Der Skandal ist da und durch nichts zu entschuldigen. Ausgerechnet „Der Spiegel“, das beste und bekannteste deutsche Nachrichtenmagazin, ja das Aushängeschild der deutschen Presse. Ihr einst hochgelobter und mit vielen Preisen ausgezeichneter Reporter Class Relotius hat dem angesehenen Magazin aus Hamburg einen schweren Schlag versetzt, indem er den Blattmachern Texte untergejubelt hat, die gefälscht waren, frei erfunden die Fakten, aber glänzend zusammengeschrieben zu Reportagen, die man jetzt Märchen nennen sollte. Vorbei, die Sache mit den Preisen, die ihm aberkannt gehören, das zumindest. Jetzt ist das Elend auf dem Tisch. Und „Der Spiegel“, der in der Vergangenheit gern und oft für seine Geschichten gefeiert wurde- und auch zu Recht hoch gelobt wurde- muss nun diesen Skandal erklären, sucht nach Gründen, wie das alles passieren konnte. Mit peinlich ist das noch eher verniedlichend umschrieben, wenn in diesen Zeiten, da Pegida und Co die Journalisten mit dem schlimmen Vorwurf der „Lügenpresse“ überziehen, ein solches Medium wie der „Spiegel“ zugeben muss, dass er geleimt wurde wie die Leser des Magazins, hintergangen von einem jungen Reporter, den viele schon für den Größten hielten, der aber ein Fälscher ist.
Mir hat der Text von Ullrich Fichtner auch nicht gefallen. Der Spiegel-Macher schien immer noch von Relotius angetan zu sein, er geriet immer noch ins Schwärmen über den Glanz der Texte, die Relotius für den „Spiegel“ schrieb, ein Glanz, der jetzt wie Dreck aussieht. Es gibt keinen Grund mehr, diesen einstigen Kollegen für irgendwas zu loben, er hat die ganze Branche blamiert, dem Journalismus einen Bärendienst erwiesen, der nun mal von der Glaubwürdigkeit lebt, er hat der Demokratie geschadet. Ich vergesse das mit dem „Sturmgeschütz der Demokratie“ nicht, ich habe den „Spiegel“ Jahrzehnte gelesen, er war für jeden Journalisten Pflichtlektüre sowohl in den Zentralredaktionen wie im Bonner oder später im Berliner Büro wie in jedem Büro eines Abgeordneten gleich welcher Partei. Die Macher des Magazins müssen sich schämen. Und wir anderen Journalisten haben keinen Grund, in Schadenfreude oder Häme zu verfallen, weil man den Hamburger auf ihrem Thron endlich mal einen mitgeben kann. Die Wut ist da, die Empörung, aber der „Spiegel“ ist zu wichtig für die Presse, die Öffentlichkeit, die Politik. Ich werde die nächste Nummer des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ wieder kaufen. Extra.
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