Zu sozial ist unsozial! Diese weise Erkenntnis eines klugen Ökonomen hat in der Realität noch längst nicht die entsprechende Beachtung gefunden. Nahezu in allen Parteien wird nach kostenlosen Kitas für alle gerufen. Das scheint politisch populär zu sein. Doch würde ein solcher Schritt keineswegs helfen, die nach wie vor bestehenden Defizite bei der Betreuung von Kindern zu lösen.
Steigende Lasten der Kommunen
Derzeit sind rund 2,6 Mio. Kinder im Alter von bis zu 6 Jahren in einer Tageseinrichtung. Nach wie vor fehlen jedoch viele Kita-Plätze, obwohl der Bund diesen Bereich finanziell massiv fördert. Bislang tragen zudem Beitragszahlungen der Eltern für Kindergärten und Kinderkrippen entscheidend dazu bei, die steigenden Kosten für diese Einrichtungen zu decken. Die Kommunen wehren sich zu Recht dagegen, die Kita-Gebühren vollends zu streichen, wie es viele Bundes- und Landespolitiker anstreben.
Neben dem notwendigen quantitativen Ausbau sind qualitative Verbesserungen der Kitas dringend erforderlich. Besonders wichtig dabei ist, für diese Einrichtungen gut ausgebildetes Personal zu finden und mit entsprechenden Einkommensmöglichkeiten einzustellen. Die optimale Förderung der Kinder bietet echte Chancen für mehr soziale Gerechtigkeit, nämlich bereits frühkindliche Bildung zu entwickeln. Chancengleichheit ist eben die Basis für soziale Gerechtigkeit!
Elternbeiträge stärker staffeln!
Im Laufe des letzten Jahrzehnts hat sich der Elternbeitrag, der für einen Kita-Platz pro Monat zu zahlen ist, etwa verdoppelt – für Kinder unter 3 Jahren im Schnitt auf rund 175 €, für Kinder von 3 Jahren und älter auf rund 100 €. Allerdings sind die fälligen Kita-Gebühren je nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt. Experten schlagen vor, diese Staffelung noch auszubauen und zu verfeinern. Immerhin müssen heute fast 70 % der Haushalte mit relativ niedrigen Einkommen für den Kita-Platz bezahlen; im Verhältnis zu deren Lohn oder Gehalt fällt die Gebühr ähnlich hoch wie die der anderen Haushalte oder zum Teil noch höher aus.
Bezieher höherer Einkommen wären durchaus bereit, auch mehr für einen Kita-Platz als bisher schon zu bezahlen. So hat es eine aktuelle Umfrage ergeben, aus der zugleich hervorgeht, dass diese Bereitschaft zu höheren Gebühren vor allem mit einer höheren Kita-Qualität korreliert. Insgesamt liegt die Summe aller Elternbeiträge pro Jahr schätzungsweise bei gut 4 Mrd. €.
Soziale Gerechtigkeit schaffen!
Einige Bundesländer wie etwa Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz erheben inzwischen nur einen Teil der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung in der Zeit vor der Einschulung; andere wie etwa Hessen wollen diesem Beispiel folgen. Fachleute weisen darauf hin, dass für Kinder „aus armen Schichten“ ohnehin nichts für die Kita zu zahlen ist. Für besserverdienende Haushalte ergeben sich bei solchen Freistellungen von Gebühren geradezu ungerechtfertigte Mitnahme-Effekte. Die generelle Streichung der Kita-Gebühren wäre zum einen sozial ungerecht; zum anderen würde sie die finanziellen Spielräume der Kommunen einengen. Immerhin sind in den letzten 10 Jahren über 400.000 Plätze für Kinder unter 3 Jahren zusätzlich in Städten und Gemeinden eingerichtet worden. Allerdings konnte nicht entsprechend mehr Personal eingestellt werden, um so die Betreuungsqualität der quantitativen Expansion konsequent anzupassen. Möglicherweise liegt hier auch einer der Gründe dafür, dass die Kommunen die Finanzmittel in Höhe von 3,5 Mrd. €, die der Bund den finanzschwachen Kommunen für Investitionsvorhaben u. a. auch für den Bau von Kitas zur Verfügung stellt, bislang nur sehr zögerlich nutzen. Der Bau und die Einrichtung sind nur die eine Seite der Medaille, die Folgekosten für qualifiziertes Betreuungspersonal die andere. Mit „Freibier für alle“ lassen sich jedenfalls die nach wie vor drängenden Probleme der Kinderbetreuung und –erziehung nicht lösen. Die soziale Gerechtigkeit beginnt schon in der Kita!
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Wenn wir zu der Einsicht gelangen, dass Bildung kostenfrei sein muss, dann sollten wir auch zu der Einsicht kommen, dass Sozialisation ein Teil der Bildung ist und diese spätestens im Kindergarten beginnt. Dann mussen auch Krippen und Kindergärten kostenfrei sein. Alles Weitere ist dann die Konsequenz.