Brexit

Der Brexit-Deal – das Drama geht weiter

Die britische Premierministerin Theresa May hat es weit gebracht, weiter jedenfalls, als es ihr viele auch in der eigenen Tory-Partei zugetraut haben. Nach der Einigung mit der Europäischen Union auf ein Brexit-Abkommen, hat sie dafür auch die Zustimmung ihres Kabinetts erhalten. Endgültig steht der Deal damit allerdings noch nicht, denn in der Regierung sind ohnehin nur noch die treuesten der Treuen verblieben.

Die innerparteilichen Widersacher der Premierministerin, allen voran der unsägliche Boris Johnson, sind während der zähen Verhandlungen um den EU-Austritt Großbritanniens zurückgetreten. Sie haben den Prozess mit maximalem Störfeuer begleitet, und noch steht das Votum des Unterhauses aus. Die Mehrheit, auf die sich die konservative Regierung stützt, ist äußerst knapp. May hat sich nach desaströsen Verlusten in den von ihr vorgezogenen Neuwahlen an die nordirischen Unionisten gebunden, und es lässt sich nur schwer ausmachen, wer von ihren vermeintlichen Unterstützern im Parlament ihr mehr zu schaffen machen wird.

Bei den Torys brodelt es. Gerüchte um einen Sturz der Regierungschefin wabern seit Monaten durch die Gänge, und der Gegenwind der eigenen Leute ist bedeutend schärfer als der, der May aus der Opposition trifft. Die Labour-Party könnte ihr letztlich im Unterhaus zur Mehrheit verhelfen. Allerdings müssten dazu die Details des Deals stimmen, und die kennen bisher nur Eingeweihte. Die Dramatik des nächsten Akts deutete sich in den ungewöhnlich emotionalen Worten an, die Theresa May nach der Kabinettssitzung wählte: Mit ihrem Kopf und ihrem Herzen glaube sie daran, sagte die sonst so nüchterne Regierungschefin, dass das Abkommen im besten Sinn der Nation sei.

Jeder Deal ist besser als ein Brexit ohne Deal, kann man wohl sagen, denn ein ungeregelter Austritt würde weithin Chaos bedeuten. Eine vertragliche Regelung würde zumindest erst einmal Zeit gewinnen. Das Austrittsdatum im kommenden März steht fest, aber Übergangsregelungen können die bestehenden Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU noch ein, zwei Jahre in Kraft lassen, ehe eine neue Basis geschaffen wird. Vorerst geht es um die von den Briten noch zu begleichende Rechnung, um Rechtssicherheit für die EU-Bürger und um die Nordirland-Frage.

500 Seiten haben die Unterhändler auf die Minimallösung verwandt. Falls der Deal gelingt, wird eine gewaltige Fülle von weiteren Details zu regeln sein. Und falls nicht? Brüssel hat parallel zur Verkündung des Brexit-Durchbruchs klargemacht, dass Europa sich auch auf einen wilden Brexit vorbereitet. Das hat Theresa May vielleicht etwas Rückenwind für zu Hause verschafft, ob der aber ausreichen wird, muss sich zeigen. So oder so bleibt das ganze Unterfangen tragisch, widersinnig, unvernünftig. Die Folge eines Referendums, bei dem mit Lügen, Hetze und Hass agiert wurde und dessen Ausgang heute so nicht mehr möglich wäre. Ein zweites Referendum? Auch das wäre möglich.

Bildquelle: pixaby, Pixaline, Public Domain

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Die promovierte Medienwissenschaftlerin arbeitete mehr als 20 Jahre in der Politikredaktion der Westfälischen Rundschau. Recherchereisen führten sie u. a. nach Ghana, Benin, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, China, Ukraine, Belarus, Israel und in das Westjordanland. Sie berichtete über Gipfeltreffen des Europäischen Rates, Parteitage, EKD-Synoden, Kirchentage und Kongresse. Parallel nahm sie Lehraufträge am Institut für Journalistik der TU Dortmund sowie am Erich-Brost-Institut für Internationalen Journalismus in Dortmund wahr. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin.


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