Der Beispiele sind erschreckend viele. Hier nur drei:
- Der Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump verlässt am 16. Juni 2025 frühzeitig den G7 Gipfel in Kananaskis (Kanada). Es bedarf noch nicht einmal eines plump-theatralischen Auftritts von Trump, um aller Welt zu verstehen zu geben: Ich pfeife auf internationale Zusammenarbeit und mache das, was mir gerade in den Sinn kommt. Doch das ist nur ein weiterer Stein, den Trump aus internationalen Verbindungen und Verträgen herausbricht. Es ist absehbar, wann die Trump-Vance-Bande im Weißen Haus den Austritt der USA aus der UNO verkündet.
- Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) lädt kurz nach der Bundestagswahl im Februar 2025 Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nach Deutschland ein, obwohl gegen diesen ein Haftbefehl des auch von Deutschland mitgetragenen Internationalen Strafgerichtshofs vorliegt. Er werde schon Mittel und Wege finden, dass Netanjahu auf deutschem Boden nicht festgenommen wird, ließ Merz verlauten.
- Der frühere Vorsitzende der SPD Sigmar Gabriel lässt sich auf die Frage, ob der Angriff Israels auf den Iran nicht völkerrechtswidrig sei, zu der Bemerkung hinreißen: „Weltpolitik wird am Ende nicht vor dem Amtsgericht verhandelt“. Im Klartext heißt das nichts anderes: Die Gültigkeit von Recht in internationalen Beziehungen kannst du eigentlich vergessen.
Wer davon profitiert? Die Rechtsnationalisten von der AfD und ihre europäischen Gesinnungsgenoss:innen. Sie feiern die Trump-Vance-Bande im Weißen Haus dafür, dass diese Migrant:innen vor allem in demokratisch regierten Bundesstaaten wahllos von der Straße weg verhaften und sofort abschieben lässt. Dass dies gegen geltende Gesetze und die Menschenrechte verstößt, interessiert niemanden. Denn – so die Überzeugung von JD Vance: „Richtern ist nicht erlaubt, die legitime Macht der Exekutive zu kontrollieren“. So wird die Gewaltenteilung, eine wesentliche Säule der Demokratie, ausgehebelt – zur Freude der Orbáns, Weidels, Le Pens, Mileis auf dieser Welt. Ebenso finden die massiven Eingriffe der Trump-Vance-Bande in die Freiheit von Forschung und Lehre sowie die brutalen Einschüchterungen von Journalist:innen und Medien den Beifall aller europäischen Rechtsextremisten. Doch was fast noch schlimmer ist: Vor dieser Zerstörungspolitik verschließen ein Bundeskanzler Merz und mit ihm die Europäische Union nicht nur die Augen. Sie wollen weiterhin die Trump-Vance Bande an ihrer Seite wissen, verletzen selbst bewusst geltende Regeln wie die Zurückweisung von Asylbewerber:innen an den Grenzen und stellen die Rechtssprechung des Menschengerichtshofs infrage.
Diese systematische Missachtung einer regelbasierten und am Rechtsstaat ausgerichteten Politik wirkt sich jetzt schon die Freiheit und den Frieden nach innen und außen zerstörend aus. Wenn sich in der internationalen Politik auch Regierungen des sog. Westens wie derzeit in den USA nicht mehr an internationale Regeln und Vereinbarungen halten und diese der selbstbezogenen Opportunität preisgeben, dann reibt sich nicht nur ein Wladimir Putin die Hände: In der Ukraine alles richtig gemacht! Dann braucht sich eine Regierung wie die von Benjamin Netanjahu, bestückt mit ausgewiesenen, gewaltbereiten Rechtsextremisten, um nichts mehr zu scheren. Dann werden Kriege wie im Gaza und gegen den Iran am Völkerrecht vorbeigeführt – mit fatalen Folgen:
- Alle Argumente, die gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch aufgefahren wurden, gelten plötzlich nichts mehr. Die Bombardierung eines Krankenhauses in der Ukraine soll eben etwas anderes sein als die Zerstörung einer Klinik im Gaza; und Letzteres soll unvergleichlich mit dem sein, was das Mullah-Regime des Iran mit der Bombardierung eines Klinikgebäudes in Be’er Sheva anrichtet.
- Immer mehr zwischenstaatliche Konflikte werden kriegerisch ausgetragen, weil sich auch in der internationalen Politik immer mehr ein völkischer Darwinismus durchsetzt.
- Gigantische militärische Aufrüstungsprogramme treten an die Stelle von auf Frieden und Verständigung ausgerichtete politische Strategien.
Am Ende einer solchen Selbstzerfleischung der Völkerwelt kann nur die Katastrophe stehen. Denn verbrecherische, diktatorische Systeme wie das Regime im Iran oder die Terrorbanden der Hamas werden durch militärische Präventivschläge gestärkt – allein schon deswegen, weil sich diejenigen, die sich von allen Regeln lösen, auf die zerstörerische Gewaltebene ihrer Gegner ziehen und nur verbrannte Erde hinterlassen. All das zeichnet sich in düstersten Farben dort ab, wo Kriege eine schmerzhaft tiefe Furche von Tod, Verderben und Zerstörung aller materiellen und ideellen Werte durch die betroffenen Bevölkerungen ziehen, aber keinerlei Friedensperspektive entwickeln können. Denn eines wird im Nahen Osten zum wiederholten Mal deutlich: Diese Art von Kriegführung, wie sie das Netanjahu-Israel derzeit praktiziert, wird – wie die beiden Golfkriege 1991 und 2003 – die Feindschaften nur verschärfen, ungerechte Systeme weiter etablieren, den nächsten Krieg zeugen und vor allem jede Friedensperspektive im Keim ersticken.
Doch die Auswirkungen der Zerstörung regelbasierter Politik spüren wir auch im Innern unserer Gesellschaft. Die dramatische Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Kindern und Jugendlichen ist nichts anderes als ein Abbild dessen, was sich derzeit auf internationaler Ebene abspielt: Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz den Einsatz kriegerischer Gewalt gegen den Iran als „Drecksarbeit“ bezeichnet, die angeblich Israel „für uns alle macht“, dann ist diese horrende Anmaßung zuerst und vor allem Wasser auf den Mühlen von Rechtsradikalen. Denn die wollen mit dem Anzünden einer Asylunterkunft oder dem gewalttätigen Aufmischen eines Festes der Vielfalt in Bad Freienwalde auch nur die „Drecksarbeit“ vollziehen, vor der die Politik (noch) zurückscheut – und setzen auf die klammheimliche Zustimmung vieler Bürger:innen. Die kaltblütige Ermordung demokratischer Politiker:innen in den USA in der vergangenen Woche zeigt in erschreckender Weise, wohin die Zerstörung von Regeln und internationalen Vereinbarungen sowie politische Willkür führen. Vielleicht erinnern sich einige daran, dass es die Verbindung von der Nazi-Ideologie mit brutaler Gewalt war, die 1933 innerhalb von gut 50 Tagen die Demokratie in Deutschland zugrunde richtete. Aber innergesellschaftlich ist es noch banaler: Wie will ich einem jungen Menschen klar machen, dass er das Leben seiner Mitschülerin, mit der er Stress hat, achten muss, wenn er am Abend in der Tagesschau erfährt, dass von den Oberen weltweit das Gegenteil praktiziert wird?
Was angesichts dieses mehr als beunruhigenden Szenarios zu tun ist? Wir müssen entschieden und entschlossen der neuen, erschreckenden Tonlage und einer flapsig daherkommenden Umwertung der Werte im politischen Raum entgegentreten. Von einer Bundesregierung wie von den demokratischen Parteien, aber auch von den Meinungsführer:innen in der Gesellschaft muss verlangt werden, dass sie gerade jetzt penibel darauf achten, internationale Zusammenarbeit zu fördern, Regeln und Vereinbarungen zu achten, die Europäische Union zu stärken – dies alles als entscheidender Beitrag zum Erhalt von friedlichem, demokratischem Zusammenleben nach innen und außen. Wir müssen vor allem die „Waffen“ in die Hand nehmen, die das ermöglichen, was allein menschliches Zusammenleben garantiert: der Spannungsbogen von Freiheit und Verantwortung, Liebe und Festigkeit, friedliches Zusammenleben und die Regeln, die dieses erhalten können. Wir müssen auch im politischen Raum von Schuld und Vergebung, Streit und Versöhnung sprechen können, um aus dem gewaltverseuchten Teufelskreis von Problemlösung durch Problemvernichtung herauszukommen. Wer diese im jüdischen und wie im christlichen Glauben verankerten Kategorien aus dem Politischen verbannt, der landet genau da, wo wir jetzt sind: in der völligen Verrohung der Kommunikation und schamlosen Plünderung der Gemeinschaftswerte durch gewaltbereite Egomanen, deren Finger ständig am Abzug hängen, um ihre Interessen durchzuknallen. Auch Dreck zu beseitigen, bedarf der Behutsamkeit! Dabei geht es nicht darum, anderen Moral zu predigen, sondern den eigenen moralischen Kompass zu aktivieren. Jede:r ist aufgerufen, hier seinen und ihren Beitrag zu leisten.
Dieser Beitrag wurde im Blog unseres Autors Christian Wolff am 21.6.2025 erstveröffentlicht
22.06.2025
FRIEDENSSTIFTER – PUTIN, NETANJAHU, TRUMP
Das hochgepriesene Völkerrecht wurde durch alle Drei nicht mehr eingehalten. Damit erfolgt auch eine Einstufung der Drei als Aggressoren.
Der Westen mit seiner Koalition der Willigen kann nun auch nicht mehr in Anspruch nehmen, dass er eine friedlich demokratische Grundordnung hat. Alle Drei haben einen Angriffskrieg geführt und damit gegen das erklärte Völkerrecht verstoßen.
Mit diesen neuen Tatsachen steht die Welt Kopf. Es wird sich zeigen bei den Politikern, bei den Journalisten, bei der Bevölkerung wie die Welt wieder auf die Beine gestellt werden kann.