Wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen reagierten große Teile der Union auf die Ankündigung von Annegret Kramp-Karrenbauer, nicht als Kanzlerkandidatin anzutreten und auch den Vorsitz der CDU niederzulegen. Einige Parteigranden waren sehr überrascht, manche ratlos, dem einen oder anderen war es einfach schlecht. Nun müssen einige riesige Probleme gelöst werden, damit die CDU nicht völlig außer Tritt gerät.
Ungelöstes Thüringen Drama
Gewiss haben die Vorgänge im Freistaat Thüringen die Turbulenzen in der Führung der Partei verschärft. Die Vorgaben für den Landesfürst Mike Mohring waren im Prinzip klar, nämlich weder die Wahl von Ramelow zum PDS-Ministerpräsidenten zu unterstützen noch gemeinsame Sache mit der AfD zu machen. Die CDU im thüringischen Landtag war mehr als zerrissen und ging schließlich mit der getürkten Wahl des FDP-Kandidaten zum Ministerpräsidenten der AfD auf den Leim. Die Autorität der CDU-Bundesvorsitzenden war nicht groß genug, um die eigenen Parteifreunde vor diesem hinterlistigen Manöver von Höcke & Co. zu bewahren. Mike Mohring hing zwischen Baum und Borke, seine Landespartei ist gespalten, er tritt als Chef der CDU-Fraktion, die ihn ohnehin nur noch mit etwas über 60 % gewählt hatte zurück. Das Thüringer Landestheater spielt das Drama weiter: Nichts ist bislang entschieden, gelöst und geordnet.
Spitzenposition schnell besetzen!
AKK hat zwar Vorschläge für das weitere Procedere in der CDU gemacht. Doch sind diese geradezu weltfremd. Solange Angela Merkel auf dem Kanzlerstuhl sitzt und nach Belieben regiert, mit Ramelow telefoniert, mit Botschaften aus dem Ausland parteipolitisches Verhalten rückgängig zu machen versucht und ihre Abdankung auf das Jahr 2021 terminiert hat, wird wohl kaum ein neuer Kanzlerkandidat der Union zu küren sein, der dann später als AKK-Nachfolger auch der Parteivorsitzende werden soll. Unter den real existierenden Gegebenheiten wird diese Schrittfolge einfach nicht gelingen und erfolgreich ausgehen können. Jens Spahn, ein gewiss guter Aspirant, ist Mitglied der Bundesregierung, steht als Gesundheitsminister in der Kabinettsdisziplin und muss sich an der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin orientieren. Armin Laschet, der NRW-Regierungschef und bislang einzige profilierte Stellvertreter im CDU-Bundesvorstand, stimmt zwar auf den meisten Politikfeldern mit Angela Merkel überein, doch würde er mit einer Strategie des „Weiter so wie bisher“ weder als Kanzlerkandidat noch als CDU-Vorsitzender für die nächste Bundestagswahl stark punkten können. Friedrich Merz wäre der einzige, der völlig unbelastet und ohne Rücksicht auf Merkel seinen eigenen Kurs vorgeben und verfolgen könnte. Doch wäre damit eine nicht zu kalkulierende Zerreißprobe für die Zeit bis zur Bundestagswahl vorprogrammiert.
Söder in Lauerstellung
Ohnehin kann die CDU den nächsten Kanzlerkandidaten nicht allein bestimmen. Sie muss sich mit der CSU einigen, darauf pocht Markus Söder. Der Ministerpräsident aus Bayern will sich selbst nicht um die Kanzlerschaft bewerben; jedenfalls hat er dies wiederholt bekundet und dabei auf die Meriten von Angela Merkel verwiesen. Ob Söder bei dieser aktuellen Haltung bleiben wird, ist nicht in Stein gemeißelt. Und wem er als zukünftigem Kanzlerkandidaten von CSU und CDU seine Weihen verleihen wird, ist noch völlig offen.
Union auf der Rutschbahn
Die Zeit drängt jedenfalls gewaltig, wenn die CDU nicht eine neue unendliche Geschichte schreiben will. Die Partei muss so schnell wie möglich klären, wer die Führung übernehmen soll. Denn die gefährliche Hängepartie wird zu weiteren Desorientierungen führen, zu langen unerquicklichen personellen und sachlichen Auseinandersetzungen, zu Image- und Mitgliederverlusten.
So wichtig auch Konzepte und Programme sein mögen, ohne Spitzenpersonal ist kein Staat zu machen. Letztlich könnte es unumgänglich werden, dass Angela Merkel vorzeitig ihren Platz räumt, damit nicht mit weiteren politischen Dissonanzen und Kakophonien noch mehr Porzellan zerschlagen wird. Die Union befindet sich bereits seit einiger Zeit auf einer gefährlichen Rutschbahn. Wenn die Talfahrt nicht sehr bald gestoppt wird, wenn nicht schnell die Personalfragen geklärt werden, könnte sich die Union in Zukunft dort wiederfinden, wo die SPD bereits seit einiger Zeit schon herumkrebst. Denn die etwa 25 %, die die CDU und CSU bei einer aktuellen Bundestagswahl noch erreichen könnten, wären ein geradezu fatales Ergebnis. Rasche Entscheidungen sind angezeigt, damit der neue Kanzlerkandidat der Union vor der grünen Konkurrenz ins Ziel gelangen wird.
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