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Klatsche, Debakel, Scherbenhaufen: Peinlich, die Ampel-Politik. Das Urteil aus Karlsruhe in der Presse

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
16. November 2023
Stapel von Zeitungen

„Wieder ein Debakel“, kommentiert die „Süddeutsche Zeitung“ das vernichtende Urteil des höchsten deutschen Gerichts zum haushaltspolitischen Kniff der Bundesregierung, die Schuldenbremse zugunsten des Klimaschutzes zu umgehen. Jetzt fehlen dem Bundeskanzler, seinem Finanzminister und dem Wirtschaftsminister, der ganzen Ampel, 60 Milliarden Euro. Es ist ein „Desaster“ für die Regierung aus SPD, den Grünen und der FDP, urteilt die „Frankfurter Rundschau“. Und stellt dazu fest: „Die Politik des Bündnisses .. basierte von Anfang an auf einem Verfassungsbruch“. Die CDU-CSU-Opposition frohlockt, sie  hatte das Bundesverfassungsgericht angerufen und Recht bekommen.

Gleich wie man zur Regierung in Berlin steht, ob man Scholz, Habeck und Lindner mag oder nicht, das Urteil ist peinlich für die betreffenden Politiker. Es ist schließlich Lindners Haushalt, dem Scholz zugestimmt hat und Habeck ja auch, weil ohne den Trick, um es höflich zu formulieren, hätte der Ober-Grüne seine klimapolitischen Wünsche nie und nimmer finanziert bekommen. Jetzt stehen sie ziemlich belämmert da, nackt könnte man sagen. 60 Milliarden Euro, das ist eine Hausnummer. Da wird man nicht einfach umschichten können, da was wegnehmen und dort. Steuererhöhungen vorzunehmen, würde der FDP-Mann Lindner nicht mitmachen, in der Sozialpolitik steht die SPD im Weg, um massive Einschnitte zu machen.

Klar ist, womit nicht wenige gerechnet hatten: Die Verwendung von Corona-Krediten für Klimaprojekte ist von den höchsten deutschen Richtern als verfassungswidrig und damit für nichtig erklärt worden. Punkt! Wegen der Notfalllage aufgrund der Corona-Pandemie hatte der Bund den Etat per Kreditermächtigung um 60 Milliarden Euro aufgestockt, was in außergewöhnlichen Situationen wie Naturkatastrophen trotz Schuldenbremse möglich ist. Am Ende wurde das Geld aber nicht für die Pandemie und deren Folgen gebraucht. Die Bundesregierung wollte deshalb diese Milliarden für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds(KTF) einsetzen. Und schichtete das Geld rückwirkend mit Zustimmung des Bundestages-gegen die Stimmen der Union- um. Dieses Verfahren kam mir damals schon merkwürdig vor, die Einwände der Union schienen mir nicht aus der Luft gegriffen.

Herber Rückschlag fürs Klima

Da blieb dem Kanzler nichts anderes übrig, als das Urteil kleinlaut anzunehmen. Was denn sonst! Gericht-Schelte hätte ihn nur noch älter aussehen und die Lage nur noch peinlicher werden lassen. Aber ob es so leicht wird, die fehlenden Milliarden an anderer Stelle reinzuholen, erscheint mir ziemlich fraglich zu sein. Die Union sieht die Regierung vor einem Scherbenhaufen, die Umweltorganisation Greenpeace sprach von einem herben Rückschlag für den Klimaschutz. Spekuliert wird von einigen Seiten schon über das Ende der Ampel, zumal das Urteil für alle ein Fiasko darstellt, auch für die Grünen, die von einem Bundesparteitag ausgerechnet in Karlsruhe stehen, wo sie 1980 als Partei gegründet wurden. Pünktlich zu diesem Kongress liegt ein Brief von Hunderten von Mitgliedern vor, in dem die Politik der Grünen heftig kritisiert und ein Zurück zur Basis-Demokratie und mehr Klimaschutz gefordert wird. Die Grünen-Führung steht nach dem Aus der Schwarz-Grünen-Regierung in Hessen zusätzlich unter Druck. Ein Ausscheiden aus der Bundesregierung würde sie ziemlich sicher in die Opposition führen, Friedrich Merz ist nicht als Grünen-Freund bekannt.

Den Scherbenhaufen, schreibt die „Rhein-Neckar-Zeitung“, müsse nun zu allererst Olaf Scholz wegkehren, der sich die Milliarden-Verschieberei als Finanzminister unter Angela Merkel ausgedacht hatte. „Eine nette Pointe in diesem ‚Trickspiel“ nennt das Blatt diesen Teil der Geschichte. Doch sollte man nicht darauf wetten, dass die Ampel an diesen Aufräumarbeiten scheitern werde. Denn alle drei Regierungspartner seien die „Verursacher der Misere“. Und nur die SPD besitze „eine Regierungsoption außerhalb des heutigen Bündnisses“. Die Zeitung lobt die Karlsruher Richter, weil durch ihr Urteil und den Wegfall der Sonderschulden „die Regierungspolitik ein ehrlicheres Preisschild“ bekäme.

Die „Badischen Neuesten Nachrichten“ sieht ebenfalls die Ampel in der Zwickmühle, weil die Milliarden nun fehlten für den Austausch von Heizungen, für Investitionen in eine klimaneutrale Wirtschaft und den sozialen Ausgleich. Auf dem Prüfstand stehe nun die „gesamte Klima- und Finanzpolitik“. Eine Lockerung der Schuldenbremse oder höhere Steuern werde es mit der FDP nicht geben. Damit stelle sich die Frage nach der Zukunft der Ampel. Die Union stehe als Partner für die SPD in den Startlöchern. Ähnlich sieht das die „Südwestpresse“ aus Ulm. Das Urteil drücke die Ampel an die „Grenzen ihrer Existenz, vielleicht sogar darüber hinaus“.

Lob für die Richter

Der „Kölner Stadtanzeiger“ würdigt die Karlsruher Richter, die „der Bundesregierung den anmaßenden Umgang mit dem Grundgesetz nicht durchgehen“ ließen. Die Richter hätten zudem „sehr klar herausgearbeitet“, warum sie das Tun von Scholz, Lindner und Habeck für „nicht rechtens“ erachteten: „Wenn eine Bundesregierung sich in einem Jahr mit Krediten auf Vorrat vollpumpen kann, um das Geld anschließend in irgendeinem Sondervermögen zu parken und dann in den Folgejahren für andere Zwecke auszugeben, dann wird die Schuldenbremse ad absurdum geführt. Nur noch peinlich für die Ampel ist, dass sie den Trick mit dem Klima- und Investitionsfonds auch noch stümperhaft ausgeführt hat.“

Dass die Unions-Opposition jubelt, kann man verstehen. Sie hat der Regierung die zweite Niederlage in Karlsruhe verpasst, erst gegen das Heizungsgesetz und jetzt gegen das Verschieben von Corona-Krediten in das Klimaschutzprogramm. Kurz vor der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses, das hat schon was. Dass ausgerechnet in diesen Jubel-Chor auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt einstimmte, war zwar zu erwarten, verwunderte aber dennoch. Gehörte doch Dobrindt vor Jahr und Tag als Bundesverkehrsminister mit zu den Erfindern der gescheiterten Maut, die den Bund viele Millionen Euro gekostet hat. Aber Scham oder Demut sind nicht Sache eines führenden Christsozialen, eher schon die Attacke des politischen Gegners.  Und natürlich hat sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder(CSU) wieder zu Wort gemeldet, der gerade die Koalition mit Hubert Aiwanger(Freie Wähler) erneuert hat, der wegen eines antisemitischen Flugblatts mehr als umstritten ist. Aber Macht zählt mehr als Moral. Wie war noch die Wortwahl von Dobrindt? „Gigantische Klatsche“. Stimmt Herr Dobrindt. Wir kommen darauf zurück, wenn Sie mal wieder Bundesverkehrsminister sind und Bilanz Ihrer Arbeit ziehen, zum Beispiel zur Infrastruktur der Republik, zum Zustand von Straßen und Brücken, dem Schienennetz, überhaupt der Deutschen Bahn und ihrer Unzuverlässigkeit, oder wenn wieder mal ein CSU-Politiker dem Wehretat vorsteht. Dass mit der Bildungsmisere könnte man die CDU fragen, die 16 Jahre mit Angela Merkel als Kanzlerin regierte.  Oder damals mit Helmut Kohl, der 16 Jahre Kanzler war und der darauf bestand, dass die Bundesrepublik kein Einwanderungsland ist. Vergessen?

Zurück zur Ampel, die sich neu erfinden muss, wenn das geht, was ich bezweifle. Sie müsste Prioritäten entwickeln und eine Idee haben, wie Deutschland aussehen soll in der Zukunft und wie das zu machen und zu bezahlen ist. Schafft sie das nicht in den verbleibenden knapp zwei Jahren bis zur nächsten Bundestagswahl, „hat sie ihren Fortbestand selbst infrage gestellt“.(Leitartikel der SZ)

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