Googeln, für nahezu 90% in den sg. „entwickelten“ Gesellschaften eine tägliche Kulturtechnik. Der Name ist ja auch Programm, denn der Name Google leitet sich von „googol“ ab, das steht für die Zahl 10100 (also 10 hoch 100).Dasentspricht einer 1 mit 100 Nullen, oder als Zahlname ausgedrückt: Zehn Sexdezilliarden. Wenn man das auf die Fülle von Informationen bezieht, die wir bei der Suchmaschine „Google“ finden, eine angemessene Wahl des Markennamens. Seit dem 15. September 1997 ist Google als Suchmaschine online. Das sind 23 Jahre. Somit fällt Google nicht mehr unter das Jugendstrafrecht. Ein Aspekt, der noch wichtig sein wird.
Am Anfang stand die Vision, die unüberschaubare Menge an Informationen, die im oder über das Internet explosionsartig entstanden und verbreitet wurden, systematisch zu erschließen. Und die Gründer Larry Page und Sergey Brin hatten ihr zukunftsweisendes Projekt unter das Motto gestellt „Don’t be evil“. Und für eine ganze Weile war das auch mehr als nur ein vollmundiges Versprechen. Bald aber wurde aus dem sympathischen und innovativen „Welterschließer“ Google ein finanzgetriebener Big Tech Monopolist, der nahezu alle ethischen Prinzipien über Bord geworfen hat und sich sehr weitgehend rechtsstaatlicher Kontrolle entziehen konnte.
Google ist heute (und schon seit langem!) böse, das ist sein Kerngeschäft geworden. Google ist – gemessen an seinen Suchtreffern – sexistisch, rassistisch, antisemitisch und macht mit den (kostenlos zur Verfügung gestellten) Daten und aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte seiner Nutzer Milliardengewinne.
Die Bildersuche von Google: Ein drastisches Beispiel für Sexismus und Verletzung von Persönlichkeitsrechten
Auf der Suche nach einem Bild für Marianne Bäumlers „minima moralia“ galt es ein Bild zu suchen, das das hässliche Gesicht des Turbokapitalismus verdeutlichen sollte. Ein schwieriges Unterfangen, zu dem die Bilddatenbanken, die Blogger mit kostenfreien Lizenzen oder lizenzfreien Bilder verwöhnen, nichts Brauchbares auswiesen. Also wurde Google befragt. Die Eckdaten: Suchhanfrage 19.09.20, Gerät Laptop 14‘‘, Browser Google-Chrome, Suchanfrage: „hässlich“ mit der erweiterten Einstellung für Bilder mit Creative Commons Lizenzen (also kostenfrei).
Unter den ersten Treffern zeigte der Bildschirm leider nur hässliche Tiere und zwei Horrorgestalten. Auf der zweiten Seite wurde es merkwürdig. Neben den hässlichen (eigentlich eher komischen) Tierbildern fand sich ein Bild von Petra Pau, der Abgeordneten für die Partei „Die Linke“ und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. Der Link führt zu Wikimedia. In den Erläuterungen zum Bild kommt das Wort „hässlich“ allerdings nicht vor. Nur eine Bildschirmzeile weiter wird es noch unglaublicher. Nun kaum noch lustig-hässliche Tierbilder sondern jetzt mehrheitlich Bilder von weiteren Personen des öffentlichen Lebens: Die Abgeordnete und Parteivorsitzende der Partei „Die Linke“ Katja Kipping, die Schauspielerin und #MeToo-Aktivistin (Nobody’s doll) Anna Brüggemann, die israelische Sängerin Netta (ESC-Gewinnerin 2018 und bekannt für ihr Engagement gegen jede Art von Mobbing, Tyrannei, Gewalt und Einschüchterung ), die Abgeordnete für Bündnis90/Grüne und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth, die Moderatorin Claudia Kleinert, nochmals Petra Pau, die Schauspielerinnen Sandra Hüller und Alexandra Neldel der österreichische Künstler*in und Aktivist*in Conchita/Tom/ Wurst und Mats Hummels! Und wir reden hier gerade einmal über die ersten ca. 100 Treffer!
Alle Links zu den Bildern führen zu Wikipedia oder dem Bildverzeichnis Wikimedia. In keinem der dazugehörigen Artikel ist in irgendeiner Weise von „hässlich“ die Rede. Aber die Namen stehen in rechtsextremen und Hater-Foren und Plattformen für ihr politisches und gesellschaftliches Engagement im Mittelpunkt der dort üblichen Bedrohungen, Beschimpfungen, Beleidigungen und Verunglimpfungen. Der Google-Algorithmus holt sich offenbar seine Informationen aus diesen rechtextremistischen und antidemokratischen Quellen. Bei Mats Hummels allerdings zeigt sich eine Besonderheit. Gibt man in der Googlesuche „Mats Hummels hässlich“ ein, dann „wirft“ Google über 36.000 Treffer aus, viele – nicht alle – verweisen auf Beiträge zu seiner Frau Cathy Hummels und Diskussionen über Körper, Frisur, Make up sowie entsprechende Shit Storms auf Instagram und in der Yellow-Presse. Die Influencerin und Moderatorin steht seit vielen Jahren – wie alle anderen hier genannten engagierten Menschen – im Fokus von Hate Attacken. Und Google sorgt dafür, dass das auch bleibt und bringt es eben auch mit ihrem Angetrauten nachhaltig in Verbindung. Wer jetzt noch von „Cancel Culture“ spricht, hat vermutlich sich noch nie mit Google auseinandergesetzt. Google bemisst diesen üblen Beschimpfungen und Verletzungen hohe Relevanz beim Ranking von Suchtreffern zu. Welch eine Belohnung für sexistische Hater! Und mindestens Beihilfe zu schweren Verletzungen der Persönlichkeitsrechte.
Natürlich gibt es durchaus auch einige wirklich seltene Bezüge, bei denen Männerbilder unter den Suchtreffern bei „hässlich“ auftauchen. Aber mit Ausnahme von Mats Hummels gibt es hier immer einen textlichen Zusammenhang. Klarer kann ein Beleg für Sexismus kaum ausfallen.
Und das Beispiel der Suche „hässlich“ ist nur ein Einzelbeispiel. Ähnliches und teilweise noch deutlich schlimmere Ergebnisse produziert Google, wenn man nach politischen Kernbegriffen sucht. Zu Bildsuchen aus dem Worträumen Demokratie, Holocaust, Antisemitismus, Tyrannei, Gewalt, Mobbing und Einschüchterung findet man auffällig oft prominent platzierte Bilder von Nazis, Demokratiefeinden und anderen Hatern. Google bzw. der Mutterkonzern Alphabet macht, wenn man den Finanzplattformen glauben darf, über 1,3 Millionen Dollar Umsatz JE MITARBEITER! Und da soll weder finanzieller Spielraum für Künstliche Intelligenz und/oder redaktionelle Mitarbeiter vorhanden sein, um diese Persönlichkeitsrechte verletzenden und demokratiegefährdende Inhalte und Verknüpfungen zu verhindern? Sicher nicht. Aber es liegt der Verdacht nahe, dass Google hier bewusst seine „Heavy User“ aus dem Bereich der Hater und Extremisten bedient. Mit Hass, Bedrohung und Beschimpfung lässt sich ganz offensichtlich mehr Geld verdienen als mit einer ernsthaften „Erschließung“ von Inhalten aus Politik, Gesellschaft, Diversität und dem Eintreten gegen Gewalt und Antisemitismus. Das Unternehmensmotto bei Google war bis zum 21. April 2018 offiziell noch immer „Don’t Be Evil“. Mindestens seit dem 4. Mai 2018 fehlt dieses Motto im Verhaltenskodex von Google. In Mountain View, Kalifornien, dem Sitz von Google weiß man offenbar genau, was man aus kommerziellen Gründen geopfert hat. Seit dem Börsengang 2004 gelten eben die Regeln des entfesselten Marktes. Dennoch verwundert es, dass die deutsche Politik bei nahezu jeder Konferenz über Digitalisierung und digitale Ethik die Vertreter von Google und den anderen Vertretern des Überwachungskapitalismus wie Facebook, Amazon und Apple als „Experten“ zu Rate zieht und zu Wort kommen lässt. Sicherlich, weil auch hier die Täter einfach mehr wissen als die Opfer und Betroffenen. Aber es fällt eben auch Glanz ab von den Siegern des Turbokapitalismus (seit 2006 wurde der Begriff übrigens auch in den Duden aufgenommen).