Friedrich Merz

„Was erlauben Merz ?!“

Wer Spaß am Chaos hat, wer gerne zuschaut, wenn sich eine politisch relevante Partei zerlegt, der muss traurig darüber sein, dass es Friedrich Merz nicht geworden ist. Dieser Mann mit einem geradezu krankhaft übersteigerten Ego und einem chronischen Realitätsverlust hätte als neuer CDU-Parteivorsitzender seine Egozentrik so richtig zerstörerisch ausleben können. Wenige Augenblicke nach seiner nun schon zweiten Niederlage im Wettlauf an die Parteispitze hat Merz als denkbar schlechter Verlierer vielleicht auch einige seiner Anhänger nachdenklich gestimmt.

Friedrich Merz zählte sich einst als mehrfacher Millionär mit Privat-Flugzeug zur „gehobenen Mittelschicht“. Auf dem Online-Parteitag der CDU am Sonnabend wollte er mit seiner Hochzeit vor vierzig Jahren – merke: vor vierzig Jahren !!! – als moderner Frauenversteher punkten. Das allein schon reicht, um zu der Erkenntnis zu gelangen: dieser Friedrich Merz versteht vielleicht einiges von Wirtschaft und Geldverdienen, aber ansonsten ist er restlos aus der Zeit gefallen. Und wie verstrahlt vom eingebildeten eigenen Glanz muss Merz sein, dass er gleich nach seiner Niederlage das „Angebot“ (rpt: ANGEBOT) machte, sofort als neuer Wirtschaftsminister in das Kabinett von Angela Merkel einzutreten. Die müsste dafür selbstredend Amtsinhaber Altmeier feuern. Da fällt einem ganz schnell ein abgewandelter Satz des legendären Fußballtrainers Giovanni Trapattoni ein: „Was erlauben Merz ?!“ Und die Partei sollte ihm in Abwandlung eines anderen Trapattoni-Satzes zurufen: „Wir haben fertig!“

Noch in seiner Kandidaten-Rede auf dem Parteitag hatte Merz behauptet, er sei als Jugendlicher mit 16 Jahren in die CDU als eine Partei mit Grundsätzen eingetreten und „nicht in eine Vermittlungsagentur für Regierungsämter“. Aber gleich nach seiner Niederlage gegen Armin Laschet konnte er seinen augenscheinlich unstillbaren Machthunger doch nicht zügeln, verlangte für sich genau so ein Regierungsamt. Unbeherrscht oder verlogen – beides disqualifiziert ihn für die Zukunft dauerhaft.

Wenn man es ganz nett mit Friedrich Merz meint, könnte man ihn eine tragische Figur nennen. Vor langer, langer Zeit hatte ihn die damals noch sehr junge Angela Merkel aus dem Sessel des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag geputscht. Und jetzt innerhalb kurzer Zeit scheiterte er zweimal mit dem Bemühen, CDU-Vorsitzender zu werden – einmal gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und jetzt gegen den freundlichen Herrn Laschet aus dem Rheinland. Wie gesagt: Wenn man es ganz nett mit ihm meint. Man könnte ihn aber auch einen Politiker nennen mit Charakterzügen, die – Achtung: sehr gewagter Vergleich !!! – ganz entfernt an Donald Trump erinnern. Merz, dem es augenscheinlich nur um Friedrich Merz geht; der nach einem langen innerparteilichen Wahlkampf seine CDU nicht zur Ruhe kommen lassen will; Merz, der auch nach seiner zweiten Niederlage davon überzeugt scheint, dass kein Weg an ihm vorbeiführt; Merz gezeichnet von Hybris und übersteigertem Anspruchsdenken. Das Wahlergebnis vom Sonnabend hat es gezeigt: Er hat zwar verloren, aber innerhalb der CDU weiß er beachtliche Batallione hinter sich. So bleibt dieser Friedrich Merz für den neuen Parteichef Armin Laschet erst einmal Belastung und Herausforderung.

Und so einer wollte der nächste Kanzler werden …

Bildquelle: Wikipedia, Harald Dettenborn, CC BY 3.0 DE

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Christoph Lütgert war Rundfunk-Korrespondent beim NDR, hat für Panorama gearbeitet und war später Chefreporter Fernsehen beim Norddeutschen Rundfunk. Lütgert wurde wegen seiner sozialkritischen Reportagen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.


'„Was erlauben Merz ?!“' hat einen Kommentar

  1. 18. Januar 2021 @ 09:50 Christoph Mause

    Ich fand Ihre Kommentare schon früher immer sehr gut. So auch heute! Auf den Punkt! Zurück mit ihm ins Sauerland.

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