Alle am Tisch nicken. Stimmen zu. Was ist da passier seit dem 23. Juni 2016? „Mir tun die jungen Menschen leid in unserem Land,“ meint Chris, „sie werden um ihre Zukunft betrogen. Schauen sie sich den Zustand Englands an: Das schlechte Schulsystem, den staatlichen Gesundheitsdienst haben die Konservativen auch kaputt gemacht.“ Beide haben immer die Konservative Partei, die Torys, gewählt, das werden sie nicht wieder tun. „Die kriegen einfach nichts mehr hin,“ kritisiert Owen und fügt hinzu: „Unser soziales System ist fast völlig zusammengebrochen.“
Chris und Owen und ihre Freunde am Tisch gehen nicht mehr zur Wahl, denn Labour ist nach ihren Worten nun wirklich keine Alternative. Sie sind enttäuscht von „denen in Westminster“, wollen ihren Lebensabend im Ship Anson bei ihrem täglichen Bier genießen: „Schauen sie sich doch mal dieses Foto an,“ sagt Owen und zeigt auf die gerahmte Abbildung des neuen Flugzeugträgers „Queen Elizabeth“ an der Wand: „Der liegt schon seit Monaten hinter Nelsons Victory im Marinehafen, ein weißer Elefant, der immer teurer wird, nicht funktioniert und außer zwei Hubschraubern hat er bis heute nicht mal Flugzeuge.“ 22 Jahre war Owen in der Navy und gehört zu den immer weniger werdenden, die noch eine ordentliche Pension kriegen.“ Viele Soldaten, die heute nach ihrem Dienst ausscheiden, stehen regelrecht auf der Straße.“
Vor dem Ship Anson stehen die Raucher an diesem warmen Sommertag. Der 54jährige Duncan auch. Duncan ist Busfahrer. Seine Mutter ist aus Hamburg, sein Vater aus dem Süden Irlands. Duncan spricht ein bisschen deutsch und schimpft : „Diese Konservativen wähle ich nicht mehr; die machen doch alles kaputt. Schauen sie sich doch nur Portsmouth an mit seinen kaputten Straßen, mit immer weniger Pubs und diesem irrsinnigen und überflüssigen Geschäftszentrum, durch den unser Kleinhandel mehr und mehr verschwindet, zerstört wird und die zunehmende Wohnungsnot“ Duncan gehört zu den vielen Engländern im Süden das Landes, die einen immer häufiger anzutreffenden Standpunkt vertreten: „Ich bin gegen den Brexit und für strikte Grenzkontrollen.“
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Schlagwörter: Ausstieg Großbritanniens, Brexit, Brexitverhandlungen, EU, Europa, Großbritannien, Stimmungslage England

Der Fernseh- und Radiojournalist arbeitete als Kulturredakteur und später als ARD Korrespondent in Washington und Mexiko. Seit 2002 ist Hafkemeyer Professor an der Berliner Universität der Künste.
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