Jens Spahn wird sich geärgert haben, als er heute erfuhr, dass der Bundesverfassungsschutz auf 1100 Seiten zusammengetragen hat, dass der AfD-Bundesverband gesichert rechtsextrem ist. Denn Spahn und seine Kompagnons kann man getrost unterstellen, dass sie mittelfristig auf eine neue Mehrheit im konservativen/rechten Lager gehofft und dafür gearbeitet haben. Damit dürfte jetzt erst einmal Schluss sein, denn auch Spahn will sich sicher nicht unterstellen lassen, amtlich festgestellten Rechtsextremen an die Macht geholfen zu haben.
Es ist nicht überraschend, dass das Gutachten zu dem Schluss kommt, dass Weidel, Chrupalla, von Storch, Höcke, Brandner und Gauland einem rechtsextremen Trupp vorstehen. Zu klar waren die Wahlkämpfe, Parteitage und Anträge im Bundestag, um auch nur Zweifel daran zu haben, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Partei ist, die ein anderes Deutschland will. Sie ignoriert die Menschenrechte, paktiert mit anderen Rechtsextremen, unterstützt Putin und seine faschistoide Kriegspolitik, sie unterstützt Trump in seiner faschistoiden Politik gegen alles, was nicht weiß und männlich ist. Wer das sehen wollte, hätte es sehen können – wir müssen davon ausgehen, dass es Teile der CDU nicht sehen wollten.
Aber auch in den Chefredaktionen von ARD, ZDF und den anderen Rundfunkanstalten sollte man sich Gedanken machen, was sie dafür getan haben, dass Rechtsextreme ihre Propaganda über die öffentlich-rechtlichen Kanäle verbreiten konnten.
Wer sich – wie wir – als Redaktion intensiv mit der AfD auseinandergesetzt hat, konnte zu keinem anderen Schluss kommen. Wir fragen uns, warum dies in anderen Redaktionen nicht erkannt wurde. Bei Springer und Burda darf man wohl Absicht dahinter vermuten, aber alle anderen sollten sich noch einmal genau anschauen, was und wann sie über die AfD berichtet bzw. nicht berichtet haben. Man braucht nicht im Verfassungsschutz zu sein, um das Offensichtliche zu erkennen.
Die Reaktion der AfD auf die Veröffentlichung des Gutachtens spricht Bände. Wie nicht anders zu erwarten, betreibt die Parteispitze Täter-Opfer-Umkehr. Sie versteigt sich sogar in der Behauptung, die Demokratie sei gefährdet, wenn das BfV sie als rechtsextrem identifiziert. Okay – wer hätte auch erwartet, dass Frau Weidel ins Mikrofon sagt: „Ja, wir sind rechtsextrem und wir sind stolz darauf.“
Da inzwischen alle, die einen gemäßigten Kurs in der AfD fahren wollten, die Partei verlassen haben, muss auch Frau Weidel und Herrn Chrupalla klar gewesen sein, dass ein Gutachten nicht anders ausfallen kann. Und sie wissen auch, was jetzt der nächste Schritt ist – nämlich die Prüfung, sie als Partei verbieten zu lassen. Drum werden erneut die Gerichte bemüht – und wie bisher immer: Scheitern.
Natürlich werden jetzt wieder die Stimmen laut werden, die sagen, man könne zehn Millionen Wählerstimmen nicht verbieten. Das stimmt – Wähler kann man nicht verbieten, das ist auch nicht geplant. Aber eine Partei, die inzwischen hunderte Millionen aus der Staatskasse kassiert, um ihre Parteiarbeit und die Fraktionen in Bund und Land zu finanzieren, sollte nun dringend verboten werden.
Auch das werden die AfD-Fans in der Union – Jens Spahn, Michael Kretzschmar und Philipp Amthor – nicht für richtig halten. Sie wollen sich ihre Strategieidee sicher nicht kaputtmachen lassen. Doch aus diesem Gutachten ergibt sich kein anderer Schluss: Wer unsere Verfassung ablehnt, wer die Demokratie gefährdet, wer die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens ablehnt, wer Justiz und Medien beeinflussen will, wer den Klimawandel ignoriert, sollte nicht mehr an der politischen Willensbildung in Zukunft beteiligt sein.
Friedrich Merz und Lars Klingbeil wird wohl die Aufgabe zufallen, diesen Prozess nun einzuleiten und zu gestalten. Es sollte gar keinen Zweifel geben, dass dies der konsequente Weg wäre. Der Antrag auf Verbot der Partei sollte ab sofort erste Priorität der neuen Bundesregierung sein.
Alfons Pieper hat vor Monaten geschrieben: „Die AfD muss verboten werden“ – und dabei Gerhart Baum, den jüngst verstorbenen ehemaligen Innenminister Deutschlands, zitiert. Der brauchte keine 1100 Seiten, um festzustellen: „Das sind Verfassungsfeinde.“