Umfragen spiegeln stets nur eine Momentaufnahme von Stimmungen in der Bevölkerung wider: Aktuell sind etwas mehr als 35 % der Menschen hierzulande für Lockerungen der Lockdown-Maßnahmen, über 60 % sind jedoch dagegen. Die Pandemie ist vor etwa einem Jahr aufgetaucht. Es wurde im Frühling der erste Lockdown angeordnet, im Spätherbst folgte der zweite. Mitte Februar werden die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder auf die Zahlen der Infizierten, der Toten und der Intensivbetten in den Krankenhäusern blicken und nach der Analyse neue Beschlüsse fassen.
Impfen statt Schimpfen
Lockern oder nicht lockern? Das ist inzwischen die wichtigste Frage. Mit dem Impfen ist zwar begonnen worden, doch die Wunderwirkung des Vakzins wird sich wohl erst Ende des Jahres entfalten können, wenn etwa 70 % aller Menschen geimpft sein werden. Ob die Mutanten da noch einen Strich durch die Rechnung machen werden, lässt sich nicht sicher voraussagen.
Jedenfalls gilt für die nächsten Monate: Impfen statt Schimpfen! Dafür muss der komplexe Stoff produziert und geliefert, das Impf-Management organisiert werden. Viele Querulanten haben Hochkonjunktur: Sie wollen nicht wissen, dass es einem Wunder gleicht, innerhalb so kurzer Zeit überhaupt schon wirksame Impfstoffe zu entwickeln. Die Herstellung ist ohnehin komplizierter als der Bau eines Stahlwerkes oder einer Maschine. Der Ruf einiger Politiker nach staatlichen Eingriffen, Zwangslizenzen, Produktionsverlagerungen und vielem anderen zeugt von völliger Unkenntnis, soll aber Eindruck auf das Volk machen. Vor allem der forsche Ministerpräsident des Freistaates Bayern redet über die Vakzine wie ein Blinder von der Farbe. Beim jüngsten Impfgipfel hat er gewiss einen Schnellkurs in Pharmakologie machen können. Seine früheren Schnelltests an den bayerischen Grenzen waren ein Superflop, denn viele Corona-Spreader konnten danach gar nicht erfasst werden. Mit der Versetzung seiner Gesundheitsministerin versuchte er danach, nur ein Bauernopfer zu finden. Seine fast täglichen Presse-Konferenzen bieten mehr Allgemeinplätze als echte Informationen. Nur wenn Söder bei den Gipfeln neben der Kanzlerin sitzen darf, bekommt er etwas Abglanz mit.
Stochern mit der Stange im Nebel
Ohnehin schaffen die vielen Politiker, Virologen, Epidemiologen, Psychologen, Soziologen, Mediziner, Ethiker und andere mit ihren Dauererklärungen mehr Verwirrungen. Die meisten fuchteln mit der Stange im Corona-Nebel, gefallen sich in den TV-Talkshows als Covid-19-Stars und lassen ihr Publikum mehr oder weniger ratlos zurück. Denn nichts Genaues weiß man nicht.
Der Dschungel der staatlichen Hilfen
Geradezu verwirrend ist inzwischen auch das umfangreiche Hilfspaket für Unternehmen, Soloselbständige, Familien usw. Der Katalog reicht von November – bis hin zu Dezemberhilfen, von Überbrückungshilfe I bis II, von Vereinfachung bis Aufstockung der Überbrückungshilfe III, von Abschreibungen auf Wintersaisonware bis zu Ausfallkosten für die Reisebranche. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer und Rechtsanwälte haben Höchstkonjunktur, um die Anträge der notleidenden Firmen, Gastronomen, Händler und Reisebüros auszufüllen. Sogar Sonderregelungen für die Pyrotechnik gibt es ebenso wie eine Neustarthilfe für Soloselbständige.
Besonders stark betroffen: Friseure
Letzteres wird gewiss die Friseure neugierig machen. Rund 80.000 Betriebe mit 240.000 Beschäftigten gibt es in Deutschland, die Haare schneiden, legen, föhnen. Es sind vor allem mittelständische Friseursalons, etwa 40 % Soloselbständige; viele von ihnen bringen es gerade mal auf einen Jahresumsatz von rund 20.000 Euro. Die Salons wurden bereits zum zweiten Mal geschlossen, obwohl die Inhaber alle Vorschriften mit zum Teil hohen Investitionen befolgten. Viele Friseure verfügen kaum über Rücklagen. Sie können auch nicht wie andere Handwerker ihre Arbeit in diesen Pandemiezeiten verrichten. Manche ihrer Kunden legen inzwischen selbst Hand bei ihren Haaren an, haben sich Hilfsgerätschaften dafür gekauft. Bei den meisten wächst das Haar ohne Rücksicht auf die Krise. Es wird lang und länger, gerät bei einigen schon zum „Pilzkopf“ à la Beatles. Einige wenige lassen sich den Kopf schwarz pflegen – in der Privatwohnung oder gar im Keller, wohin der Solo-Friseur oder die Allein-Friseurin eingeladen werden. Der eine oder andere, der seinen Schneidebetrieb unauffällig ins Dunkle verlegte, ist bereits von Ordnungshütern entdeckt worden und muss nun mit einer Bestrafung rechnen. Niemand weiß, wie lange diese Frisur-Abstinenz dauern wird. Die Hoffnung richtet sich nun auf die zweite Februarhälfte. Deshalb haben zahlreiche Betriebe schon einen Telefonnotdienst eingerichtet, bei dem von Optimisten Termine für die längst überfällige Frisur gebucht werden können. Vieles geht ja um Haaresbreite gut; ob das für die Haarlänge auch zutrifft, bleibt ungewiss.
Informationspaket Maßnahmen gegen das Coronavirus
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