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Schuldenkrise: Wie geht es weiter in Griechenland und Eurozone?

Katharina Korczok Von Katharina Korczok
7. Juli 2015
Schuldenkrise: Wie geht es weiter in Griechenland und Eurozone?

Eine schnelle Einigung der Eurogruppe ist unwahrscheinlich. Noch gab es kaum Annäherung zwischen den Extrempositionen.

Am Dienstag sollen ein Eurogruppentreffen und ein EU Gipfel klären, wie es im griechischen Schuldenstreit weitergeht. Die einzelnen Positionen der Staaten und Institutionen und die möglichen Szenarien im Überblick:

Bei dem Eurogruppentreffen am Dienstagmittag werden die Finanzminister der Eurostaaten mit dem neuen griechischen Finanzminister Euclid Tsakalotos verhandeln. Unbekannt ist das „Gehirn der Wirtschaftspolitik“ der Syriza der Eurogruppe nicht: bereits seit April leitete er die griechische Verhandlungsdelegation. Am Dienstagabend stellt Ministerpräsident Alexis Tsipras die griechischen Rettungsvorschläge nach dem Nein im Referendum beim EU Gipfeltreffen vor. Eine schnelle Einigung ist wichtig, schon am 13. Juli wird eine weitere Rückzahlung von 450 Millionen Euro an den IWF fällig.

Griechenland

Nach dem Referendum erhofft sich Tsipras mit einer gestärkten Position in die Verhandlungen zurückzukehren. Am Montag erhielt er dazu noch die Unterstützung der wichtigsten griechischen Parteien. Ziel ist es, die Liquidität Griechenlands zu garantieren und das Bankensystem wieder zum Laufen zu bringen. Seit einer Woche sind die Banken wegen einer Kapitalverkehrskontrolle geschlossen. Pro Konto können täglich nicht mehr als 60 Euro abgehoben werden. De facto hat sich die Summe durch den Ausgang von 20 Euro-Scheinen bereits auf 50 Euro reduziert. Langfristig möchte Griechenland bei den Gläubigern einen Schuldenschnitt durchsetzen.

Eurostaaten

Die 18 weiteren Eurostaaten vertreten unterschiedliche Ansichten. Uneinigkeit herrscht vor allem zwischen dem EU-Führungsduo Merkel und Hollande. Die französische Regierung will einen Grexit nach aller Möglichkeit verhindern. Hollande fürchtet ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone könnte die Kreditwürdigkeit schwächerer Eurostaaten verschlechtern. Italien, Spanien, Portugal und auch Frankreich müssten dann mit höheren Zinsen für Staatsanleihen rechnen.

Deutschland lehnt dagegen einen Schuldenschnitt kategorisch ab. Auch andere EU-Staaten wollen einen weiteren Schuldenschnitt nicht unterstützen. Insbesondere die zentral- und osteuropäischen Staaten vertreten eine harte Linie. Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir erklärte der Grexit stelle ein „realistisches Szenario“ dar. Der estnische Präsident Toomas Hendrik verdeutlichte, was ein Schuldenschnitt für die ärmeren Eurostaaten bedeuten könnte: bis zu 4,2 Prozent des BIP stehen in Estland und u.a. der Slowakei und Slowenien auf dem Spiel.

IWF

Durch den Zahlungsrückstand gilt Griechenland beim Internationen Währungsfond als zahlungsunfähig. Einen Schuldenschnitt lehnt allerdings auch der Währungsfond ab. Um weitere Hilfen bereit stellen zu können, müssen die griechischen Schulden auf einem tragfähigen Niveau sein. IWF-Chefin Christine Lagarde fordert daher von den Eurostaaten und dem ESM Krisenfond für die griechischen Schulden zu bürgen. Ohne eine solche Absicherung wird Lagarde mit den anderen Regierungen im IWF kaum weitere Hilfen für Athen verhandeln können.

EZB

Die Europäische Zentralbank hält derzeit die ELA Notkredite für Griechenland auf dem aktuellen Niveau. Damit bleiben sie bei rund 89 Milliarden Euro gedeckelt. Die Nothilfen können jedoch nur an solvente Banken ausgegeben werden. Da der griechische Staat viele Kredite bei nationalen Banken hat, wären die Geldinstitute an einer Staatspleite beteiligt. Spätestens am 20. Juli wird die griechische Solvenz mit der fälligen Rückzahlung von 3,5 Milliarden Euro zweifelhaft. Eine Kündigung der Nothilfen würde zu Bankrott der griechischen Bankinstitute führen. Auch die Bürger kämen schließlich nicht mehr an Geld, das würde Familien, alte und finanzschwache Griechen besonders treffen.

EU Kommission

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach sich am Dienstagmorgen gegen einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone aus. Den griechischen Verhandlungsaustritt für das Referendum kritisierte er dennoch scharf. Auch eine schnelle Einigung sieht Juncker nicht. Um über ein neues Rettungsprogramm zu verhandeln, ist die Kommission auf die Zustimmung der Eurogruppe angewiesen.

Worum es im ersten Hilfspaket ging, erklärt unsere Grafik.
Worum es im ersten Hilfspaket ging, erklärt unsere Grafik.

Ein drittes Hilfspaket?

Das zweite Rettungsprogramm ist mit Griechenlands Austritt aus den Verhandlungen ausgelaufen. Circa 15 Milliarden Euro des 160 Milliarden Paketes verfallen damit. Ein neues, drittes Rettungspaket müsste verhandelt werden. Kurzfristig ist das jedoch kaum möglich. Der Vertrag des Europäischen Rettungsfonds ESM sieht mehrere Voraussetzungen für weitere Kredite vor. Hilfen können nur vergeben werden, wenn diese die Stabilität der Eurozone und der einzelnen Mitgliedsstaaten nicht gefährden. Schwierig wird es auch ein Verhandlungsmandat für die EU Institutionen wie die Kommission zu erhalten. Hierauf müssen sich die nationalen Parlamente einigen. 2010 entschied der Bundestag bereits im Eilverfahren über Hilfen.

Zurück zur Drachme?

Ein Grexit ist unwahrscheinlich. Solange Griechenland nicht selber austritt, sehen die Verträge keinen Ausschluss eines Mitgliedstaates aus der Eurozone vor. Wenn die EZB jedoch nicht weiterhin Notfallkredite gewährleistet, könnte sich Griechenland gezwungen sehen, auf Euro lautende Schuldscheine einzuführen. Diese Parallelwährung könnte in Griechenland Löhne und Renten bezahlen, da sie als Versprechen Griechenlands auf Zahlung fungiert. Mangelndes Vertrauen der Menschen in eine solche Parallelwährung könnte jedoch dazu führen, dass ein Schuldschein an Wert verliert. 500 Euro auf dem Papier wären im Laden möglicherweise nur noch 200 Euro wert.

Die Schuldscheine wären daher nur ein Übergang vor der Einführung einer neuen Währung. Diese benötigt genaue Vorbereitungen und könnte bis zu eineinhalb Jahre dauern. Wird beispielsweise die Drachme wieder eingeführt, ist mit einer Kapitalflucht zu rechnen, Banken blieben womöglich weiterhin geschlossen. Ob eine abgewertete Drachme günstige griechische Exporte fördern und einen wirtschaftlichen Aufschwung auslösen würde, ist umstritten. Gleichzeitig würden sich die Kosten für Importe erhöhen, Medikamenten- und Erdölpreise steigen. Griechenland wäre auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Das zweite Rettungsprogramm stockte die Hilfen noch einmal auf.
Das zweite Rettungsprogramm stockte die Hilfen noch einmal auf.

Schuldenschnitt

Mit 300 Milliarden Euro steht Griechenland bei seinen Gläubigern in der Schuld. Der Großteil des Geldes stammt aus dem Euro Rettungsfonds. Ein Schuldenschnitt könnte einen Teilerlass der Schulden bedeuten. Außerdem könnte die Eurogruppe sich auf niedrigere Zinsen und eine Laufzeitverlängerung der Rückzahlungen einigen. Beides setzte die Eurogruppe bereits im zweiten Hilfspaket um. Die Laufzeit der Kredite wurde durchschnittlich 15 Jahre verlängert und beträgt nun 30 Jahre. Die Rückzahlung des ersten Hilfspaketes wird ab 2020 fällig, drei Jahre später läuft die Tilgung des zweiten Rettungsprogramms an. 2012 einigten sich private Gläubiger außerdem auf einen Schuldenschnitt von insgesamt 35,5 Milliarden Euro, indem sie ihre Forderungen in EFSF Papiere umtauschten. In den Verhandlungen forderte Griechenland einen Schuldenschnitt von 30 Prozent. Damit würde die Zinslast Griechenlands sinken und gleichzeitig das Haushaltsdefizit schrumpfen. Auch der jetzige Sparkurs, unter dem vor allem die griechische Bevölkerung leidet, könnte gelockert werden.

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Tags: EUEurogruppeGriechenlandSchuldenkrise
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