Ist von Europa die Rede, langt man schnell bei Themen wie Brexit, Schuldenkrise, Streit um Flüchtlinge und ähnlichen Problemen an. Dabei wird leicht übersehen, worin der eigentliche Reichtum dieses Kontinents besteht: in seiner kulturellen Vielfalt und vor allem den unbegrenzten Reisemöglichkeiten.
Reisen will gelernt sein. Es ist wichtig, herauszufinden, was für einen selbst die richtige Art des Reisens ist. Unsere bestand lange Zeit darin, einfach drauflos zu fahren und zu sehen, was dabei herauskommt. So landeten wir einmal statt in der Bretagne in Cornwall; ein andermal statt in der Provence in Italien. Reisen, wie wir es verstehen, muss immer auch ein Stück Abenteuer sein. Nicht zu wissen, wo man an- und unterkommt, verlangt allerdings gute Nerven. Man kann viele Überraschungen erleben; auch unangenehme. Der Vorteil besteht darin, dass man sich aussuchen kann, wo man bleibt. Reisen bedeutet für uns, sich auf Land und Leute einzulassen. Wir fahren nicht nach Andalusien, um dort Sauerkraut mit Schweinshaxe zu essen. Wir möchten wissen, wie die Leute dort leben; welches ihre Gewohnheiten sind; welcher Kultur sie anhängen. Dazu reist man ja schließlich in andere Länder: um neue Erfahrungen zu machen und seine Sicht der Welt zu erweitern.
Savoir vivre: Frankreich
Es ist der Tag vor Heiligabend. Anfang der siebziger Jahre. Die Weihnachtsvorbereitungen sind getroffen. Alles Notwendige ist eingekauft. Weihnachten kann kommen. Es ist etwa 21 Uhr. Wir sitzen in unserer kleinen Studentenwohnung. Plötzlich wird uns klar – all unsere Bekannten und Freunde sind ausgeflogen. Über Weihnachten zu ihren Familien gefahren. Bei uns will keine rechte Stimmung aufkommen.
Wie nebenbei frage ich, ob wir nicht nach Paris fahren sollten. Ich meine es ernst: wenn, dann sofort. Auf der Stelle. Würde man erst einmal eine Nacht darüber schlafen, fielen einem sicher viele Gründe ein, nicht zu fahren. Gemacht, getan. Wir packen unsere Vorräte ein und fahren gegen 22 Uhr los. Mit unserem alten R 4 – mit Dreigang und der sog. Pistolenschaltung.
Wir kommen am Abend noch bis Saarbrücken, wo wir uns in einem Motel einquartieren. Eine Flasche Rotwein kommt mit aufs Zimmer, als Einschlafhilfe. Am nächsten Tag müssen wir noch zur Bank, da wir nicht genügend Geld dabei haben. Im Saarland aber sind die Banken Heiligabend geschlossen. Wir erfahren, dass die Banken in Rheinland-Pfalz bis mittags geöffnet haben. Also nichts wie los, die Zeit wird knapp. Buchstäblich um fünf vor Zwölf erreichen wir einen Ort mit geöffneter Bank. Das Sparbuch wird geplündert; wir haben unser gesamtes Sparvermögen abgehoben; 320,- DM. Damit lässt sich Paris erobern.
Bester Stimmung fahren wir über die Nationalstraßen Richtung Paris. Ich besitze erst seit vier Wochen einen Führerschein. Als wir endlich Paris erreichen, geraten wir in ein schier unentwirrbares Verkehrsgetümmel. Nur nicht anhalten. Immer weiter fahren. Keine Rücksicht auf das aus allen Richtungen ertönende Gehupe nehmen. Wir suchen ein kleines Hotel in der Rue de Versailles, das uns empfohlen wurde, weil es billig ist. Einziger Anhaltspunkt, den wir haben: immer die Seine entlang Richtung Süden. Wie durch ein Wunder finden wir nach einigem Suchen das Hotel. Beim Betreten ist uns nicht ganz wohl. Kein Personal in Sicht. Irgendwo läuft ein Fernseher. Der erste Eindruck ist nicht sehr ermutigend. Das ändert sich, als es uns schließlich gelingt, ein Zimmer zu buchen. Ohne Frühstück. Wir haben schließlich unsere Vorräte für Weihnachten dabei. Und den obligatorischen Milchkaffee trinkt man sowieso besser in einem Café.
Heiligabend bummeln wir durchs Viertel. Auf einem kleinen Platz spielen Männer unter einer Straßenlaterne Boule. Wir schauen ihnen eine Zeitlang zu. Danach entdecken wir ein Restaurant. Offenbar eine vornehme Adresse. Draußen stapeln sich Kisten mit Austern und anderem Meeresgetier. Ein Herr in Pelzmantel betritt das Lokal. Wir schauen uns an und wissen, was zu tun ist. Auch wir gehen ins Lokal. Nehmen den erstbesten freien Tisch; äußerst skeptisch beäugt vom Personal. Man merkt uns unsere Unsicherheit an; außerdem stimmt unser Outfit nicht. Dennoch lassen wir uns nicht entmutigen. Wir bestellen sechs Austern mit einem Glas Champagner. Der Kellner schaut uns vielsagend an; er wartet auf weitere Aufträge. Er wartet vergeblich; achselzuckend zieht er davon.
Wir genießen unsere Delikatesse und bitten um die Rechnung. Sie beläuft sich auf umgerechnet 60,– DM; etwa ein Fünftel unseres Budgets ist dahin. Aber der Spaß hat sich gelohnt und lässt sich in Geld ohnehin nicht aufwiegen.
Leider geht uns dann am dritten Tag schon das Geld aus. Wir müssen heimkehren. Auf der Rückfahrt – wieder über die Route National – haben wir einen Schaden an der Radaufhängung. Das ganze Auto hängt schief. Wir schaffen es mit großer Mühe nach Hause. Mit Tempo sechzig. Und buchstäblich mit dem letzten Tropfen Benzin. Wir sind uns klar darüber, dass wir ein ungewöhnliches Weihnachten erlebt haben. Es war unser erster gemeinsamer Paris-Aufenthalt.
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Danach waren wir noch einige Male in Paris. Von besonderem Reiz kann es sein, bei der Wahl der Unterkunft jeweils einen neuen Stadtteil zu wählen. Auf diese Weise haben wir den Pariser Westen (Rue de Versailles); Belleville; die Gegend um die Place de la Bastille und das Viertel Montparnasse kennengelernt.
Montparnasse haben wir uns auf unsere Weise erschlossen: natürlich wollten wir einmal über den berühmten Boulevard Montparnasse schlendern, vorbei an den weltberühmten Cafés La Coupole, Closerie des Lilas, Le Dôme oder La Rotonde, in denen einst Künstler wie Picasso, Modigliani, Chagall oder Matisse logierten. Diese damals oft sehr arme Klientel konnte hier stundenlang sitzen, diskutieren, streiten und auch schlafen: die Arme auf den Tisch gestützt, und ohne vom Kellner geweckt zu werden. So war es Usus. Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie die spätere Madame Guggenheim in einem dieser Cafés – bekleidet mit dem geliehenen Hemd und der Hose des Malers Modigliani – die Nacht durchtanzte. Heute wirkt die ganze Szenerie seltsam künstlich. Die Cafés sind mondän restauriert worden. Übervoll mit Touristen. Überall hektisches Treiben. Wie auf dem ganzen Boulevard, der ein gemächliches Flanieren kaum noch zulässt.
Die Attraktionen der Stadt schauen wir uns am liebsten vom Bus aus an. Es empfiehlt sich, eine Buslinie zu wählen, die viele der bekannten Orte abfährt. Mit einer Tageskarte versehen, kann man überall aus- und wieder einsteigen; sieht viel und entgeht dem Lärm und der Hektik. Die Atmosphäre der Stadt erschließt sich einem auf diese Weise jedoch kaum. Zu diesem Zweck muss man tiefer in das Viertel eintauchen: z.B. in die kleinen Nebenstrassen. Hier pulsiert das Leben der Viertel. Viele kleine Geschäfte; Boutiquen; Cafés. Hier trifft man noch am ehesten auf das sozial ungeschminkte Paris: Die Geschäfte mit ihren bunten Auslagen – mit viel Phantasie und Geschmack gestaltet. Vor den Geschäften und in den vielen Cafés und Restaurants sitzen sie, die diskussionsfreudigen Franzosen. Eine Augenweide die Auslagen der Lebensmittelgeschäfte: Obst, Gemüse, Käse, Kuchen, Fisch, Schalen- und Krustentiere, Fleisch- und Wurstwaren. Alles in einer Art dargeboten, dass man kaum daran vorbeigehen kann. Vor allem auch deshalb nicht, weil die Waren oft lautstark von den Händlern angepriesen werden. Und wo schmeckt ein Baguette mit Kochschinken oder Camembert besser als auf einer Parkbank am Rande eines Wochenmarktes in Paris?
Als wir es das erste Mal durch unser Viertel bummeln, hören wir aus einem Lokal Gesang und Akkordeonspiel. Eine junge Frau steht am Tresen; singt ein Chanson von Edith Piaf. Dazu spielt ein Mann mit Baskenmütze und rotem Schal Akkordeon. Die Gäste des Lokals tanzen oder singen mit. Ein buntes Treiben – wie aus einer vergangenen Zeit. Wir schauen einen Moment lang zu; ganz hingerissen von dem, was sich uns darbietet. Die Gesichter der Beteiligten: verzückt vom Wein und Gesang.
Zur Szene gehören auch die vielen Bettler und Obdachlosen. Nach einigen Tagen kennen wir sie schon. Sie haben ihre festen Plätze, wo sie sich mit ihren Hunden niederlassen. Als wir in „unserem“ Café einen Platzregen abwarten, beobachte ich, dass relativ gut gekleidete Passanten stehen bleiben und sich mit ihnen unterhalten. Offenbar Bewohner des Viertels, die ihre Leute kennen. Eine ältere Frau wird immer wieder angesprochen. Ihr kleiner Hund führt eine Art Veitstanz auf; man unterhält sich; feixt sogar, und am Ende gibt es das obligatorische Geldstück. Auch Naturalien werden gegeben: Baguette; etwas Obst; eine Zigarette. An allen Tagen sitzt die Frau wieder an ihrem Platz: mit ihrem roten Hut, ihren Utensilien in Form von Plastiktüten und Umhängen; einem Klappstuhl und dem kleinen Hündchen, das seine Rolle zu kennen scheint. Immer wieder platziert es sich mitten auf dem Trottoir, zwingt die Passanten zum Ausweichen und treibt sie so der Herrin zu. Ein routiniertes Spiel.
Fast täglich führt uns unser erster Gang auf den Friedhof Montparnasse. Die Atmosphäre dieses Friedhofs ist in vieler Hinsicht ungewöhnlich: teilweise pompöse Grabmähler; viele individuell gestaltete Gräber, versehen mit kleinen Symbolen des Andenkens, der Liebe; Gedichte, Briefe, Gegenstände aller Art. Z.B. ein ca. 1,50 m hoher, kunstvoll gestalteter Vogel von Niki de Saint-Phalle; auf dem Grab von Susan Sontag liegen wunderschöne weiße Rosen; auf dem von Samuel Beckett zwei Bananen. Kleine Figuren oder Spielzeuge auf dem von Sartre und de Beauvoir. Viele der Gräber sind mit Bildern versehen. So auch das von Charles Baudelaire, das wir fast übersehen, so unscheinbar ist das Grab – wenn da nicht ein Foto von ihm gewesen wäre.
Wir haben Mühe, uns zu orientieren. Z.B. war das Grab von Susan Sontag auf dem Lageplan noch gar nicht aufgeführt. Wir fragen einen Friedhofsgärtner. Der erinnert sich an „die Amerikanerin“. Lässt seine Arbeit liegen; fährt mit seinem kleinen LKW vor und führt uns direkt zum Grab. Folgender kleiner Dialog ergibt sich: Ja, diese Amerikanerin. Sie war sehr schön. Die Amerikanerinnen sind aber meistens ein bisschen zu dick. Diese war intelligent: Kultur, Literatur, Film, Politik. Und sie war gegen Bush. Übrigens liegt hier noch ein weiterer Amerikaner: Man Ray. Ein Fotograf.
Auf sehr vielen Gräbern sind die Namen mehrerer Generationen aufgeführt. Oft mit dem Hinweis: in Auschwitz ermordet. Immer wieder wird man von dieser jüngsten deutschen Geschichte eingeholt. Nicht nur auf dem Friedhof. Auch in Stadteilen. Vor allem im Marais, dem alten Judenviertel. Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie noch vor wenigen Jahrzehnten die Nazis in dieser Stadt gehaust haben.
Während einer Busfahrt erhaschen wir einen kurzen Blick auf die Rue Mouffetard – den sonntäglichen Markt. Wir steigen spontan aus und gehen zurück zum Markt. Diesen gibt es seit Jahrhunderten (aber inzwischen schon nicht mehr). Er schlängelt sich eine kleine, schmale Straße hinauf. Aus einer Ecke hören wir Akkordeonmusik. Zur Musik tanzen einige Paare, denen selbst der Regen nichts anhaben kann. Viele Passanten stehen um die Tanzenden herum, die auffallend gekleidet sind: die Frauen in langen Röcken und bunten Gewändern; die Männer mit Hüten und großen Mützen nach der Mode der 1920er Jahre.
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Frankreich besuchten wir im Abstand von einigen Jahren immer wieder. Bei einem Besuch im Jahre 1988 waren wir den ganzen Tag gefahren. Da wir in La Rochelle kein Zimmer mehr bekamen, mussten wir wohl oder übel weiterfahren. Wir fuhren die Küste hoch Richtung Norden. Es begann bereits zu dämmern. Irgendwann, an einer Landstraße, entdeckten wir ein Lokal. Nicht sehr vertrauenerweckend, aber besser als nichts. Wir bekamen ein Zimmer, und zu essen gab es auch. Als wir den Essensraum betraten, bot sich uns ein martialisches Bild: lange Tische und Bänke; alles vollbesetzt, bis auf ein Ecktischchen. Die meisten Leute aßen genüsslich-gierig; einige mit den Händen. Wir kamen uns vor wie inmitten eines mittelalterlichen Gelages. Viele der Gäste hatten Arbeitskleidung an.
Als das Lokal sich langsam leerte, begab sich eine Gruppe von Männern in einen Nebenraum mit langgestreckter Theke. Da auch wir noch etwas trinken wollten, gesellten wir uns zu ihnen und bestellten uns einen Wein. Zunächst kümmerte man sich nicht um uns. Nach einiger Zeit jedoch – sei es wegen unseres Stehvermögens, sei es, weil man neugierig wurde – nahm man uns zur Kenntnis. Jetzt bemerkten wir, dass die Männer Champagner tranken. Es handelte sich um eine Gruppe französischer LKW-Fahrer, die hier Zwischenstation machten. Ehe wir es uns versahen, wurden wir in die Champagner-Runden einbezogen: man prostete uns zu, und auch bei den nächsten Runden waren wir dabei. Die Männer hatten noch weite Touren vor sich; einige mussten morgens in Paris sein. Nun fiel uns auf, dass einige von ihnen sich Bündel mit Geldscheinen vor die Brust geschnürt hatten. Es sah recht seltsam aus. Auf unsere Frage, was es damit auf sich habe, wurde uns gesagt, diese seien für die Polizei bestimmt, falls man sie bei Geschwindigkeitsüberschreitungen erwischen würde.
Wir verabschiedeten uns herzlich und wünschten allen eine gute Fahrt. Trotz der Anstrengungen des Tages gelang es uns nur schwer, Schlaf zu finden – immer wieder wurde er unterbrochen vom Lärm anfahrender LKWs.
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Aix en Provence (1971)
Nach der Ankunft und einem ausgedehnten Essen machen wir noch einen Rundgang durch die Stadt. Am nächsten Tag zeigen Freunde uns die Gegend: das Schloss Vauvenargue, wo Picasso lange gelebt und viele der Wände und freien Flächen bemalt hatte. In der Ferne taucht der Berg S. Victoire auf, den Cézanne von allen Seiten und bei jedem Licht gemalt hat. Vom Berg aus schaut man über die weite Landschaft. Ein Meer von Licht und Farben, die sich täglich und oft mehrmals am Tag verändern; soviel Schönheit sollte unvergänglich sein.
Einige Tage später fahren wir weiter nach Arles. Hier hatte Vincent van Gogh einige Zeit gelebt und die Farbkontraste der südfranzösischen Landschaft in seine Bildsprache überführt. Begeistert hatte er an seinen Malerfreund Emile Bernard geschrieben: Das blaue Orange der Sonnenuntergänge lässt das Gelände blau erscheinen. Herrliche gelbe Sonnen. Hier hatte er seinen Traum von einer Renaissance der Kunst aus dem Geiste der Kollektivität geträumt, den er gemeinsam mit Paul Gauguin verwirklichen wollte. Van Gogh war hier zeitweise glücklich gewesen und erlebte gleichwohl auch seine schwersten Niederlagen hier.
Seit wir vor Jahren in Paris vor dessen Bildern gestanden hatten, ließ uns das Schicksal dieses Malers nicht mehr los. Kein Bild hatte er zeitlebens verkauft. In der Öffentlichkeit war er verhöhnt und schließlich in eine Heilanstalt eingewiesen worden, nachdem er mehrere Anfälle erlitten und mehrfach in Ohnmacht gefallen war. Wir fahren in die Heilanstalt Saint-Paul-de-Mausole in Saint-Rémy-en-Provence. Auch während seiner Zeit hier hatte van Gogh unaufhörlich weitergearbeitet; ganz seiner Mission hingegeben; bis zuletzt. Kurz vor seinem Tod schreibt er an seinen Bruder: Sobald ich hier war, habe ich mich wieder an die Arbeit gemacht – der Pinsel ist mir freilich fast aus der Hand gefallen; aber da ich genau wußte, was ich wollte, habe ich trotzdem seither drei große Bilder gemalt. Es sind endlos weite Kornfelder unter trüben Himmeln, und ich habe den Versuch nicht gescheut, Traurigkeit und äußerste Einsamkeit auszudrücken.
Einige Tage später brachte Vincent van Gogh sich um. Seine letzten Worte waren: Die Traurigkeit wird immer bleiben.
Vendée (1976)
Wir kamen am frühen Abend auf einem kleinen Bauernhof an, wo wir uns einquartierten. Man war mitten in der Heuernte. Um nicht tatenlos herumzustehen, beteiligten wir uns mit kleinen Handlangerdiensten an der Arbeit. Wohlwollende Blicke verrieten uns, dass unsere „Hilfe“ willkommen war.
Danach bat man uns zu einem kleinen Umtrunk. Ein selbst gemachter Likörschnaps wurde kredenzt; offenbar eine Kostbarkeit des Hauses, nur für besondere Anlässe vorgesehen. Allmählich nahmen wir Einzelheiten des Raumes auf: alte Bauernmöbel, Geschirrschränke, Truhen – ein rustikales, aber feierliches Ambiente. Danach wurden wir zur Besichtigung des Weinkellers geladen; dieser bestand aus sieben oder acht Fässern, und selbstverständlich gab es eine kleine Weinprobe; auch diese wurde zelebriert. Der einfache Landwein war ausgezeichnet. Immer wieder haben wir auch später die Erfahrung gemacht, dass der Wein in der Gegend, aus der er kommt, am besten schmeckt.
Wir bewohnten einen kleinen, fensterlosen Raum in einem Nebengebäude, wo in früheren Zeiten das Gesinde untergebracht war. Das Zimmer war auf das Einfachste eingerichtet, aber es fehlte uns an nichts. Tagsüber stellten wir den Tisch vor die Tür und genossen die frische Luft. Neben unseren Büchern hatten wir sogar eine alte Schreibmaschine dabei. Ich las viel Balzac und schrieb einen kleinen Prosatext über ihn. Wir blieben vier Wochen auf dem Hof. Es war ein intensiver, erholsamer Aufenthalt, der von Beginn an unter einem guten Stern gestanden hatte.
Da wir uns überwiegend selbst versorgten, hatten wir am Ende sogar noch Geld übrig. Wir beschlossen, noch eine Woche in Paris zu verbringen: im selben Hotel, in dem wir schon Jahre vorher gewohnt hatten. Überall in der Stadt gab es riesige Plakate, die auf die große Max-Ernst-Ausstellung zu dessen 85. Geburtstag hinwiesen. Staunend standen wir vor seinen Bildern und Skulpturen; bis zur Erschöpfung haben wir sie uns angesehen. Wir wussten damals noch nicht viel über Max Ernst; z.B. wussten wir nicht, dass er selbst diese Ausstellung nicht mehr gesehen hat. Während die Plakate seine Ausstellung ankündigten, starb er in unmittelbarer Nähe in seiner Pariser Wohnung.
Anlässlich dieses Paris-Besuchs machten wir uns auf die Suche nach der Wohnung Balzacs. Sie liegt gewissermaßen über den Dächern von Paris, etwa in Höhe des Eifelturms, auf der gegenüberliegenden Seite. Einige winzige Räume; ein ruhiger Garten, viele Fotos und Karikaturen von und über Zeitgenossen. Auch die Druckmaschine befindet sich in den Räumen, die Balzac sich angeschafft hatte, um Druckkosten zu sparen.
Dann sehen wir eine wunderbare deutsche Gesamtausgabe seiner Werke: schätzungsweise vierzig bis fünfzig Bände; Preis: 4.000 Franc. Leider eine Größenordnung, die unser Budget sprengt. Wir werden also weiterhin mit unserer antiquarischen Ausgabe der Menschlichen Komödie vorlieb nehmen.
Bella Italia
Seit vielen Jahren fahren wir in unregelmäßigen Abständen immer einmal wieder nach Italien. Neben der schönen Landschaft und den vielen Sehenswürdigkeiten reizt uns stets aufs Neue die „italienische Lebensweise“: diese gewisse Leichtigkeit, das Unernste, das Spielerische. Ständig scheinen sich die Italiener in einer Art von virtuellem Wettkampf zu befinden. Ob beim Autofahren oder Diskutieren: alles muss ausgereizt werden; gestenreich und meist auch laut. Funktioniert etwas nicht (und in Italien funktioniert vieles nicht), gibt es zunächst einmal ein großes Palaver: der Fall will erst einmal ausführlich analysiert sein; verschiedene Theorien werden durchgespielt. Viel Phantasie ist dabei im Spiel; und stets pro und contra. Es wird abgewiegelt und verharmlost oder auch maßlos übertrieben. Man gewinnt den Eindruck, das Problem ließe sich per Diskussion lösen. Doch bei aller Theatralik, und allem Gestenreichtum zum Trotz: immer schwingt eine gewisse Gelassenheit mit; es ist doch alles nur ein Spiel. Für den Italiener scheint es unfassbar zu sein, dass ein Gast sie nicht versteht. Er selbst scheint von der Kommunikation zu leben. Wir Deutsche müssen ihm vorkommen wie Statuen.
Meine intensivste Erfahrung in dieser Hinsicht machte ich mit unserem Hauswirt Virgilio an einem ganz besonderen Sonntag: In einem Nachbarort fand das Fest der kommunistischen Zeitung Unita statt. Uns wurde erklärt, dass das Fest unter Mitwirkung der Bevölkerung ausgerichtet wird; das sei alter Brauch.
Virgilio und Familie luden uns ein, mit ihnen daran teilzunehmen. Als wir früh im Dorf ankamen, herrschte schon reger Betrieb. Die Frauen waren dabei, den Teig für die Nudeln auszurollen. Alle möglichen Speisen wurden zubereitet. Es war ein Augenschmaus, dem zuzusehen. Plötzlich setzte ein unglaublicher Sturzregen ein. Die Besucher versuchten verzweifelt, sich mit den herumliegenden Exemplaren der Unita vor dem Regen zu schützen. Es half wenig. Wir alle wurden nass bis auf die Haut. Nach etwa einer Viertelstunde kam die Sonne wieder durch. Als sei nichts gewesen, fuhren die Frauen mit ihrer Arbeit fort und das Fest nahm seinen Lauf. Wir aßen und tranken die herrlichsten Sachen. Es wurde viel gelacht, und wir fühlten uns wohl unter den vielen fröhlichen Leuten.
Nachmittags fand eine Sportveranstaltung statt: ein Radrennen und ein Langlauf. Die Söhne Virgilios nahmen an dem Radrennen teil. Um am Start dabei zu sein, mussten wir einige Kilometer fahren. In die Berge. Virgilio und ich fuhren mit seinem Wagen voraus; die Frauen mit unserem Wagen hinterher. Was heißt hinterher: wir hatten sie nach kurzer Zeit abgehängt. Virgilio fuhr die Serpentinen hoch wie ein Formel-Eins-Fahrer. Immer die Kurven anschneidend; mit quietschenden Reifen. Er fuhr mit einer Hand; die andere brauchte er zur Untermalung seines Vortrags: über die Verwendungsmöglichkeiten der Olive. Er merkte, dass ich wenig verstand; immer nur einzelne Brocken wie … oliva … olio … medicina; so ging das sicher eine halbe Stunde lang. Virgilio, angesichts meiner Verstocktheit nahezu verzweifelt, gestikulierte immer heftiger mit der freien Hand; manchmal auch das Steuer loslassend mit beiden Händen. Selten habe ich während einer Autofahrt so geschwitzt. Schließlich kamen wir am Ziel an. Von den Frauen war weit und breit nichts zu sehen. Wir hatten sie buchstäblich vergessen.
Ich jedenfalls werde in Zukunft immer, wenn ich Oliven esse, an Virgilio und seinen so überaus eindrucksvollen Vortrag denken.
Virgilio half uns in vielem. Wir hatten das alte Bauernhaus seiner Eltern gemietet, aber es fehlte ein Fernseher. Das war misslich, denn es fand gerade die Fußballweltmeisterschaft 1982 statt. Eines Abends – es mag schon nach 21 Uhr gewesen sein – hörten wir das Geräusch eines Traktors. Es war Virgilio mit einem Bekannten. Sie brachten uns den ersehnten Fernseher, eine große Matratze fürs Bett und einen kleinen Schreibtisch vorbei. Und als Zugabe noch eine Zwei-Liter-Flasche Rotwein, den es nur hier in der Gegend gab, wie Virgilio uns versicherte.
Schließlich rückte der Tag des Endspiels näher. Unglücklicherweise trafen Italien und Deutschland aufeinander. Virgilio lud uns ein, das Spiel bei sich zu Hause anzusehen. Uns war gar nicht wohl zumute, aber die Einladung ablehnen konnten wir nicht; das hätte er uns übel genommen. Das Wohnzimmer war voller Italiener; darunter einige Frauen, die mindestens so fanatisch waren wie die Männer. Gott sei dank war das Ergebnis eindeutig: Italien gewann verdient, so dass es uns nicht schwerfiel, dies anzuerkennen.
Damit war aber die Situation noch nicht gemeistert: Virgilio lud uns in den Ort ein: zum Eisessen. Unterwegs Autokorsos und italienische Fahnen, wohin man sah. Ein unbeschreiblicher Jubel überall mitten in der Nacht. Die Straßenschilder waren mit den Farben Italiens übermalt. In der Eisdiele bestellte Virgilio uns Eisbecher; Eis in den Farben grün-weiß-rot.
Tage später fuhren wir in den nächst größeren Ort, um Geld abzuheben und einzukaufen – jedoch: beide Banken des Ortes hatten geschlossen. Den Grund erfuhren wir von Virgilio, der ganz in der Nähe ein Juweliergeschäft besaß: beide Banken waren innerhalb weniger Minuten überfallen worden. Auf dem Marktplatz stand eine Gruppe von Männern, die aufgeregt diskutierten; jeder glaubte, irgendetwas gesehen zu haben; mehre Theorien des Vorfalls kursierten; kurzum: es war was los im Ort. Und wir mussten unverrichteter Dinge in unser Domizil zurückkehren. Als wir am nächsten Tag in den Ort kamen, hatten die Banken wieder geöffnet. Alles nahm wieder seinen gewohnten Lauf, aber diskutiert wurde noch lange. Wie wir später hörten, wurden die Täter nie ermittelt.
Einige Monate später wurde Virgilios Juwelierladen ausgeraubt; auch in diesem Fall verschwanden die Täter spurlos. Virgilio habe es gelassen genommen, wurde uns berichtet. Die Versicherung zahlte, und Virgilio konnte endlich seinen Laden modernisieren – so, wie er es lange schon vorgehabt hatte. Das ist Italien: Die Katastrophen haben stets auch ihr Gutes.
Pella am Lago d’Orta (2008)
Wir kannten unseren Zielort bisher nicht. Auch die Gegend nicht. Freunde hatten uns auf ihn aufmerksam gemacht. Ziel unserer Reise war ein 300 Jahre altes Haus in Pella – 50 m vom Lago d’Orta, einem See westlich des berühmten Lago Maggiore. Pella hat ca. 1.500 Einwohner. Der Ort schmiegt sich an den Lago d`Orta, als sei er seit ewigen Zeiten mit ihm verwachsen. Von der Strandpromenade aus sieht man auf der gegenüber liegenden Seite Orta liegen, das kulturelle Zentrum der Gegend. Davor die Isola San Guilio. Im Hintergrund Ortas schaut man auf die Hügel des heiligen Berges Mottarone. Diese Bergkette ist mit alten Herrensitzen, Kirchen und Kapellen reichlich bestückt. Der Westen Pellas wird vom Monte-Rosa-Massiv überragt. Bis zu 4.000 m hoch erstreckt sich das Gebirge bis zu den Alpen hin. Auf den Gipfeln liegt noch Schnee. Pella ist vom Tourismus noch weitgehend verschont. Nur an den Wochenenden und Feiertagen tummeln sich Besucher auf der Promenade.
Mehrfach besuchen wir Orta. Am Ortseingang ein kleiner Markt. Zum Ortskern führt eine enge, kopfsteingepflasterte, alte Straße. In den engen Gassen lässt sich gut flanieren. Uns fallen die kunstvollen Portale mit ihren typischen dreieckigen Architraven auf. Kleine Plätze zieren den Ort, den venezianischen campiellos nachgebildet. Wir besuchen eine Fotoausstellung von Gianni Berengo Gardin, der viele weltberühmte Größen aus Kultur und Politik porträtiert hat: wir erkennen Andy Warhol; Dario Fo; Federico Fellini; Giorgio De Chirico; Luciano Pavarotti und viele andere mehr.
Kleine Boote umkreisen die dem Ort vorgelagerte Isola San Guilio. Sie ist benannt nach dem griechischen Diakon Julius, von dem erzählt wird, dass er einst riesige Schlangen und anderes Getier besiegt haben soll, bevor er im 4. Jahrhundert die nach ihm benannte Basilica errichten ließ. Er selbst liegt in der Krypta der Kirche in einem gläsernen Sarg. Das Gesicht mit einer Goldmaske bedeckt. Ganz klein kommt er uns vor, der große Heilige und überaus friedlich.
Rund um die Isola führt der Weg der Stille. Es ist noch früh. Kaum Touristen unterwegs. Wir notieren uns einige der Sinnsprüche auf den Wegtafeln: Höre der Stille zu. Lausche auf das Wasser, auf den Wind, auf deine Schritte. Die Stille ist die Sprache der Liebe. Stille ist der Frieden des Ich. Stille ist Musik und Harmonie. Stille ist Wahrheit und Gebet. Stille ist der Weg der Meditation.
Pella hat es uns angetan; eine kleine Oase. Stundenlang sitzen wir an der Promenade auf einer Schattenbank. Schauen auf den See hinaus, der sich täglich anders darbietet. Schon morgens früh tauchen die ersten alten Männer auf. Schauen aufs Wasser, als suchten sie ihre verlorene Zeit. Meist kommt eine weißhaarige, alte Dame dazu. Sie wird von allen ehrfürchtig gegrüßt: Signora Elsa. Offenbar der gute Geist von Pella. Freundlich und dezent grüßt sie. Geht die Promenade auf und ab. Und kehrt in ihr Haus zurück.
Der See übt eine eigentümliche Faszination aus. Mal ist es, als würde er einem die eigene Stimmung widerspiegeln. Man kommuniziert mit ihm. Gerät ins Sinnieren. Oder schaut auch nur ganz demütig. Erhaben liegt er da, umgeben von Bergen. Die umliegende Landschaft mutet arkadisch an; und in der Tat ist man an Griechenland erinnert, wo die Berge ebenfalls ins Wasser zu sinken scheinen.
Wie schnell man sich an die örtlichen Institutionen gewöhnt; das Glockenspiel des nahen Stifts: vierstrophig; feierlich und beschwingt-hymnenhaft zugleich; wie eine Mixtur aus Verdi und Mozart. Ab sieben Uhr morgens läuten halbstündig die Kirchenglocken der beiden Kirchen des Ortes: die eine etwas zu früh; die andere ein wenig zu spät. Dazwischen hört man von Ferne die Glocken von San Guilio. Als hätten sie sich abgestimmt. Noch eine Besonderheit: Die halben Stunden werden nicht wie bei uns durch einen Glockenschlag, sondern stets mit der vollen Stundenzahl und einem hellen Gong angekündigt, also: um 12.30 Uhr mit zwölf Glockenschlägen und einem abschließenden kurzen „bing“.
Musik klingt vom Stift herüber; man hört Nonnen singen: ein nicht enden wollendes Halleluja. Kinder von nebenan spielen Flöte. Vivaldi. Eines späten Abends hört man das Klarinetten-Konzert von Mozart – eine seiner letzten Kompositionen; hier hört sich das Adagio des 2. Satzes an, als sei es nicht von dieser Welt.
Noch einmal schauen auf den See der Stille, die Insel und das gegenüber liegende Orta . Unwillkürlich denkt man an Friedrich Nietzsche, diesen so überaus sensiblen Denker. Orta war einer seiner Lieblingsorte; hier war er mit seiner platonischen Liebe Lou Salomé; glückliche Tage soll er hier verlebt haben, bevor die große Lebenskrise ihn heimgesucht hat.
Gegen Mitternacht gehen wir zum letzten Mal auf die Promenade. Matter Mondschein bedeckt den See. Er liegt ruhig da; silberglänzend. Wir kehren in unsere Idylle zurück. Trinken noch ein Gläschen Wein, lauschen der Musik, die von irgendwo hinüberweht und sind uns klar darüber, dass ein ungewöhnlicher Aufenthalt zu Ende ist.
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Toscana (1977)
Bei einem weiteren Italien-Besuch lernten wir auf eine neue Weise den Reiz der italienischen Küche kennen. Da es schon Oktober war, hielten sich in unserer Pension nur noch wenige Gäste auf. Das Wetter war gemischt, und die Badesaison neigte sich dem Ende zu. Auch war die Küste nicht besonders attraktiv. Um uns bei Laune zu halten, lud uns der Hausherr gemeinsam mit einem weiteren deutschen Paar zu einem Abendessen ein. In ein berühmtes Lokal der Gegend. Wir fuhren in ein nahegelegenes Bergdorf namens Sassa; von dort hat man bei guter Sicht einen herrlichen Ausblick über die gesamte Toscana bis hinauf nach Florenz.
Das Lokal hieß La Grotta und befand sich in einem angenehm kühlen Berggewölbe. Hierher kamen Gäste aus einem Umkreis von hundert Kilometern. Spezialität des Hauses: Wildgerichte. Die Einwohner des Ortes hatten das Privileg, das ganze Jahr über zu jagen; daher gab es zu jeder Jahreszeit Wildspeisen. Unser Gastgeber handelte mit der Wirtin unser Menü aus; hin und her ging es. Zwischendurch tauchte unser Mann einige Male auf und machte Anstalten, das Lokal zu verlassen; die Wirtin hinter ihm her. Dann wurde es ruhiger; offenbar hatten sich beide geeinigt. Das ganze Palaver dauerte fast eine Stunde. Unser Gastgeber hatte jeden Gang des umfangreichen Menüs bis ins Details ausgehandelt.
Es gab allein vier verschiedene Sorten Wild; jeweils mit einer eigenen Sauce und besonderen Zutaten. Dann folgte der Käsegang; dazu gab es eine süße Birne und ebenso süßen Wein. Unser Gastgeber nahm zu jedem Bissen einen kleinen Schluck Wein. Wir taten es ihm nach, schließlich kamen noch das obligatorische Eis und der Espresso samt Grappa. Es war ein ungewöhnliches Menü, das sich über Stunden hinzog und zum Besten zählt, was wir je gegessen haben.
Wir haben 20 Jahre später Sassa noch einmal besucht. Oft trügt ja die Erinnerung. Aber Sassa kam uns noch schöner vor als damals. Ein blumengeschmückter Ort, hoch oben auf einem Berg, mit einem Blick über die herrliche Landschaft der Toscana. Wir fanden alles noch so vor wie damals; auch das kleine, von außen ganz unscheinbare Restaurant La Grotta existierte noch.
An einem der Tage besuchten wir Colle di Val d’ Elsa in der Provinz Siena. Ganz in der Nähe von Pomeranze, dem Wohnort Virgilios. Von weither erklang Marschmusik. Als wir näher kamen, bemerkten wir, was es damit auf sich hatte: ein Meer roter Fahnen, angeführt von einer Blaskapelle, näherte sich von der Oberstadt Colle Alta her dem Ort: der jährliche Mai-Umzug, Höhepunkt des Kampftages der Arbeiterklasse. Das bekannte Avanti Popolo war zu hören. Etwas schräg klang es zu uns herüber, die wir den Festumzug von oben auf uns zukommen sahen; viele Ältere waren darunter, in Festkleidung und mit Orden geschmückt. Voller Stolz blickten sie in das Publikum, das ihnen zujubelte. Eine filmreife Szene, wie aus einer anderen Zeit; in gewisser Weise skurril und dennoch ergreifend.
Spanien: Andalusische Impressionen (1998)
Unserem Reiseführer entnehmen wir, dass in der Nähe unseres Aufenthaltsortes der spanische Anarchismus seine Ursprünge hatte. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts war es immer wieder zu Revolten der Landarbeiter gekommen. Wir machen uns auf, einen dieser Orte ausfindig zu machen: Casas Viejas. Hier hatte im Januar 1933 die Guardia Civil die Anführer der Aufständischen und weitere zwölf Männer des Ortes erschossen und deren Häuser in Brand gesetzt. Franco räumte mithilfe seiner Mordgarden aus Nordafrika endgültig mit den Anarchisten auf.
Wir finden in dem Ort keinerlei Hinweise auf diese Geschehnisse. Keine Gedenktafeln. Es erinnert nichts an die Vorgänge. Wir fragen einige Jugendliche. Nichts. Aber deren T-Shirts fallen uns auf. Sie tragen das Bild von Che Guevara und das A im Kreis. Das ist alles. Die Geschichte ist getilgt. Die Sieger haben die Spuren beseitigt.
Aber haben sie auch die Idee besiegt? Der zentrale Begriff des Anarchismus ist dignidad – das bedeutet so viel wie Würde, gegenseitige Achtung, auch Ehre. Wie alle sozialen Bewegungen hatte auch der Anarchismus seine Triebkräfte in der nackten Not der Menschen und ihrem Kampf ums Überleben. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Mag auch der Ort Casas Viejas von der Landkarte verschwunden sein.
Im Reiseführer findet sich die folgende Bemerkung: Glaubt man den Statistiken, dann lebt ein beachtlicher Teil der Andalusier von gar nichts.
Als wir den Ort verlassen, entdecken wir an der Casa Cultura eine Abbildung des Miguel Cervantes und den Beginn des Don Quichote: In einem Dorf von La Mancha, dessen Namen ich mich nicht entsinnen mag … Ja, den Don Quichote kann man vielleicht als den Urvater des Anarchismus bezeichnen: mit seinem Überschuss an Idealismus; seinem Kampf für Ehre und Gerechtigkeit; seiner Art, mit offenem Visier zu kämpfen.
Als wir auf der Straße nach Trafalgar durch eine nahezu menschenleere Landschaft fahren, taucht in den Hügeln die Gestalt des Don Quichote samt seines Knappen Sancho Pansa auf. Eine Erscheinung? Bloß eine Attrappe? Sind sie es leibhaftig? Wer will das wissen?
Griechenland: Arkadien (1994)
Arkadien heißt so viel wie verkarstete Gebirgszüge; es birgt viele Reize: zerklüftete felsig-waldige Berge; steile Hänge; ruinenhafte Steingebilde, die die Phantasie beflügeln. Von unserem Haus aus schauen wir auf den Berg Malevos, ca.2.000 m hoch. Jeden Tag verändert er sein Aussehen; mal hat ihn der Nebel halb verschlungen; dann wieder scheint er ein weißes Dach zu haben; und bei entsprechender Sonneneinstrahlung gleicht er einem Kamel mit einem größeren und drei abgestuften Höckern. Täglich geht unser erster Blick unwillkürlich auf den Berg. Als könne er uns entweichen. Eine schöne Vorstellung wäre es, tagelang über diese Höhen zu wandern, wie es schon die Romantiker taten; ihnen fühlen wir uns hier verbunden. Viele Bewohner weilen nur im Sommer hier oben. Sie sind geprägt von harter Arbeit auf kargen Böden. Überall ziehen sich Ziegenpfade durch die Berglandschaft.
Abends geht es auf den großen Platz des nahegelegenen Ortes. Hier spielt sich das öffentliche Leben ab; diese sog. Platias sind Orte der Muße und der Begegnung; Treffpunkte zum gemeinsamen Essen; der Kommunikation. Der Platz ist rundherum mit Lokalen bestückt. Für die Kinder gibt es reichlich Spielangebote. Das Essen ist ländlich-derb. Es gibt einheimische Produkte; auf raffiniertes Design wird verzichtet. Eine Besonderheit: beim Betreten eines Lokals lädt uns der Wirt ein, in die Küche zu kommen. Wir sollen uns die Speisen selbst zusammenstellen und dem Koch bei der Zubereitung zuschauen; ein höchst sinnliches Vergnügen.
Einige Tage verbringen wir am Meer. Durch die milde Luft und das weiche Wasser fühlt sich alles samtig an. Alle Sinne scheinen zu erwachen oder besser: intensivieren sich; durch das Zusammenwirken von Farben, Gerüchen, Wind und Klängen. Wie selbstverständlich das Schöne sein kann. Selbst die Statuen, die wir besichtigen, wirken lebendig. So gelassen, heiter und gleichmütig kommen sie uns vor. Sie existieren, ohne Aufhebens von sich zu machen. Das nennt man wohl Erhabenheit.
Der Besuch Monemvasias wird zum eigentlichen Höhepunkt unseres Aufenthalts. Der Ort liegt im Südosten des Peloponnes auf einem Halbinsel-Felsen in ca. 300 Meter. Die Stadt verdankt ihren Namen der ungewöhnlichen Lage: moni embasia bedeutet soviel wie „einziger Zugang“. Monemvasia war als Festung ein bedeutender Stützpunkt des byzantinischen Reiches und galt lange Zeit als uneinnehmbar. Man nannte die Stadt das Gibraltar des Ostens. Der Ort besteht aus zwei Teilen: Einer ummauerten, mittelalterlichen Unterstadt, am Abhang des Felsens gelegen; und der Zitadelle (Festung) auf der Höhe des Felsens, die nur über einen schmalen Weg zu erreichen ist.
Wir erreichen Monemvasia am frühen Abend. Noch herrscht reges Leben in den kleinen Gässchen. Sofort spürt man das Geheimnisvolle und Beeindruckende dieses historischen Ortes. Die Häuser sind überwiegend in den Farben des natürlichen Felsgesteins gehalten – also nicht, wie auf den griechischen Inseln üblich, weißgetüncht. Hier dominiert ein warmer Erdton – beige-ocker bis hellbraun. Man könnte sie als Farben Arkadiens bezeichnen.
Die schmalen Gässchen, die den Ort durchziehen und treppenförmig die verschiedenen Höhenlagen miteinander verbinden, lassen keinen Autoverkehr zu. Das bevorzugte Verkehrsmittel ist hier der Eselskarren. Nur diese geduldigen, nützlichen Tiere schaffen die steilen, engen Wege und befördern Lebensmittel, aber auch Baumaterialien bis in die hintersten Winkel.
Monemvasia hatte in den siebziger Jahren kaum noch Einwohner. Alles schien dem Verfall preisgegeben. Dann entwickelten pfiffige Leute ein Konzept für den Wiederaufbau. Und seit den 1980er Jahren wird der Ort sukzessive restauriert. Sponsoren kaufen sich alte Häuser und stellen diese ursprungsgetreu nach strengen baulichen Vorschriften wieder her. Auf diese Weise wurden bereits zwei Drittel der Unterstadt restauriert. Darunter sind architektonische Meisterleistungen, wie wir uns später überzeugen können.
Nach dem Abendessen schlendern wir noch lange durch die Gässchen des Ortes. Wir können uns nicht satt sehen an den vielen Sehenswürdigkeiten. Plötzlich hören wir, vom Meer her, eine Art Sphärenklang. Eine wunderbare, einschmeichelnde Musik; wie eine Mischung aus Eric Satie und Edvard Grieg, untermalt mit griechischer Folklore. Die Musik weht uns förmlich an. Sie kommt von einem abseits gelegenen kleinen Café, von dessen Terrasse aus man aufs Meer blickt. Vom Wasser her ein leichter Luftzug. Dennoch ist die Luft milde. Wir haben Vollmond. Der Meeresspiegel glänzt. Das Licht des Mondes tanzt auf den sanften Wellen. Kurzum: eine Nachtidylle. Stundenlang sitzen wir schweigend. Schauen aufs Meer und wissen gar nicht so recht, ob wir träumen oder wachen. In solchen Momenten überkommt einen eine seltsame Wehmut: man spürt, dass ein derartiges Erlebnis unwiederholbar ist. Wir sitzen noch bis lange nach Mitternacht. Mittlerweile erklingt die überaus einprägsame Musik des griechischen Komponisten Vangelis aus dem Film 1492. Danach leise Opernmelodien. Alles passt atmosphärisch zusammen. In der Ferne sehen wir Leuchtsignale und die Lichter einer Fähre. Bis zur Neige kosten wir dieses nächtliche Schauspiel aus.
England 1966
Es war ein regnerischer Tag, als wir in England ankamen. So wie man sich das Wetter in England vorstellt. Wie immer auf einer Tramptour das gleiche Procedere: man stellt sich an eine Ausfahrtstraße und harrt der Dinge, die da kommen. Ein Wagen hielt. Ein mittelalter, gut gekleideter Mann nahm uns mit. Fragte die üblichen Dinge. Wir kamen ins Gespräch. Diskutierten natürlich über die Fußball-WM, die gerade in England stattfand. Unser Favorit? Nun ja: Brasilien, der amtierende Weltmeister mit dem genialen Pele oder vielleicht Portugal, mit dem zu dieser Zeit wohl besten Spieler der Welt: Eusebio. Der Mann lud uns zum Essen ein und fuhr uns anschließend noch zur örtlichen Jugendherberge. Wir waren verblüfft über diese uns bis dahin unbekannte Hilfsbereitschaft.
Am nächsten Tag hatte es erneut zu regnen begonnen. Mit unseren nassen Klamotten sahen wir nicht sehr vertrauenerweckend aus. Als wir schon ziemlich mutlos waren, hielt plötzlich ein großer, schwerer Wagen neben uns. Am Steuer eine ältere Dame – schätzungsweise um die siebzig. Eine vornehme Dame, wie man sofort sah: bestens gekleidet und frisiert. Die Dame fragte, wohin wir möchten, und als wir uns ziemlich ratlos ansahen, lud sie uns zum Einsteigen ein. Um auf dem Rücksitz platz zu finden, musste ein Abendkleid, ein Mantel und mehrere kleinere Dinge zur Seite geräumt werden. Wie sich herausstellte, befand sie sich auf dem Wege zu einem Musik-Festival in Canterbury. Sie freue sich, uns mitnehmen zu können, da habe sie unterwegs Unterhaltung. So fuhren wir gehobener Stimmung Richtung Canterbury. Dort angekommen, schauten wir uns die berühmte Kathedrale an und orientierten uns neu.
Über mehrere Stationen gelangten wir schließlich nach Bristol, einer nicht überaus attraktiven Stadt. Von hier aus wollten wir weiter südlich, Richtung Meer. Da das Wetter nach wie vor unbeständig blieb, hatten wir es nicht besonders eilig. Bummelten in der Stadt herum und gelangten über eine große Brücke auf eine Ausfahrtstraße Richtung Süden. Hier nahmen wir Aufstellung und mussten gar nicht lange warten, bis ein kleiner Kastenwagen anhielt; eine Familie mit Kindern. Die Familie war auf der Fahr zum Meer. Nach Lyme Regis sollte es gehen. Uns war der Ort unbekannt, aber die Richtung stimmte.
Lyme Regis erwies sich als ein zauberhafter kleiner Fischerort und liegt an der Grenze zwischen Dorset und Devon. Der Ort zählte in früheren Zeiten aufgrund seiner günstigen Lage zu den wichtigsten britischen Häfen. Bekannt wurde Lyme Regis neben seinem Hafen durch die Tatsache, dass man in den dortigen Klippen uralte Fossilien fand – teilweise über 150 Millionen Jahre alt. Dieser Teil des Ortes wurde zum Weltkulturerbe erklärt. Und noch eine Überraschung hielt der Ort bereit: in einem Haus auf dem Summerhill war die sog. Demokratische Schule von A.S. Neill beheimatet. Unter dem Namen Summerhill School wurde sie Ende der sechziger Jahre weltberühmt und zum Vorbild der sog. antiautoritären Pädagogik.
Gleich nach unserer Ankunft suchten wir uns eine preiswerte Unterkunft und fanden sie bei einer Eisenbahner-Familie. Überaus netten und zuvorkommenden Leuten. Wir zahlten für ein geräumiges Zimmer mit Frühstück fast nichts: einige Mark pro Kopf. Allein das stets üppige englische Frühstück war es wert. Der Frau des Hauses gefiel unser stets vorhandener Appetit. Noch heute höre ich diese Breakfast-Rufe, die uns morgens aufschreckten.
Mehrmals luden uns die Leute zum Abendessen ein. Das Ehepaar vertrat unterschiedliche politische Positionen: er war mehr für Labour; sie für die Konservativen. Die Beiden diskutierten ruhig und sachlich über politische Themen, ließen einander ausreden und akzeptierten die Meinung des anderen. So etwas gab es bei uns zu Hause nicht.
Die Fußball-Weltmeisterschaft war in vollem Gange. Die Pubs waren überfüllt, vor allem wenn England spielte. Die Spiele der Deutschen interessierten nicht sehr. Wir ahnten noch nicht, dass der eigentliche Höhepunkt der WM noch bevorstand: das Endspiel England gegen Deutschland. Uns wurde das Pflaster zu heiß. Die überaus nationalbewussten Engländer gerieten in eine wahre Fußball-Euphorie. Wir zogen es vor, einige Tage vor diesem historischen Endspiel nach Hause zu fahren. Und wie gut war es, dass wir das Drama dieses Endspiels nicht in einem englischen Pub haben ansehen müssen – mit diesem bis heute umstrittenen Tor zum 2:3.
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Looe – ein Juwel am Rande Cornwalls (1995)
Wie so oft, wenn wir verreisen, hatten wir kein fixes Reiseziel. Nur so ungefähr. Diesmal sollte es in die Bretagne gehen. Seit vielen Jahren stand dies ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Erste Etappe sollte ein belgisches Seebad sein. An der belgischen Küste angekommen, flohen wir diese sofort wieder: zuviel Beton; zu wenig Küste.
Wir fuhren Richtung Calais weiter. Kurz vor Calais entsann ich mich der 20 Jahre zurück liegenden Tramptour durch Südengland. Ich hatte oft davon erzählt und mich immer wieder gern daran erinnert. Kurz entschlossen polten wir um: auf nach Old England.
Schon von weitem sieht man die weißen Felsen Dovers. Während die Fähre in den kleinen Hafen einfährt und wir unser Auto besteigen, fällt uns plötzlich ein, dass wir ab jetzt links fahren müssen. Wenn das mal gut geht. Es geht gut – besser sogar, als wir dachten. Wir fahren Richtung Westen – immer die Küste entlang. Mondäne Badeorte wie Brighton wechseln mit weniger attraktiven Orten. Die Küste ist furchtbar überlaufen, obwohl noch keine Hochsaison ist. Vieles kommt uns verneppt und kitschig vor. Dort, wo sich die Oberschicht aufhält, gefällt es uns genauso wenig wie an den Orten, denen es an einer gewissen Großzügigkeit fehlt.
Richtung Cornwall geht es weiter. Wir beschließen, uns einen Ort für einen längeren Aufenthalt zu suchen. Wir fahren durch herrliche Landschaften. Das Grün der hügeligen Küstengegend ist sprichwörtlich. Immer mal wieder ist der Blick aufs Meer frei. Wann immer es möglich ist, verlassen wir die Autobahn und fahren über kleine, durch Steinhecken abgegrenzte Straßen weiter nach Westen. Nach einigen Stunden gemächlicher Fahrt, die wir sehr genießen, beschließen wir, aufs Geratewohl den nächsten Küstenort anzufahren. So kommen wir nach Looe: einem kleinen Fischerort keltischen Ursprungs. Er sollte sich als wahrer Glücksgriff erweisen.
Looe besteht aus zwei ursprünglich selbständigen Ortsteilen: West- und East-Looe, die durch eine siebentorige Brücke aus viktorianischer Zeit verbunden werden. Looe verfügt über eine stattliche Fischereiflotte; vom stets betriebsamen Kai aus kann man sie bewundern. Überhaupt ist der Fischereihafen überaus attraktiv. Man kann zusehen, wie die frisch gefangene Ladung verfrachtet wird; wie sie verarbeitet wird; wie die Netze repariert werden; wie ganze Schwärme von Möwen die Boote heimsuchen, um etwas von den Fischabfällen abzubekommen.
Als wir an einem der folgenden Tage wie gewohnt den Kai entlang bummeln, hören wir aus einem nahegelegenen Gebäude – einem nicht sehr einladend wirkenden Lokal – Opernmusik. Eine Arie – gesungen von Maria Calles. Vor dem Lokal sitzt gedankenversunken ein jüngerer Mann auf einem Stuhl und schaut aufs Meer hinaus. Eine filmreife Szene. Wir passieren das Lokal und hören noch weithin die herrliche Musik. Am Abend desselben Tages besuchen wir das Lokal, aus dem am Morgen die Opernklänge kamen. Wir finden noch einen freien Tisch. Der Wirt stammt aus der Bretagne; jetzt glauben wir zu verstehen, weshalb er am Morgen so sehnsüchtig aufs Meer hinausschaute: er blickte Richtung Heimat.
Wir gewöhnen uns an, wie die Engländer nachmittags unseren Tee zu nehmen. Eine Spezialität hier ist der sog. Tea Cream – ein pot of tea mit zwei Hefeklößen, Sahne und Johannisbeergelee. Nicht unbedingt unser Geschmack – aber probieren muss man schon.
Bei einem dieser Rundgänge entdecken wir eine weitere Spezialität der Gegend, die uns wesentlich mehr anspricht: ein halber Lobster (Hummer) mit Sekt.
In der ersten Woche wohnen wir im Barclay House – einem auf einem Hügel vor der Stadt gelegenen Hotel. Wir bewohnen eine Art Suite, d.h. ein Zimmer mit einem großen Erker; mit hohen Fenstern; einem rosafarben überzogenen Himmelbett; einem ebensolchen Samtsofa; zwei großen Sesseln und einem geräumigen Badezimmer. Es war das einzige freie Zimmer im Hotel. Voller Stolz erzählt uns der Inhaber, dass vor kurzem hier eine berühmte deutsche Schauspielerin gewohnt hat und ob wir sie kennen: Christiane Hörbiger.
Land und Leute gefallen uns. Die Engländer, die uns begegnen, sind von einer sprichwörtlichen Höflichkeit und Hilfsbereitschaft. Sie machen nicht viel Worte und keine übertriebenen Gesten – aber sie sind freundlich und zuvorkommend. Fragt man nach dem Weg, wird nicht einfach in eine Richtung gewiesen. Man nimmt sich Zeit und bemüht sich um eine präzise Wegbeschreibung. Auch haben wir erlebt, dass jemand uns ein Stück begleitet hat, wenn es zu schwierig schien, den Weg zu beschreiben. (Diese Erfahrung haben wir des Öfteren gemacht: z.B. in London, als wir verzweifelt den Friedhof Highgate suchten, um das Grab von Karl Marx zu besuchen, der hier begraben liegt. Ein Mann begleitete uns bis ans Grab und schimpfte die ganze Zeit auf die Politik von Margret Thatcher – was ihn uns besonders sympathisch machte).
Portugal: Algarve
Im Verlauf von zwanzig Jahren sind wir viermal an der Algarve gewesen. Bei unserem ersten Besuch 1986 hatten wir in der Nähe von Sao Brás de Alportel – etwa 15 km landeinwärts in der Barracha – ein altes, kleines Bauernhaus gemietet. Für vier Wochen. Als wir mit unserem Mietwagen ankommen, sind wir zunächst ernüchtert. Eine nur spärlich besiedelte Gegend. Wir haben Mühe, unser Domizil zu finden. Als wir es nach einigem Fragen schließlich fanden, wissen wir nicht recht, wie uns geschieht. Das Häuschen ist mit alten (Sperrmüll-) Möbeln gefüllt. Ein Wasserhahn mit einer duscheähnlichen Vorrichtung befindet sich außer Haus. Ebenso das Plumpsklo. Innen kleine, zum Teil fensterlose Zimmerchen mit Bambusdecken über den alten Balken. Nicht überall funktioniert das Licht. Dafür gibt es reichlich Staub und Schmutz. Im Haus ist es angenehm kühl. Nach und nach entdecken wir manch nützliche Einrichtung. Jede Ecke des kleinen Hauses wird genutzt: zur Aufbewahrung von Kochgeräten; Geschirr; Lebensmitteln; Gewürzen; Kerzen usw. Alles ist gut bedacht auf dem engen Raum. Je mehr sich uns der Sinn mancher Vorkehrungen erschließt, desto mehr versöhnen wir uns mit dem zunächst primitiv anmutenden Interieur.
Die Umgebung des Hauses ist mehr als karg. Niedrige Steinmauern durchziehen die brachliegende, verdorrte Landschaft. Kaum zu glauben, dass Menschen hier Landwirtschaft und Obstanbau betrieben haben. Überall verfallene Häuser. Nur wenige im weiten Umkreis sind noch bewohnt.
In den nächsten Tagen zieht es uns immer wieder an die Küste mit ihren feinsandigen Stränden. Wir meiden die bekannten Badeorte wie Albufeira oder Portimao, diese Betonwüsten mit ihren übervölkerten Stränden. In den Sommermonaten übertreffen die Touristen die einheimische Bevölkerung ungefähr um das Dreifache. Wir ziehen es vor, uns Aufenthaltsorte fern dieser Touristenburgen zu suchen. Und man findet deren reichlich, wenn man sich etwas bemüht.
Wie immer in fremden Ländern orientieren wir uns an der heimischen Küche: die vielfältigen Meeresfrüchte, Gemüse und Obst der Gegend bieten reichlich Genußmöglichkeiten. Anregungen holen wir uns bei den seltenen Restaurantbesuchen. So bekommen wir einen Tipp für ein Fischrestaurant, das in der Gegend bekannt ist. Zu den Spezialitäten gehören Langusten. Am Nebentisch sitzt ein älteres Ehepaar; der Mann in einem auffällig bunten Hawai-Hemd; das Gesicht braun-rötlich gefärbt. Sie beherrschen die Landessprache und palavern mit den Wirtsleuten. Wie sich herausstellt: ein Ehepaar aus Hamburg, unschwer am breiten Hamburger Dialekt zu erkennen. Beide haben je eine dieser Langusten bestellt. Wissen jedoch nicht so recht, wie sie sie knacken sollen. Nach einiger Zeit verlässt der Mann das Lokal; geht zu seinem Auto und kommt mit einer Kneifzange zurück. Damit knackt er die Langusten und sagt zu seiner Frau: Für diesen Schietkroam bezahlen wir in Blankenese 200,–; hier nur 50,–
Bei einem Besuch des Hafens von Olhào werden auch wir schwach: wir kaufen uns Hummer. Mit unseren Schätzen fahren wir zurück in unser Domizil. Unterwegs fällt uns ein, dass wir gar nichts von der Zubereitung verstehen. Also fahren wir bei unserem „Stamm-Café“ vorbei. Der Wirt José hat lange in Deutschland gearbeitet und spricht perfekt Deutsch. Wir fragen ihn um Rat. Eigentümlicherweise versteht er das Wort Hummer nicht. Wir gehen mit ihm ans Auto und zeigen ihm unseren Einkauf. Zurück im Lokal fragt er in die Runde, wie man Hummer zubereitet. Im Lokal lauter Männer, die Karten spielen oder auch nur herumsitzen und fernsehen. Auf die Frage von José hin setzt ein großes Palaver ein; die ansonsten eher schweigsamen Portugiesen diskutieren. Einige der Männer telefonieren; offenbar mit ihren Frauen daheim. José gibt die sich teilweise widersprechenden Anregungen zur Würzung und Kochdauer an uns weiter. Mit reichlich Tipps versehen fahren wir zurück. Um uns zusätzlich zu versichern, schlagen wir in einem Wörterbuch Deutsch-Portugiesisch nach. Das Buch stammt aus der DDR. Das Wort Hummer kommt nicht vor. Stattdessen wird an dieser Stelle der Begriff Humanismus erläutert.
Das Café suchen wir immer wieder auf. Ein Grund ist: wir haben einmal wieder eine Fußball-WM; diesmal in Mexiko. Da die Spiele erst spät übertragen werden, fahren wir erst gegen Mitternacht nach Sao Bràs rein, um uns einige Spiele anzuschauen. Das Interesse an Spielen der Deutschen ist gering. Kaum jemand schaut hin. Zurecht. Die Deutschen spielen mal wieder grottenschlecht; mogeln sich aber bis ins Endspiel durch. Das Spiel der Spiele war dann England gegen Argentinien. Diego Maradonna ist der Spieler des Turniers. Zunächst erzielt er das berühmte Tor mit der Hand Gottes. Und dann startet er aus der argentinischen Hälfte heraus zu einem Alleingang durch die englischen Reihen, umspielt noch den Torwart und schießt ein wahres Jahrhundert-Tor. Argentinien wird zurecht Weltmeister. Deutschland wird Zweiter – mit nur einem wirklich guten Spiel: dem 2:0 gegen den amtierenden Europameister Frankreich.
Wegen der großen Hitze in diesem Sommer verbringen wir viel Zeit auf unserer Terrasse. Lesen und hören Musik. U.a. den unvergesslichen Wladimir Horowitz. Erst vor kurzem hatte er seine letzten Konzerte gegeben. Wir hören andächtig und ehrfürchtig seine Interpretation der Loci 23 und 33 von Domenico Scarlatti sowie die Kreisleriana von Robert Schumann; unvergleichlich die Art, wie Horowitz sie spielt; die Tempi vom zartesten, einschmeichelnden Dahinwehen bis zum geradezu brutalen Hämmern auf den Tasten. Ergreifend und erregend – immer wieder von Neuem.
Des Öfteren brechen wir zu kleineren Touren in die Berge oder ins Landesinnere auf: um zu fotografieren oder einfach nur den Ausblick zu genießen. Das Fotografieren sensibilisiert die Sehgewohnheiten. Man achtet stärker auf Details. Nimmt differenzierter wahr. Krass sind die sozialen Unterschiede. Große Armut einerseits – insbesondere auf dem flachen Lande. Hier sieht man noch oft ältere Männer mit einem Eselskarren umherziehen, die etwas Reisig aufgelesen haben für kältere Zeiten. Oder schwarz gekleidete, von schwerer Arbeit krumm gebeugte ältere Frauen mit ihren Körben, in denen sie Gemüse oder Obst befördern. Die Arbeitslosigkeit ist auch zwölf Jahre nach der Nelkenrevolution immer noch hoch. Die Menschen altern früh; viele sind vom Hunger gezeichnet. In krassem Gegensatz dazu der üppig zur Schau gestellte Reichtum in den Villengegenden der Städte. Z.T. handelt es sich um alte Villen aus der Kolonialzeit; die Eingänge „verziert“ mit kitschig anmutenden Statuen; meist eingerahmt von Palmen oder Kakteen. Statussymbole.
Wir bedauern, mit den Einheimischen nicht reden zu können. Die portugiesische Sprache kommt uns wie eine „Geheimsprache“ vor. Vielleicht ein Produkt der langen Zeit der Diktatur. Die Sprache scheint wie nach innen gerichtet zu sein; als würde sie nicht der Mitteilung dienen, sondern dem Monolog. Wie ein Gemurmel klingt es oder wie ein ausgedehntes Gebet. Der Klang ist monoton; es scheint unschicklich zu sein, direkte Fragen zu stellen; man sichert sich ab. Das alles weist auf eine Kommunikationskultur hin, die von großer Vorsicht und Zurückhaltung geprägt ist. Signum einer lange währenden Unterdrückung offener Meinungsäußerungen.
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Es vergingen fünfzehn Jahre, bis wir erneut Portugal besuchten. Vieles hatte sich geändert: die Eselskarren waren aus dem Alltag nahezu verschwunden. Eine neue Autobahn durchkreuzte die gesamte Algarve. Die beim ersten Besuch stets übervolle N 126 kommt uns vor wie eine Nebenstrasse. Vieles erkennen wir nicht wieder. Von unserem jetzigen Urlaubsort aus machen wir einen Abstecher nach Sao Bràs, finden unser Café aber nicht mehr. Der ganze Ort ist uns fremd. Auch das Haus, in dem wir damals gewohnt haben, finden wir nicht. Die ganze Gegend ist verbaut. Überall Bungalows und Ferienwohnungen. Wir müssen uns neu orientieren. Wir suchen uns einen kleinen Badestrand, der noch nicht so überlaufen ist. Wir finden ihn in Benagil; eingebettet und gut abgeschirmt in den für die Küste typischen Felsformationen – diesen bizarren, monumentalen Gebilden, die mittlerweile zum Weltkulturerbe zählen. Diese zerfurchte, 20 bis 50 m hohe Steilküste bietet malerische Formationen aus gelbem und rötlich-braunen Kalk- und Sandsteinfelsen; immer wieder unterbrochen von kleinen Buchten, die oft nur mühsam zu erreichen sind.
Am Strand meist portugiesische Familien – kaum Touristen. Nach einigen Besuchen kennt man sich. Am Rande trifft man auf ältere Fischer, die Netze reparieren und ankommende Fischerboote empfangen. Die Boote werden mit Schwung auf den Strand gefahren und dann an Land gezogen. Schaut man sich die Ausbeute an: es ist wenig, was da gefangen wird. Dennoch lassen sich die Fischer gern mit ihrer „Beute“ fotografieren – besonders, wenn ansehnliche Fische darunter sind. Sie fühlen sich wahrgenommen und anerkannt.
Wir erinnerten uns, dass wir vor fünfzehn Jahren herrliche Ausblicke von den Bergen aufs Meer hatten. Diesmal wollten wir die Serra de Monchique mit ihrem höchsten Punkt, dem Pico da Foia (902 m) besuchen. Als wir oben ankommen, ist es neblig. Wir sind viel zu früh; auch bitterkalt und stürmisch ist es hier oben. Was aber viel schlimmer ist: überall sehen wir noch die Spuren der verheerenden Waldbrände vom letzten Jahr. Später erzählt uns der Wirt eines nahegelegenen Lokals, dass hier in der Nähe Menschen umgekommen sind. Sie konnten den Flammen nicht entkommen. Ein bedrückendes Gefühl, die Spuren der Zerstörung noch so deutlich wahrnehmen zu können.
An einem der nächsten Tage fahren wir nach Sagres und von dort zum Cabo de Sào Vicente, dem südwestlichsten Zipfel Europas. Früher glaubte man, hier sei das Ende der Welt. Beeindruckend auch hier die steilen Felswände. Hin und wieder sieht man Angler, die sich allen Gefahren zum Trotz mutig in die Felsklippen vorwagen. In einem der Gebäude gibt es eine Ausstellung, die zeigt, unter welch schwierigen Bedingungen die Angler früher ihrem Gewerbe nachgingen. Viele von ihnen sind dabei ums Leben gekommen. Aber an Attraktion hat das Angeln von den Felsen herab offensichtlich nicht verloren.
Auch während dieses Aufenthalts bewohnen wir ein altes Bauernhaus, das aber wesentlich komfortabler ist als unser erstes Domizil vor fünfzehn Jahren. Das Haus liegt auf einem Hügel, dem Monte da Rafoia, was so viel heißt wie: Haus auf dem Berg, um das die Winde gehen. Von hier aus hat man einen guten Blick über die Landschaft im gesamten Umkreis.
Zwischen den Villen liegen vereinzelt noch kleine Bauernhöfe und Anwesen der letzten Einheimischen, die man noch nicht vertrieben hat. Abends erwachen diese kleinen Oasen zum Leben. Man hört die Leute lachen; ab und zu Musik; vor allem aber die Hunde der Gegend, die die ganze Nacht hindurch bellen. Morgens vernimmt man vereinzelt Eselslaute; oder auch Hahnengekrähe. Letzte Zeugen einer vergangenen Zeit. Es wird einem wehmütig ums Herz, wenn man sich vorstellt, dass diese Welt verschwindet und an deren Stelle diese neu-maurischen Kunstvillen entstehen; die mit ihren verschwenderischen Pools mitverantwortlich für die Wasserknappheit in der Gegend sind. Mit diesen Gegensätzen muss man hier leben. Nur wenn es einem gelingt, seine „ureigene Algarve“ zu entdecken und sich vom hektischen Treiben der Küstenorte fernzuhalten – dann bietet das Land immer noch den Charme einer einzigartigen Naturlandschaft.
Amsterdam 1970
Unsere erste gemeinsame Urlaubsreise. Mit dem Zug nach Amsterdam. Unterwegs die erste Aufregung: der Personal-Ausweis ist abgelaufen. Hoffentlich werden wir an der Grenze nicht kontrolliert. Wir werden nicht. Große Erleichterung.
Am Hauptbahnhof in Amsterdam angekommen, wissen wir nicht wohin. Wir haben keine Unterkunft. Es ist schwül-heiß. Vor dem Bahnhof schauen wir uns etwas ratlos um. Unsere Ratlosigkeit scheint bemerkt worden zu sein. Ein Mann mittleren Alters spricht uns an. Auf Deutsch. Suchen Sie ein Zimmer? Er bittet uns, in sein Auto einzusteigen. Wir fahren in den Osten Amsterdams.
Wir wohnen bei einer vierköpfigen Familie in einem alten Industrieviertel. Am nächsten Morgen fragt uns der Mann, ob wir Lust hätten, mit ihm herumzufahren. Er würde uns gern mehr von Amsterdam zeigen. So geschieht es. Mit seinem Auto kutschiert er uns durch die Stadt. Am nächsten Tag das gleiche. Der Radius erweitert sich; mit der Zeit lernen wir so große Teile Hollands kennen. Wie sich herausstellt, arbeitet unser Gastgeber bei der niederländischen Eisenbahn. In der Nachtschicht. Morgens schläft er ein oder zwei Stunden. Und dann hat er Lust, uns das Land zu zeigen. Mit der Zeit freunden wir uns mit der Familie und werden mehrmals zum Essen eingeladen – was unserem schmalen Budget gut tut.
Als wir viele Jahre später noch einmal nach Amsterdam kommen, finden wir das Viertel, in dem wir gewohnt haben, völlig verändert vor. Alles ist saniert worden; viele Häuser wurden abgerissen. Unsere Familie treffen wir nicht mehr an. So bleibt nur die Erinnerung an unseren ersten Urlaub und die vielen Rundfahrten kreuz und quer durch Holland – einem Land, das wir auch später immer wieder gern besucht haben.
Osteuropa
Wie sehr sich Europa verändert hat, wird einem erst so richtig klar, wenn man sich an Reisen hinter den Eisernen Vorhang erinnert.
Im Frühjahr 1968 besuchte ich mit einer Schulklasse Prag. Es war die Zeit des sog. Prager Frühlings. Man spürte die Aufbruchstimmung im Land. Auf dem Wenzelsplatz in der Mitte Prags herrschte reges Treiben. Die Atmosphäre unterschied sich kaum von der einer westeuropäischen Großstadt; allerdings sehr von der eher tristen Ostberlins. Kaum vorstellbar war, dass einige Monate später Truppen des Warschauer Pakts diesem so hoffnungsfroh gestarteten sozialistischen Experiments ein Ende bereiten würden. Ich habe mir oft vorgestellt, wie der historische Prozess weitergegangen wäre, wenn das Experiment eines Sozialismus mit menschlichem Antlitz erfolgreich gewesen wäre.
Eine ähnliche Stimmung erlebten wir 1981 in Warschau. Die Solidarnocs-Bewegung war in vollem Gange. Mit einer Gruppe von Gewerkschaftern besuchten wir das Hauptquartier, übergaben einen Spendenbeitrag und ließen uns über den Stand der Dinge berichten. Man spürte, dass sich die politischen Verhältnisse, zumindest in Polen, in den nächsten Jahren verändern würden. Die Bewegung zählte nach Hundertausenden und war im Bündnis mit der sehr einflussreichen katholischen Kirche nicht zu ignorieren. Wie genau es weitergehen würde, war zu dem Zeitpunkt unseres Besuches jedoch noch völlig unklar. Vor allem stand die Frage im Raum, ob es ähnlich wie 1968 in Prag eine Intervention der Sowjetunion und ihrer Verbündeten geben würde. Diese Unsicherheit schwebte über allem.
In Erinnerung geblieben ist mir vor allem der Besuch im Warschauer Ghetto, jener Stätte, an der später Willy Brandt seinen berühmten Kniefall machen würde. Seiner Ostpolitik war es schließlich zu verdanken, dass es zu diesem Zeitpunkt überhaupt die Hoffnung gab, dass in Zukunft zumindest ein friedliches Zusammenleben in Europa möglich sein würde. Das war in der Zeit des Kalten Krieges schon eine ganze Menge, und man tut gut daran, sich dieser Zeiten zu erinnern; z.B. auch der unsäglichen Grenzkontrollen. Auf der Fahrt nach Warschau standen wir insgesamt fünf Stunden an den beiden Grenzübergängen der DDR. Es war die pure Schikane; gerade so, als wolle man uns an der Fahrt nach Warschau hindern. Überhaupt – und das gilt für alle Grenzen: stets hatte man ein mulmiges Gefühl; als würde man etwas Unrechtes tun. Wie gut, dass diese Zeiten in Europa vorüber sind; hoffentlich für immer!
Bildquelle: flickr, Allie_Caulfield, CC BY 2.0
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