65000 Besucher zeigen in Chemnitz „Wir sind mehr“. Ein Abend, gewaltfrei, und zugleich eine gewaltige Demonstration der Stärke der Demokraten im Land, die für die Offenheit der Gesellschaft stehen. Das kleinliche Genörgel aus der CDU, und das Schweigen der CSU angesichts der sichtbaren Radikalisierung der AfD lassen allerdings befürchten, dass die Christdemokratischen Parteien nicht begriffen haben, dass ihnen ein Rechtsruck im Land nicht helfen wird, den Abwärtstrend in Umfragen aufzuhalten, oder das Tief der CSU in Bayern zu überwinden.
Dass die Generalsekretärin der CDU Kramp-Karrenbauer glaubt, die Unterstützung des Bundespräsidenten für das Rock-Konzert gegen Rechts in Chemnitz kritisieren zu müssen, zeigt einmal mehr, dass die Union klare Kante gegen Rechts derzeit nicht leisten will. Ob das mehr ist als Rücksichtnahme auf die CSU, die in Bayern damit rechnen muss, dass die absolute Mehrheit für sie in weite Ferne zu rücken scheint, wird sich zeigen. Die Stimmen an der Basis der CSU werden lauter, die eine Annäherung an die AfD nicht ausschließen. Das Beispiel einer Koalition nach österreichischem Muster hat sie direkt vor der Haustür. Die Einladungen der CSU an den ungarischen Rechtspopulisten Orbán und den österreichischen Kanzler Kurz zu ihren strategischen Klostertreffen machen ja nur Sinn, wenn das Publikum daran gewöhnt werden soll, dass auch mit den Rechten Staat gemacht werden könnte und sei es zum Schaden Europas.
Chemnitz nach der Mordtat, die Auslöser für die Terrornacht und Hetzjagd auf Flüchtlinge durch rechte Gewalttäter war, zeigt zugleich, dass AfD sich als politischer Arm der rechten Gewaltszene versteht. Warum sonst der gemeinsame Schweigemarsch mit Pegida-Gründer Bachmann und rechtsextremen Hooligans an der Seite von AfD- Repräsentanten. Wieder begleitet von Hitler-Gruß und rechtsextreme Parolen. Alles in allem brachte Chemnitz doch wohl Klarheit darüber, wohin der Weg der AfD zeigt. Heute Jagd auf Flüchtlinge und wer ist morgen dran, wenn das verachtete System, der demokratische Rechtsstaat also, zerschlagen wäre?
Dazu schweigt Bundesinnenminister Seehofer. Die AfD politisch zu bekämpfen bleibt weiter notwendig, mit und ohne seine Hilfe, ob vom Verfassungsschutz beobachtet oder nicht. Chemnitz zeigt zudem am Montagabend, wo die gesellschaftliche Mehrheit im Land steht. Sie steht für den demokratischen Rechtsstaat, für die Offenheit der Gesellschaft und für die Forderung des Grundgesetzes, die „Würde des Menschen zu wahren“, sie zu schützen, verlangt die Verfassung, sei „Aufgabe aller staatlichen Gewalt“.