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Flüchtlinge und Ausländer im Zentrum der AfD-Agitation – Ein Buch über die Rechtspopulisten in allen deutschen Parlamenten

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
31. Januar 2019
Buchtitel Rechtspopulisten in den Parlamenten

Mit Empörung allein wird man der AfD nicht beikommen. Man muss sich schon mehr mit ihr befassen und diese Partei in ihrer Zerrissenheit und Fragwürdigkeit darstellen und ihre Inhalte zerlegen. Anders als ihre populistischen rechten Vorläufer wie Republikaner, Scholl-Partei oder die NPD sitzt die AfD mittlerweile in allen deutschen Parlamenten, in den Landtagen und im Bundestag in Berlin. Und nichts deutet daraufhin, dass es sich dabei nur um eine Episode handeln könnte. Vielmehr muss man damit rechnen, dass diese Rechtsaußenpartei, die das Nationalistische, das Völkische, das Rassistische, das Fremdenfeindliche, das Antisemitische bedient, sich auf längere Zeit in den politischen Parlamenten festgesetzt hat. Wie das ja auch in anderen Ländern Europas geschehen ist.  Das macht eine erste Analyse von Christoph Butterwegge, Gudrun Hentges und Gerd Wiegel über die „Rechtspopulisten im Parlament- Polemik, Agitation und Propaganda der AfD“ deutlich.

Bisher war es keiner Partei aus dem extrem-rechten Spektrum gelungen, sich eine solche Bühne für ihre völkisch-nationalistischen Themen zu verschaffen, von der aus sie die politische und gesellschaftliche Diskussion in Deutschland beeinflussen kann.  Und dass die AfD dieses Klima mit beeinflusst, steht außer Frage. Sie hat es sogar geschafft, dass die anderen Parteien, allen voran die CDU, CSU und die SPD ihr auf den Leim gegangen sind, indem sie ihre eigenen Themen vernachlässigt haben und wie die AfD fast alles unter dem Gesichtspunkt der Flüchtlinge und Ausländer sehen. Man denke nur an Bundesinnenminister Horst Seehofer, als er noch CSU-Parteichef war und das Flüchtlingsthema zur Mutter aller Probleme erklärte, sich mit der Kanzlerin zerstritt und die Koalition auffliegen lassen wollte. Ganz im Sinne der AfD.

Beinahe alle Themen im politischen Bereich werden in den Landtagen und im Bundestag von der AfD mit der Problematik der Flüchtlinge und des Asyls verknüpft, die Wohnungssuche wie die Arbeitslosigkeit, die sozialen Sicherungssysteme wie die Kriminalität. Deutschland den Deutschen, das ist ihr Traum. Und damit ist die Schuldfrage für die AfD geklärt, es sind die Flüchtlinge. Man spielt die Ärmsten, also die Hartz-IV-Bezieher gegen die Flüchtlinge aus muslimischen Ländern aus und erweckt den Eindruck, dass die Ausländer den Inländern das Geld wegnähmen, wie die billige Wohnung, den Job. Und die Muslime versuchen sie gegen die Juden auszuspielen, was ihnen bisher nicht gelungen ist.

Man nehme das jüngste Beispiel aus München, als die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde von München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, der AfD und ihren Funktionären die Leviten las. Bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Bayerischen Landtag hatte sie u.a. gesagt: „Diese sogenannte Alternative für Deutschland gründet ihre Politik auf Hass und Ausgrenzung und steht nicht nur für mich nicht auf dem Boden unserer demokratischen Verfassung.“ Daraufhin verließen AfD-Abgeordnete den Plenarsaal. Nach ihrer Attacke gegen die AfD  wurde Charlotte Knobloch in den sozialen Medien wüst beschimpft und bedroht. Die Fraktion-Vize der AfD im Bundestag, Alice Weidel, twitterte: „Muttis beste Freundin Charlotte Knobloch hat sich wirklich entblödet, im Bayerischen Landtag eine Gedenkveranstaltung für geschmacklose Parteipolitik zu missbrauchen. Wie tief muss man sinken?“ fragte Weidel- aber nicht an die eigene Adresse, sondern an die von Frau Knobloch, eine der wenigen Überlebenden des Holocaust. Man sieht, das Thema AfD und Antisemitismus entwickelt sich, Christoph Butterwegge könnte diese Passagen in seinem Buch ergänzen.

Beschämende Agitation

Vieles, was die AfD und ihre Leute von sich geben, ist beschämend, ist Agitation, Polemik, fremdenfeindlich, aber dieser Kurs verfängt nun mal bei einem nicht unerheblichen Teil der deutschen Wählerschaft. Man vergesse nicht, dass laut einer Sinus-Studie, die Anfang der 80er Jahre veröffentlicht worden war, 15 Prozent der Deutschen als empfänglich für rechtsradikales Gedankengut gelten. Das liegt etwas über dem Wahl-Wert der AfD bei der letzten Bundestagswahl. Wie anders sind  die Gewinne dieser Partei in allen deutschen Landen sonst möglich?!

Flucht und Asyl, das ist der Punkt, um den sich alles dreht, die Migration wird zum Kardinalproblem der Republik erhoben. Abschottung sei das Gebot der Stunde und Abschiebung müsse konsequent durchgeführt werden, um „illegale Grenzverletzter unbekannter Herkunft“ wieder loszuwerden. Auch die Kriminalität wird unter dem oben genannten Groß-Thema Flucht und Asyl betrachtet. Die Angst vor Straftaten durch Islamisten wird geschürt. Wer illegal die Grenze überschreite, sei ein Betrüger, wer ohne Papiere komme, wolle das deutsche Volk betrügen.

Die AfD-Politiker  sehen sich als Schutzmacht der kleinen Leute. So ähnlich hat es einer ihrer Vorsitzenden, Alexander Gauland, formuliert. Sie schüren den Sozialneid, sind aber in der Schlußfolgerung nicht konsequent. So hat Alice Weidel, Gaulands Stellvertreterin in der AfD-Spitze der Fraktion im Bundestag, gemeint, die durch den Wegfall des Solidaritätszuschlags entstehenden Steuerausfälle könnte man „bei Arbeit und Soziales ..einsparen.“

Deutsche Interessen entscheidend

Die deutschen Interessen sind für die AfD entscheidend, wer sich anders verhält, gilt als „Volksverräterin“. Und wenn Merkel meine, der Islam gehöre zu Deutschland, „dann sagen wir: der Islam gehört zu Merkel, aber Merkel gehört nicht länger zu Deutschland.“ So hat es der AfD-Abgeordnete Curio ausgedrückt.

Aufschlussreich sind die Verbindungen der AfD zum äußerst rechten Rand. Nach Recherchen u.a. der taz „haben die Mitarbeiter von zehn AfD-Abgeordnetenbüros im Bundestag Kontakte zur Identitären Bewegung(IB), die seit 2016 vom Bundesamt und den Landesämtern  für Verfassungsschutz beobachtet wird.“ Es gibt Stimmen, die Gesamtpartei für die IB zu öffnen, schreiben die Autoren.

Oder nehmen wir das Thema Nazi-Vergangenheit. Hier soll verharmlost, relativiert, überhaupt die Täterfrage verschoben werden, um die Deutschen zu Opfern zu machen. Das geschieht bei der Darstellung der Bombenangriffe der Alliierten auf deutsche Städte, ohne daraufhin hinzuweisen, dass es die Deutschen waren, die Nazis, die Wehrmacht, die diesen Krieg angefangen hatten, dass es die Deutschen waren, die Städte in Holland wie Rotterdam schwer beschädigt hatten, die das englische Coventry mit Bomben belegten. Für Gauland und Co waren Hitler und die Nazis nur ein „Vogelschiss“ in der 1000jährigen deutschen Geschichte. Eine Provokation, ein Schlag ins Gesicht der Millionen Opfer der NS-Vernichtungspolitik. Aber bewusst wird das so gesagt. Die AfD will den Faschismus aus der öffentlichen Erinnerung tilgen. Darauf zielen ihre Anträge, Zuschüsse der öffentlichen Hand für Schüler zu streichen, die NS-Gedenkstätten besuchen wollen.

Bewusste Provokation

Die AfD will provozieren, will im Parlament mit ungezügelten Reden auffallen und sich abheben von den „Altparteien“. Sie will klar machen, dass sie sich nicht einfangen lässt von den parlamentarischen Regeln und Gepflogenheiten, die sich die Parteien über die Jahrzehnte gegeben haben.  AfD-Politiker  wollen sich als Märtyrer hinstellen, denen von der anderen Seite Unrecht getan wird. Die Werte der Demokratie sind ihnen egal, die Rechtsaußen wollen eine andere Republik. Diese Gefahr darf man nicht unterschätzen.  Aber, mahnen die Autoren, man dürfe sie nicht nur als „Rattenfänger“ und „braune Demagogen“ abtun, das helfe ihnen sogar. „Nur ein konsequenter Kampf gegen die äußerste Rechte, der zivilgesellschaftliche Aktivitäten und außerparlamentarische Initiativen einschließt, kann eine Normalisierung der parlamentarischen AfD-Repräsentanz verhindern.“ So ein Fazit der Autoren.

Die anderen Parteien wirken immer noch hilflos, sie wissen nicht, wie sie die AfD bekämpfen können. Sie können nicht so tun, als gäbe es die AfD nicht, sie dürfen aber auch ihren eigenen Kurs nicht nach rechts verschieben und der AfD nachlaufen. Der Erfolg der AfD ist ein Umbruch im deutschen Parteiensystem und niemand kann sagen, wo das endet. Ignoranz ist fehl am Platze, reine Empörung spielt der AfD eher in die Karten, weil es gewollt ist, was sie sagen, wen sie angreifen. Das erwarten ihre Anhänger, sie wollen nicht, dass die AfD-Politiker so agieren und reagieren wie das die Demokraten der anderen Parteien tun. Sie sehen sich gern als Opfer einer Diffamierungskampagne. Manches ist perfide, aber gewollt und da darf man nicht genauso draufhauen.

Es ist ein lesenswertes Buch, gut und verständlich geschrieben. Es müsste eigentlich viele Leser finden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

Christoph Butterwegge/Gudrun Hentges/Gerd Wiegel: Rechtspopulisten im Parlament. Westend-Verlag Frankfurt. 2018. 255 Seiten.  20 Euro.

Bildquelle: Westend-Verlag

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Tags: AfDAusländerhassChristoph ButterweggeHass als Programm der AfDMenschenhassRechtsextremismusrechtsextremistische AgitationRechtspopulismusverfassungsfeindlich
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Comments 2

  1. Uriel Goldberg says:
    7 Jahren ago

    Nun, warum erscheint mein Kommentar nicht umgehend hier?
    Wird er noch auf politische Korrektheit hin untersucht?
    Na dann …… 😉

    Antworten
    • Uwe Pöhls says:
      7 Jahren ago

      Wir sind ein demokratisches Forum mit einigen Mindeststandards an politischer Kultur. Für rechtsradikale, antisemitische oder anderweitige Hasspropaganda bieten wir hier keine Plattform. Für ihren „Kommentar“ gilt das leider auch. Das Grundgesetz garantiert Meinungsfreiheit. Das unterstützen wir voll und ganz. Daraus läßt sich aber kein Recht für die Hetze gegen andere Religionen oder die Verteidigung solcher Hetze ableiten. Und aus der Tatsache, dass jemand in den Bundestag oder in einen Landtag oder ein anderes Parlament gewählt wurde, läßt sich nicht ableiten, dass die- oder derjenige ein Demokrat ist.

      Antworten

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