maastricht-Haushaltskriterien oder über eine Vergemeinschaftung der Schulden in der EU. Der Einsatz einer fünfstelligen Truppe soll genannt worden sein, Selenskyi forderte gar bis zu 200.000 Soldaten.

Offen blieb allerdings, was man und ob man sich der russisch-amerikanischen Initiative entgegenstellen kann oder wie man in einen nur bilateralen Verhandlungsprozess eingreifen könnte.

Von sog. Sicherheitsexperten und in den Medien wird beklagt, dass die USA schon vor Beginn der Verhandlungen alles, was Russland wolle, aus der Hand gegeben hätte. Nämlich den Verlust von Territorien für die Ukraine, einen Verzicht auf deren NATO-Mitgliedschaft und die Anerkennung einer Partnerschaft von Putin und Trump auf Augenhöhe.

All das mag man zurecht beklagen, aber aus der Interessenlage von Trump, ist ein solcher Deal nur logisch, damit hat nämlich der „Dealmaker“ von vorneherein nicht verloren und er kann jedes kleinste Zugeständnis von Seiten Putins als seinen Erfolg feiern.

Europa und auch Deutschland bleiben nur der Katzentisch und die Kosten für Friedenstruppen sowie den Wiederaufbau der Ukraine, die USA nehmen sich die „Seltenen Erden“.

Eine dogmatische Strategie, die nur auf militärische Stärke setzte, ist krachend gescheitert.

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