Die außerordentlich intensiven Anstrengungen, die forschende Pharma-Unternehmen im Kampf gegen das Corona-Virus machen, lassen hoffen. Nie zuvor wurde von so vielen Firmen so engagiert nach einem Impfstoff geforscht. Weltweit gibt es zur Zeit 176 Projekte. Davon befinden sich inzwischen 34 in der klinischen Erprobung am Menschen.
Biontech auf der Zielgeraden?
Auch das deutsche Biotech-Unternehmen Biontech hat nun den Test für seinen potenziellen Corona-Virus-Impfstoff begonnen. Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut hat der Firma aus Mainz und seinem Partner Pfizer die Erlaubnis für die notwendige große Wirksamkeitsstudie erteilt. Dabei geht es darum, dass die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs getestet werden. Rund 30.000 Probanden in 120 Studienzentren werden weltweit daran beteiligt sein. In der Testphase zuvor waren es bereits mehr als 25.000 Menschen.
Der Aufwand für die Forschung und die drei Teststufen ist gigantisch. Ob der Impfstoff mit der Bezeichnung BNT 162b2 einen erfolgreichen Durchbruch bringen wird, kann niemand voraussagen. Viel Arbeit und Geld mussten bis heute bereits für dieses Arzneimittel investiert werden. Doch mit den groß angelegten und notwendigen Tests befinden sich die forschenden Unternehmen derzeit in einem Hoffnungslauf mit unsicherem Ausgang. Auf ein positives Ergebnis warten nicht nur die Deutschen, die seit über einem halben Jahr unter der Plage des Corona-Virus leiden und sich weitgehend nur mit Atemschutz-Masken, Abstandhalten und Hygiene-Maßnahmen dagegen zu schützen versuchen.
Vorsorgen: Besser als heilen!
Der notwendige Lockdown hat die Gesellschaft und Wirtschaft gelähmt. Die ökonomischen Verluste sind riesig. Allein in Deutschland wird der Einbruch des Bruttoinlandsproduktes im laufenden Jahr ein Minus von rund 350 Mrd. € ausmachen – Milliarden, die für unseren Wohlstand nicht zur Verfügung stehen. Allerdings macht dies deutlich, wie wichtig die Daseinsvorsorge in vielen Bereichen ist, insbesondere im Gesundheitssektor. Vor allem auch die hohen Investitionen für die Erforschung und Herstellung von innovativen Arzneimitteln sind dafür lebensnotwendig. Denn – etwa mit wirksamen Impfen – vorbeugen ist besser als heilen und auf jeden Fall kostengünstiger.
Wenn die umfangreichen Tests von Biontech und Pfizer sowie die klinischen Studien zu positiven Resultaten führen, könnte im Oktober die Zulassung des Impfstoffs beantragt werden. Nach der Genehmigung, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für den deutschen Markt und die Europäische Arzneimittelagentur EMA für den EU-Wirtschaftsraum erteilen müssen, wäre es für die beiden Pharmafirmen möglich, bis Ende diesen Jahres etwa 100 Mio. Impfdosen zu produzieren; bis Ende 2021 sollten es mehr als 1,3 Mrd. werden. Nie zuvor war das mögliche Zulassungsverfahren so schnell, wie es im Kampf gegen Corona gehen würde.
Curevac: Gut im Rennen!
Bei der Tübinger Curevac, an der sich inzwischen auch der Bund mit 300 Mio. € beteiligt hat, ist man ebenfalls optimistisch über die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Corona-Virus. In den letzten 15 Jahren wurden mehr als 1,4 Mrd. € in den Biotech-Sektor investiert – vor allem vom SAP-Gründer Dietmar Hopp. Nun soll die Phase 1 für den Test des Impfstoffs noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Die Ergebnisse der kombinierten Phase 2 und 3 könnten im Laufe des nächsten Jahres vorliegen. Die Forscher sind ebenso wie die Investoren zuversichtlich, denn alle bisherigen Resultate weisen auf eine gute Sicherheit, Wirksamkeit und Verträglichkeit hin. Deshalb hofft man bei Curevac auf eine Zulassung durch die Behörden für Anfang/ Mitte 2021 – vielleicht auch schon 202o etwa für bestimmte, besonders gefährdete Berufsgruppen und Regionen.
Die Planungen sehen vor, bis Ende 2020 schon mehr als 100 Mio. Impfdosen zu produzieren. Viele Staaten und Organisationen haben sich bereits Impfstoffe über feste Vorbestellungen gesichert. Falls alles nach Plan laufen wird, sollen 2021 etwa 1 Mrd. Dosen ausgeliefert werden. Allein für Deutschland geht Curevac von einem jährlichen Bedarf von bis zu 160 Mio. Einheiten aus, denn die Immunisierung wird nicht sehr lange anhalten, das Corona-Virus wird zudem mutieren und für jede Impfung werden deshalb zwei Injektionen im Abstand von 3 Wochen nötig sein.
Elon Musk, der Tesla-Gründer, hat vor einigen Tagen Curevac besucht, um über eine Zusammenarbeit mit seiner Firma Tesla-Grohmann und dem Tübinger Unternehmen zu sprechen. Wenn auch Curevac als risikofreudige und kapitalintensive Aktiengesellschaft an die US-Börse gegangen ist, will die Firma mit ihrer Forschung und Entwicklung ihren Standort in Deutschland sichern. Damit profitiert unsere Volkswirtschaft von dem hightech-Bereich Biotechnologie, vom Aufbau der Produktionskapazitäten und vieler neuer Arbeitsplätze.
Viele Milliarden Dosen erforderlich!
Auch in anderen Teilen der Erde findet der Wettlauf um einen Impfstoff gegen das Corona-Virus statt. So wurde in Russland ein Impfstoff bereits zugelassen, dessen Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit jedoch nur an wenigen Probanden erforscht worden war. In der EU würde er deshalb nicht zugelassen. Auch in China hat bereits vor einigen Wochen der halbstaatliche Pharmakonzern Sinopharm einen Impfstoff an den eigenen Mitarbeitern getestet; der Staat Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate wollen ebenfalls den Sinopharm-Impfstoff an einigen tausend Einwohnern testen. Donald Trump drückt mächtig auf’s Tempo, um noch vor der Präsidentenwahl Anfang November mit einem Impfstoff aufzutrumpfen. Dafür hat er die Aktion „Warp Speed“ gestartet und mehr als 12 Mrd. US-Dollar in die Entwicklung, für die Vorbereitung von Produktion und Verteilung investiert. Inzwischen wurden in den USA 6 Unternehmen als besonders vielversprechende Impfstoffentwickler ausgewählt, darunter die amerikanische Firma Moderna, Johnson & Johnson, Pfizer, Biontech. Die EU-Kommission hat sich wie auch andere Staaten die Option auf viele Millionen Dosen mit Impfstoff gesichert: Allein bei Sanofi wurden 300 Millionen reserviert.
Priorität für Pharmaforschung Niemand kann heute exakt voraussagen, wann der Impfstoff zum Schutz gegen das Corona-Virus wirklich verfügbar sein wird. Die gewiss immer noch riskanten Hoffnungen richten sich auf Ende 2020/ Anfang 2021 ein. Jeder Tag, den wir bei der Entwicklung des Impfstoffs gewinnen, rettet Menschenleben und sichert ein gutes Stück sozialer und wirtschaftlicher Stabilität. Erst mit einem sicheren und wirksamen Impfstoff wird es eine Rückkehr zur Normalität geben. Die Suche nach einem Impfstoff gegen das Virus hat die meisten Menschen auch in unserem Land dazu gebracht, über die große Bedeutung der Pharmaforschung nachzudenken. Politisch sollte dieses Bewusstsein dafür genutzt werden, die Rahmenbedingungen für die forschende Pharmaindustrie nachhaltig zu verbessern, die Chancen der Bio- und Gentechnologie herauszustellen und die Akzeptanz moderner Forschungsmethoden zu steigern. Auf jeden Fall gehört die Arzneimittelbranche in die zukunftsorientierte Industriestrategie. Die Chancen, wieder eine der führenden Apotheken der Welt zu werden, sollten genutzt werden.
Bildquelle: Pixabay, Bild von Alexandra_Koch, Pixabay License
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