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Italien und Europa :  Erleichtert nach Salvini

Der zwischenzeitlich starke Mann Italiens, Matteo Salvini, wollte noch mehr, er pokerte um die ganze Macht des Landes und verlor. Er ist beinahe von der Bühne, die er über 460 Tage beherrschte und dort ungestüm auftrat, ja oft genug ungehobelt, verschwunden. Gestoppt von einem Mann, der am Anfang seines Mandates als Marionette bezeichnet wurde, der ihn aber dann im Parlament derartig abkanzelte, dass Salvini plötzlich wie ein Verlierer, wie ein begossener Pudel dastand. Guiseppe Conte, der Premierminister von Salvinis Gnaden, zeigte, wozu er fähig war. Er wies ihn in die Schranken und sprach ihm im Grunde demokratisches Handeln ab, zu Lasten des Landes habe Salvini Politik gemact, nur seine Interessen, seine Allmacht im Sinn gehabt. Aber jetzt hat Rom eine neue Regierung, Conte ist erneut ihr Chef, allerdings mit der sozialdemokratischen PD und den „Fünf Sternen“. Vereidigt sind die Minister schon, aber Montag und Dienstag kommt es zum Schwur, da muss Conte beide Kammern mit einer programmatischen Rede überzeugen, wenn nicht, fällt er durch und mit ihm die neue Regierung. Die Wahrscheinlicheit geht aber gegen Null. Zunächst steht die Regierung- ohne Salvini. Wer hätte das gedacht?!

Europa wird die neue Mannschaft an der Spitze der drittgrößten Volkswirtschaft der EU willkommen heißen. Denn zumindest die PD ist für Europa, was dem Bündnis gut tut. Auch wenn der Chef der Cinque Stelle, Luigi Di Maio, kein überzeugter Europäer ist, aber jetzt schweigt er erstmal. Also kann Brüssel aufatmen und wieder mit einem zuverlässigen Partner rechnen und Politik machen. Gegner hat Europa genug, man denke an Polen, Ungarn, an bestimmten Kräften in Holland, in Frankreich, die mit dem Europa, das wir haben und schätzen, nichts am Hut haben wollen, sondern lieber eigene Wege gehen möchten, wenngleich niemand so recht sagen kann, wohin denn die Reise der Nationalisten gehen soll.

Zunächst müssen Conte und Co eine Bilanz  ziehen, d.h prüfen, was ist. Denn die wirtschaftliche und finanzielle Lage hat sich wohl nicht verändert seit dem Abgang von Salvini. An erster Stelle muss der Haushalt so korrigiert werden, dass er den Anforderungen des europäischen Stabilitätspakts entspricht. Dafür muss man u.a. die von Salvini lauthals durchgesetzte Rentenreform revidieren, weil sie nicht bezahlbar ist. Ferner sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer steuerlich entlastet werden, man hofft dadurch die Wirtschaft anzukurbeln, zusätzliche Jobs zu schaffen, um aus der wirtschaftlichen Stagnation herauszukommen. Politik mit Vernunft, ist das Gebot der Stunde, und nicht mit Polemik, die man möglichst laut auf dem Markt herausschreit.

Europa wartet auf Rom

Die wirtschaftliche Lage in Italien ist nicht berauschend, man steckt offensichtlich am Rande einer Rezession. Die teils schlechte Stimmung im Lande versucht man auch mit Meldungen zur Situation in Deutschland aufzufangen, indem man immer wieder betont, dass sich  auch  die Exportdaten von Deutschland verschlechtert haben. Der Vergleich stimmt zwar, aber das ist kaum mehr als eine Beruhigungspille, denn der Wirtschaft des Landes ist damit nicht geholfen. Dank der neuen Regierung hat Brüssel signalisiert, dass die Frist für Korrekturen hinausgezogen werden kann. Europa will auf Italien warten, man braucht den Partner und  den Erfolg der Regierung Conte. Sonst würde am Ende eines Scheiterns die Gefahr von Neuwahlen stehen. Und wie die ausgehen, das weiß man nicht, aber dass in einem solchen Fall auch einer wie Salvini wieder laut mitspielen könnte, ist klar.

Italien mit seiner neuen Regierung als Burg gegen die Nationalisten in Europa, wie auch die bevorstehende  Ernennung vom ehemaligen Premierminister Paolo Gentiloni als italienischer Kommissar zeigt. Das Land hat jetzt eine Chance, um das Blatt zu wenden. Europa ohne Italien, das geht gar nicht, man nehme nur mal die Sache mit den Römischen Verträgen. Der Weg ist aber steil, beide Partner der neuen Regierung, die PD und die Fünf Sterne, sind sich programmatisch nicht in allem einig, wie man in der Behandlung der Flüchtlingsfrage sieht.  Oder aber auch intern gesehen mit der Fortsetzung von großen Infrastrukurprojekten wie die schnelle Bahnstrecke zwischen Lyon und Turin. Oder der Neu- oder Wiederaufbau der vor knapp einem Jahr eingestürzten Brücke in Genua. Beide haben aber keine andere Chance, als über den Kompromiss eine Politik für Italien zu gestalten. Und ist der Kompromiss nicht immer die Lösung von Problemen, es muss ja nicht ein fauler sein.

Die Zusammensetzung der neuen Koalitionsregierung spiegelt diese Erfordernisse wider. So hat man für das Amt des Innenministers keinen Profi der Politik ausgewählt, sondern eine Staatsanwältin, Luciana Lamorgese, von der man hofft, dass sie die Interessen des Landes über ihre eigenen Wünsche stellt. Ein Salvini als Innenminister, das müsste reichen. Insgesamt hat man den Eindruck, dass man sich für das kleinere Übel entschieden hat. Es mag sein, dabei darf man nicht übersehen, dass nun endlich zwei Kräfte zueinander gefunden haben, die deutlich mehr Gemeinsames haben als die letzten Regierungspartner.

Bildquelle: Pixabay, Foto von Markus Baumeler,  Pixabay License 

 

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Caterina Massai stammt aus Florenz, sie hat dort und in München Geisteswissenschaften studiert, sie lebt seit 23 Jahren in Deutschland und wohnt mit ihrer Familie in Bonn. Sie ist VHS-Dozentin und arbeitet als freiberufliche Übersetzerin. Seit 2013 ist sie eingebürgert.


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