Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) pflegt die Tradition des Antikriegstags am 1. September in diesem Jahr vorwiegend virtuell. Seit 1957 erinnert der Gedenktag jährlich an den Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939. Die Mahnung „Nie wieder Krieg“ ist hochaktuell. Doch die Corona-Pandemie verschiebt nicht nur viele Initiativen ins Internet, sondern beeinträchtigt auch die Aufmerksamkeit für die vielen kriegerischen Entwicklungen in der Welt.
Die Listen der Friedensforscher an deutschen Universitäten ist lang. Syrien, Afghanistan, Ukraine, Jemen, Mali und Sudan sind darauf unter insgesamt 27 Kriegen und gewaltsamen Konflikten verzeichnet. Ende 2019 enthält die Liste eine lange Reihe von gewalttätigen Auseinandersetzungen, die seit Jahrzehnten Opfer fordern und dennoch weithin in Vergessenheit geraten sind.
Auf dem afrikanischen Kontinent gehören dazu Burundi, Kamerun, Kongo, Mosambik, Nigeria, Somalia, Dafur und die Zentralafrikanische Republik; im Vorderen und Mittleren Orient Ägypten, Irak, Libyen und die Türkei; in Asien Indien, Myanmar, Pakistan, Philippinen und Thailand; in Süd- und Mittelamerika Kolumbien.
Brisante Entwicklungen wie in Belarus, im Mittelmeer zwischen der Türkei und Griechenland, zwischen Aserbeidschan und Armenien um Bergkarabach oder auch die wieder zunehmenden israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen sind in diesen Tagen zusätzlich alarmierend. Im Konfliktbarometer des Heidelberger Instituts für Internationale Konfliktforschung sind für 2019 insgesamt 358 Brennpunkte dokumentiert, die teils Gewalt erleben, teils als schwelende Konfliktherde gelten.
„Wir erleben derzeit den internationalen Abgesang auf eine Politik der Abrüstung, Entspannung und Zusammenarbeit und auf eine neue multilaterale Weltordnung, die wir nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erhofft hatten“, heißt es im DGB-Aufruf zum Antikriegstag. Und weiter: „Stattdessen leben wir in einer Welt, die immer stärker aus den Fugen gerät. Nationalismus und Militarismus greifen wieder um sich und setzen eine neue Spirale der Aufrüstung in Gang. 75 Jahre nach dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki im August 1945 erreicht der nukleare Rüstungswettlauf ungeahnte Ausmaße.“
Der DGB bezeichnet es als „nicht hinnehmbar, dass die deutsche Bundesregierung sich weiterhin weigert, den UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen zu unterzeichnen“. Er erinnert an den Rekordwert globaler Rüstungsausgaben, die sich inzwischen auf zwei Billionen US-Dollar beliefen, und wirft der deutschen Bundesregierung „eine unrühmliche Vorreiterrolle“ vor: „Deutschland ist nicht nur viertgrößter Rüstungsexporteur weltweit, sondern ist bei den Ländern mit den meisten Rüstungsausgaben auf den siebten Platz vorgerückt.“
Die Corona-Krise führe drastisch vor Augen, „wie verantwortungslos diese Geldverschwendung ist“, sagt der Dachverband der Gewerkschaften und kritisiert eine gravierende Fehlverteilung öffentlicher Mittel. Es sei „höchste Zeit, das Ruder herumzureißen“. Die gewaltigen Herausforderungen der Corona-Pandemie, des Klimawandels und der Digitalisierung bedrohten den gesellschaftlichen Zusammenhalt und vergrößerten die soziale Ungleichheit. „Wir müssen gegensteuern“, fordert der DGB und nennt neben einem starken und solide finanzierten Sozialstaat „immense öffentliche Investitionen“ in Gesundheit und Pflege, in unser Bildungssystem, in eine sozial-ökologische Gestaltung der Energie- und Verkehrswende, in die kommunale und digitale Infrastruktur und in den sozialen Wohnungsbau.
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