Wir sind bescheiden geworden in Deutschland, zumindest im Umgang mit dem US-Präsidenten Donald Trump. Weil dieser den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz(CDU) weder beleidigt und auch nicht aus dem Weißen Haus geschmissen, sondern den Kanzler bei dessen Antrittsbesuch in Washington gar einen „Freund“ genannt hat, wird das Treffen positiv gewürdigt, heißt es landauf, landab in der Presse: Merz hat die „Feuertaufe“(Rheinische Post) bestanden, der Stern lobt „Fritz im Glück“ und die taz meint, es sei zwar gut gelaufen, aber Merz dürfe das auch nicht überbewerten, denn: „Morgen kann in Trumps Welt alles anders sein.“
Was ist geschehen? Nichts, wenn man es nüchtern betrachtet. Ja, Merz versteht sich gut mit Trump, lese ich aus den Zeilen der mit nach Washington gereisten Journalisten, die genau jede Bewegung beobachtet und jeden Satz notiert haben. So habe Trump noch kurz vor dem Treffen mit dem Deutschen die Reihenfolge geändert, also erst das öffentliche Treffen im Oval Office angesetzt und danach das Mittagessen. Aber das hat nichts bewirkt, hat Trumps Laune nicht verschärft, er bleibt zahm. Wie sich das eigentlich für einen Gastgeber gehört, wenn er Manieren hat. Wenn. Trump scheint einen guten Tag erwischt zu haben, er selber redet und redet, Merz hört brav zu, lächelt hin und wieder, aber überlässt dem mächtigsten Mann der Welt in seinem Herrschafts-Bereich die Regie und das Wort. Lediglich im Fall Russlands und des Ukraine-Kriegs korrigiert der Kanzler des Präsidenten-Vergleich mit dem Spielplatz und stellt damit gerade, dass Putin der Verbrecher sei, der den Krieg angefangen habe. Trump lässt es geschehen.
Merz bietet den Journalisten-alles handverlesene Trump-treue- schon mit seiner Kleidung keine Chance, ihn wie weiland Selenskyj zu attackieren. Der trug wie immer keinen Anzug, was eigentlich niemanden überraschen konnte, aber was ein Trump-Fan unter den Journalisten dazu benutzte, diesen danach zu fragen. Eine Peinlichkeit, die eigentlich auf den US-Journalisten zurückfiel und auf die Männer hinter Trump, die so etwas organisierten, um jemanden fertig zu machen. Und Merz wird auch nicht von Trump-Vize Vance darauf aufmerksam gemacht, er müsse mal dankbar sein für das, was die Amerikaner alles geleistet, sprich gezahlt hätten. Und Merz wird auch nicht nach der AfD gefragt und der Tyrannei, die angeblich in Deutschland ausgebrochen sei, weil der Verfassungsschutz diese verfassungsfeindliche Partei als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat und die Rufe nach einem Verbot dieser Partei, die NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst eine „Nazi-Partei“ nennt, lauter werden. Trump hat auch nicht von Merz verlangt, er müsse nun mit der AfD koalieren. Nein, Trump sagt dazu nichts, auch seine Helfers-Helfer schweigen. Trump beschimpft Merz nicht, er weist ihn auch nicht des Raumes wie damals den Ukrainer. Stattdessen preist er das Englisch, das Merz spricht während des 40minütigen Treffens.
Freundlichkeiten über alles. Merz schenkt dem bedürftigen Gegenüber einen Golfschläger mit den eingravierten Flaggen Amerikas und Deutschlands, und sofort nimmt der Golfer Trump den Schläger, um dem stauenden Publikum zu demonstrieren, wie er, Trump damit umgeht. Und der Amerikaner schenkt dem Deutschen eine Fliegerjacke, der Sauerländer hat einen Flugschein und eine Propellermaschine, aber ob er als Kanzler noch selber fliegen darf, glaube ich nicht. Kleine Geschenke erhöhen die Freundschaft. Und Merz hat ein weiteres Gastgeschenk parat für Trump: eine in Gold gerahmte Kopie der Geburtsurkunde von Trumps Großvater Friedrich, der 1869 im pfälzischen Kallstadt das Licht der Welt erblickte. „Das ist wunderschön, das werden wir aufhängen“, schmeichelt Trump dem Deutschen. Dabei weiß man seit langem, dass Trump mit der deutschen Herkunft wenig am Hut hat, er hat schon mal behauptet, dass sein Großvater aus Schweden stamme, was nicht stimmt, aber das ist ja bei Trump nichts Neues.
Man darf vermuten, dass Trump auch deshalb demonstrativ Merz lobt, weil dieser nun mal kein Freund von Angela Merkel ist, mit der der Amerikaner nicht konnte. Merz habe klug reagiert, geschickt habe er im Rahmen seiner Möglichkeiten dem Amerikaner gehuldigt auch in der Ukraine-.Frage: „Sie sind die Schlüsselfigur in der Welt“, rühmt Merz und das gefällt natürlich Donald, der Große. Auch wenn Merz dann fortfährt, „weil Sie Druck auf Putin ausüben können, um den Krieg zu beenden.“ Letzteres hat Trump ja schon für sich in Anspruch genommen, aber die Schießerei und das Bombenabwerfen hat nicht aufgehört, weil Putin es nicht will. Es hat Trump gefallen, dass Merz die Verteidigungsausgaben auf 5 Prozent anheben will, und was Trump ausdrücklich würdigt und lobt, dass Merz die Wahl in Deutschland gewonnen hat. Ob er ihn als Stimme Europas anerkennt, wird man sehen, zumal Trump die EU nicht unbedingt mag, aber Merz wird gespürt haben, dass er hier nachlegen muss. Die EU ist nicht gegen Amerika gerichtet, sondern ein Markt mit 500 Millionen Menschen, Großbritannien mitgerechnet, ein Markt, der sich auch für die USA lohnt. Souveräner muss Europa werden, selbständiger, nicht mehr so abhängig von Amerika, das atomare Schutzmacht war und ist, Handelspartner war und ist, Verbündeter war und ist. Mit Trump kann das alles der Vergangenheit angehören, dann muss man das als Europäer akzeptieren, dann ist das so.
Ja, der Friedrich Merz hat sich also gut geschlagen, wird er gelobt. Merz habe Amerika gehuldigt, und nicht so sehr Trump, indem er auf die Geschichte eingegangen sei, auf die Verdienste der Staaten um Deutschlands Sicherheit in Freiheit, beginnend mit der Landung der Alliierten unter Führung der Amerikaner am D-Day 1944 in der Normandie, dem Sieg über die Hitler-Diktatur und die Befreiung Deutschlands. Das habe er, sagte Merz, nicht vergessen. Merz, schrieb Nico Fried im Stern, sei Trump nicht auf den (Sch)Leim gegangen. Wir haben so viele Gemeinsamkeiten, betont Merz. Wenn das den Amerikaner interessiert, den Mann, der den Deal will, das Geschäft, Dollar-Milliarden verdienen, die auch in seine Taschen fließen.
„Wir verstehen uns auf der persönlichen Ebene“, hat Merz wohl auch erleichtert ein Fazit gezogen. Darauf könne man aufbauen, die beiden haben ihre Handy-Nummern ausgetauscht und können sich schnell kurzschließen. Was immer daraus werden kann. Merz darf das nicht zu hoch hängen. Trump ist noch immer der Herrscher im Weißen Haus, der die Axt an die Demokratie gelegt hat, der die Unabhängigkeit der Justiz ignoriert, dem die Presse-und Meinungsfreiheit ziemlich egal ist, der die Welt willkürlich mit höheren Zöllen überzieht, auch wenn das den USA schwer schadet, der Kanada wie den Panama-Kanal Amerika einverleiben will, der Studenten rauswirft, der Harvard attackiert und der renommierten Universität die staatlichen Mittel streichen will, der die Steuern für Reiche senken und die Fördergelder für Arme streichen will, der sich mit seiner Politik bereichert, ohne rot zu werden.
Es ist gut gelaufen für Merz und es ist gut, wenn er sich mit dem amerikanischen Präsidenten versteht und wenn er dabei Haltung bewahrt. Ein gelungener Besuch bei Trump ist schön, aber er besagt nicht, dass die Schwierigkeiten mit Trump und dessen Politik zumal bei den Zöllen ausgeräumt sind. Ob die Beziehungen dadurch tragfähig geworden sind? Man ist bescheiden geworden in seinen Ansprüchen an Washington seit Trump. Noch ist nichts entschieden, es ist auch nichts kaputt gegangen. Mir fiel ein alter Spruch des früheren CDU-Politiker Paul Mikat ein, der damals die Schulpolitik der SPD-geführten Landesregierung kritisierte und nach ersten Korrekturen der Regierung nicht in Begeisterung verfiel, sondern meinte: „Soll ich jubeln, weil es heißt, ab Morgen wieder arsenfreie Butter?“ Nein, verlassen kann er sich auf Trump nicht.
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Klasse Text,
lieber Alfons Pieper!
Gerade erst entdeckt.
So long Marianne Bäumler