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EU-Trinkwasser-Richtlinie: „Trinkwasser und Informationen darüber sollen noch besser und überall verfügbar sein“

Siegfried Gendries Von Siegfried Gendries
24. Oktober 2018
Trinkwasser

Das Europäische Parlament hat gestern (23.10.2018) über den Berichtsentwurf zur Revision der EU-Trinkwasserrichtlinie abgestimmt. Mit der längst überfälligen Novelle soll der Zugang zu Trinkwasser und dessen Qualität in ganz Europa deutlich verbessert werden. Die Verbesserung betrifft auch den Zugang zu Trinkwasserinformationen für Verbraucher. Damit positioniert sich das EU-Parlament zum Vorschlag der EU-Kommission vom 1.2.2018. Nicht alle Erwartungen wurden erfüllt, wie die Kommentierung aus den Verbänden und Fraktionen im EU-Parlament dokumentiert.

Die EU-Trinkwasserrichtlinie (98/83/EG) ist seit 20 Jahren in Kraft und wurde seither keiner größeren Neufassung unterzogen, auch weil man die osteuropäischen Beitrittsstaaten nicht überfordern wollte. Das Ziel der Überarbeitung besteht laut EU nunmehr darin, „die Qualitätsnormen für Trinkwasser mit den neuesten wissenschaftlichen Daten in Einklang zu bringen und den Rechtsrahmen anzupassen, um neuen Herausforderungen wie dem Klimawandel und dem Übergang zur Kreislaufwirtschaft besser gerecht zu werden.“ Besonders starker Druck auf die EU wurde durch die Initiative Right2Water ausgelöst, der ersten Europäischen Bürgerinitiative. Begründet worden war sie zwar als Antwort auf die Überlegungen der EU zur Vergabe von Wasserkonzessionen und der damit vermeintlich ausgelösten Privatisierungswelle, die EU-Kommission nahm den Ball aber dankbar auf und stieß mit Right2Water die längst überfällige Novellierung der Trinkwasserrichtlinie an.

Qualitätsbewertung von TrinkwasserIn Deutschland herrscht „höchste Zufriedenheit mit der Qualität von Trinkwasser, dem Preis und dem Kundenservice der Versorger. Wie in den Vorjahren kann die VKU-Langzeitstudie „Qualität und Image von Trinkwasser in Deutschland (TWIS)“ das hohe Vertrauen der Verbraucher in die Qualität und die Kontrolle des Trinkwassers sowie gute Noten für die Services der Wasserversorger eindrucksvoll belegen.“ Diese Ergebnisse des beauftragten Marktforschungsunternehmen IESKfinden sich auch in anderen Studien so wieder.

Mehr Trinkwasser aus dem Hahn und Verzicht auf Plastikflaschen

Mit der Revision der EU-Trinkwasserrichtlinie sollen Bürger auch dazu angeregt werden, überall in der EU verstärkt Trinkwasser aus dem Hahn zu nutzen und damit bestenfalls auf abgefülltes Wasser in Plastikflaschen zu verzichten und somit Plastikmüll zu reduzieren.

Das Parlement beschloss, die „Mitgliedstaaten sollten den allgemeinen Zugang zu sauberem Wasser in der Europäischen Union fördern und Zugang zu Wasser in Städten und öffentlichen Einrichtungen verbessern, und zwar durch die Einrichtung von frei zugänglichen Trinkbrunnen, soweit dies technisch möglich und verhältnismäßig ist.“ Die Abgeordneten plädieren auch dafür, dass Leitungswasser kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr in Restaurants, Kantinen und bei Catering-Dienstleistungen bereitgestellt wird. In vielen deutschen Städten wird dies schon praktiziert: Wasserversorger betreiben öffentliche Brunnen, in Schulen und öffentlichen Gebäuden nehmen Wasserspender zu (zumeist in Kooperation mit den Versorgern), die Wassernachbarschaften aus Berlin („Mariannenkiez“) und die Refill-Kampagne ziehen erfolgreich durch Deutschland. Nachahmer werden sich jetzt aufgerufen führen, den guten Beispielen zu folgen. Zumal in Blindverkostungen das Leitungswasser immer besser als das Flaschenwasser abschneidet.

Recht auf Wasser (Right2Water)

Trinkwasserverbrauch in Europa
Deutschland Wassersparmeister in Europa? Stimmt nicht! Q: EU Parlament

Wie bereits in ihrer Entschließung zur Bürgerinitiative Right2Water fordern die Europaabgeordneten, dass sich die Mitgliedstaaten auf die Bedürfnisse benachteiligter Bevölkerungsgruppen konzentrieren. Vor allem Menschen ohne oder nur mit begrenztem Zugang zu Wasser sollten identifiziert und besser mit Wasser versorgt werden. Die EU-Mitgliedstaaten sollten diese Menschen besser über einen Anschluss an die Wasserversorgung informieren oder ihnen alternative Möglichkeiten bieten.

Trinkwasser wird noch sicherer – als andere Lebensmittel

Bei späterer Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht muss das Trinkwasser noch gründlicher kontrolliert werden. Weitere 18 Stoffe werden dann durch Qualitätskontrollen erfasst. Schon heute sieht die deutsche Trinkwasserverordnung, die erst Anfang 2018 novelliert worden war, über 50 Stoffe vor. Zukünftig kommen pathogene Viren,  natürlich vorkommende, aber gleichwohl schädliche Stoffe wie Uran oder Mikrozystine, Chlorat, Halogenessigsäure und Bisphenol A hinzu. Damit Trinkwasser nicht auf den letzten Metern vor dem Wasserhahn beeinträchtigt wird, sollen auch Belastungen aus alten Rohren erfasst werden. Zudem sollen die Bauvorschriften für die Einschränkung von Stoffen die in neuen Armaturen und Leitungen sein dürfen, angepasst werden. Die Maßnahmen zielen auf eine Reduzierung der Gesundheitsrisiken auf weniger als ein Prozent ab – heute sind es noch vier. Schon jetzt ist Wasser das am besten kontrollierte Lebensmittel, zukünftig dürfte der Abstand zu anderen Lebensmitteln und deren steigenden Risiken noch größer werden.

Informationsrechte der Kunden gestärkt – transparente Trinkwasserqualität

Informationen betroffener Verbraucher über die potenzielle Gefährdung ihrer Gesundheit und deren Ursache sollten zielgerichtet erfolgen. Sie sollen für diejenigen Fälle vorgesehen sein, die tatsächlich eine potenzielle Gesundheitsgefährdung darstellen können. So sieht es der Änderungsvorschlag des Parlaments vor. Auch die Kommission hatte schon die Transparenz im Blick, allerdings wollte sie neben den Qualitätsinformationen auch Einblicke in die Preiskalkulationen gewähren. Das hat das Parlament abgelehnt.

Die Menschen benötigen zeitnah verfügbare und verständlich aufbereitete Informationen über ihr Trinkwasser. Nur so kann das Vertrauen der Bevölkerung in die Qualität ihres Trinkwassers gestärkt werden. Unsicherheit erzeugt Misstrauen,  und überzogene Reaktionen in Krisensituationen. Das dürfte viele Wasserversorger in Europa, aber auch in Deutschland, Anlass geben, ihre Kunden- und Verbraucherkommunikation im Internet zu überarbeiten. Denn wer heute als Verbraucher Informationen über seine Trinkwasserqualität oder gar zu Störfällen erhalten möchten, wird nicht immer bei seinem Wasserversorger fündig (auch wenn für Letzteres zumeist das Gesundheitsamt zuständig ist). Das soll sich in Zukunft ändern. EU-Kommission und Parlament wollen schnellere und verständliche Informationen über die Trinkwasserqualität für die Verbraucher. Diesem Vorschlag wird sich auch Ministerrat letztendlich nicht verschliessen und damit die gestärkte Verbraucherinformation über Wasser wohl auch letztendlich Eingang in deutsches Recht finden.

Informieren, Leckagen aufspüren, um Ressource zu schützen

Das EU-Parlament hat erkannt, dass eine „ineffiziente Nutzung von Wasserressourcen, insbesondere im Zusammenhang mit Leckagen in der Wasserversorgungsinfrastruktur, zu einer übermäßigen Ausbeutung der knappen Wasserressourcen für den menschlichen Gebrauch führt.“ Dadurch würde die Zielerreichung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie beeinträchtigt. Daher solle ein Anreiz „für den schnellen Austausch von Daten geboten werden. Neue Technologien können diese Dynamik bei geringen oder jedenfalls vertretbaren Kosten fördern, wobei das Ziel letztlich darin besteht, die Endnutzer – und zwar sowohl Bürger als auch Interessenträger – besser zu informieren und die Dynamik zwischen den Versorgungsunternehmen zu verbessern. Der Datenaustausch sollte zusätzlich dazu beitragen, Verschwendung zu verringern oder so weit wie möglich in einem vertretbaren Rahmen zu halten.“ Damit sollen die europaweit ansteigenden Wasserverluste in Folge defekter Leitungsrohre mittels Leckagewarnsystemen reduziert werden. Dies mag als Türöffner zu den intelligenten Wasserzählern und smarten Messgeräten in europäischen Haushalten verstanden werden.

Nächste Schritte

Der Bericht wurde mit 300 zu 98 Stimmen angenommen, bei 274 Enthaltungen. Das Parlament wird Verhandlungen über die endgültige Fassung des Gesetzes mit dem Rat aufnehmen, sobald die EU-Minister im Ministerrat ihren eigenen Standpunkt zu diesem Thema festgelegt haben. Die dann beschlossene EU-Richtlinie muss dann innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.

Man wird gespannt sein, wie die Umweltminister sich im Ministerrat entscheiden werden und welche Position die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze einnehmen wird. Im 1. Nationalen Wasserforum in Berlin, in der vergangenen Woche, hat sie als Auftakt zu einer nationalen Wasserstrategie zur Zusammenarbeit beim Schutz der Ressource und ein klares Bekenntnis zum „Wert und der Schutzbedürftigkeit des Wassers“ abgegeben.

Weiterführendes

  • SITZUNGSDOKUMENT Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Berichterstatter: Michel Dantin)
  • Briefing Papier der EU
  • Infografik: Trinkwasser in der EU: Bessere Qualität, besserer Zugang http://ots.de/jCyG7U
  • Stand des Gesetzgebungsverfahrens (EN) http://ots.de/BkzDPRBerichterstatter Michel Dantin (EVP, FR) http://ots.de/uIzYtJ
  • Auf einen Blick: Überarbeitung der Trinkwasser-Richtlinie (PDF) http://ots.de/5hxpKn
  • Briefing: Überarbeitung der Trinkwasser-Richtlinie (PDF, EN) http://ots.de/VCux6R
  • Pressemitteilung der Kommission: Sauberes Trinkwasser für alleEuropäer (01.02.2018) http://ots.de/40yFUH
  • Committee report tabled for plenary, 1st reading/single reading
  • Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A8-0288/2018

 

Originalveröffenlichung am 24.10.2018 auf Lebensraum Wasser

Bildquelle Titel: pixabay, moritz320, CC0 Creative Commons

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Tags: EUEuropa-ParlamentEuropäische WasserrahmenrichtlinieQualitätTransparenzTrinkwasserqualitätTrinkwassserVerbraucherschutzWasser
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