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Asylbewerber: 232.000 Ablehnungen, nur 24.000 Abschiebungen

Friedhelm Ost Von Friedhelm Ost
7. Mai 2018
Duldung Asylbewerber

Anfang dieser Woche treffen sich die Politiker der CDU/ CSU- und SPD-Bundestagsfraktionen zu wichtigen Beratungen wichtiger Projekte der laufenden Legislaturperiode. Diese Begegnung beginnt auf der Zugspitze, später werden die Gespräche dann in Murnau am Staffelsee fortgesetzt. Auf der Tagesordnung stehen viele Themen, u. a. die berufliche Bildung, der Fachkräftemangel, das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche. Nach den Vorfällen in Ellwangen sollte die Flüchtlingspolitik indessen ganz obenan stehen, obwohl die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), dies nicht für so dringlich hält.

Gewaltiger Zustrom an Flüchtlingen

Seit 2015 sind rund 1,4 Mio. Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Als sich der stärkste Zustrom im Herbst des Jahres zu uns hinbewegte, schloss die Bundeskanzlerin die Grenzen nicht. Sie bewies vielmehr ein hohes Maß an Humanität und verkündete: Wir schaffen das. Doch aus der anfänglichen Willkommenskultur entwickelte sich fast ein Chaos. Die dafür zuständigen Behörden waren dieser großen Zahl an Flüchtlingen nicht gewachsen; zum Teil taten sie sich schon mit der Registrierung, Unterbringung und Überprüfung schwer.

Schwierige Asyl-Entscheidungen

Immerhin wurden die Anstrengungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge allmählich verstärkt. So konnten im letzten Jahr mehr als 603.000 Asylanträge entschieden werden. Davon wurden über 232.000 abgelehnt. Doch nicht einmal 24.000 aus dem Ausland gekommene Ausländer konnten abgeschoben werden. Viele tausende Zugereiste waren einfach in Deutschland untergetaucht, viele hatten keine Ausweispapiere, sodass das Herkunftsland nur schwer oder gar nicht festzustellen war. Ebenfalls viele legten ein ärztliches Attest vor, das sie zunächst vor einer Abschiebung schützte. Nicht weniger als 320.000 Asylbewerber nahmen sich einen Rechtsanwalt, um gegen die behördliche Abschiebeentscheidung zu klagen; viele Anwälte haben sich auf diesen Bereich spezialisiert und akquirieren hier zahlreiche Mandate. Die Gerichte sind bei den Entscheidungen dieser Asyl-Klagen durchweg überfordert, weil Personal fehlt.

Wasser auf die AfD-Mühlen

Über 80 % der Bürgerinnen und Bürger hierzulande haben inzwischen den Eindruck, dass unser Staat mit der Flüchtlingsflut nicht mehr fertig wird. Lediglich 12 % meinen, dass die Behörden mit der Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern zurechtkommen. Aus diesen Stimmungen saugt die AfD landauf, landab kräftig Honig. Sie schürt bei vielen Zeitgenossen das Gefühl, dass unsere Regierung und die sie tragenden Parteien sich als unfähig erweisen, die Asyl-Probleme nachhaltig zu lösen. Jeder Fall, bei dem Flüchtlinge auffallen, wird von Gauland, Weidel und anderen Chauvinisten an die große Glocke gehängt. Die Vorgänge in Ellwangen, wo 200 afrikanische Asylbewerber Anfang letzte Woche die Abschiebung eines 23jährigen Mannes aus Togo mit Gewalt verhindert haben, war Wasser auf die AfD-Mühlen, um die latente Furcht vor einer Überfremdung weiter anzufeuern.

Vor allem geht es den AfD-Leuten darum deutlich zu machen, dass unser Staat mit Angela Merkel an der Spitze der Bundesregierung das eben nicht schafft, nämlich das Asyl-Chaos in den Griff zu bekommen und geltendes Recht durchzusetzen.

Seehofer als Hoffnungsträger

Niemand darf die fatalen Folgen solcher Stimmungen geringschätzen. Wenn nicht schnell die Asyl-Probleme gelöst werden, wird der Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Politik und den Staat noch zunehmen. Große Hoffnung setzen nun viele auf den Bundesinnenminister Horst Seehofer, der mit sog. Ankerzentren die Probleme lösen, vor allem eine deutliche Verkürzung der Asylverfahren erreichen will; Anker steht dabei für Ankunft, Entscheidung und Rückführung.

Bislang dauern die Entscheidungen über Asylanträge im Schnitt fast 3 Monate. Die ersten Ankerzentren sollen in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen und Niedersachsen entstehen. Doch schon wird Kritik laut, dass die Kapazität je Ankerzentrum mit 1.000 bis 1.500 Flüchtlingen wegen möglicher Konfliktpotenziale zu groß sei. Und ob selbst bei schnelleren Asylentscheidungen die Abschiebungen effizienter werden, muss sich erst erweisen. Seehofer hat eine Herkulesaufgabe übernommen: Die Abschiebungen müssen von den Ausländerbehörden organisiert werden. Die Einrichtung der Ankerzentren muss mit den Länderregierungen vereinbart werden. Und der Bund muss die Probleme der Reisedokumente lösen und Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern regeln. Abschiebungen funktionieren allerdings nur in enger Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern; ihnen müssen Kooperationsanreize angeboten werden, sonst wird kaum etwas zu erreichen sein. 2017 wurden in Deutschland etwa 200.000 neue Asylanträge gestellt – 50.000 von Syrern, 23.000 von Irakern, 18.000 von Afghanen und 9.000 von Iranern, also aus Ländern, mit deren Regierungen ohnehin nur sehr schwer die Rücknahme zu vereinbaren sein wird.

Es gibt also viel zu tun, um die Flüchtlingsprobleme zu lösen und verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Die Große Koalition ist hier gefordert; es ist zugleich ihre große Chance.

Bildquelle: Wikipedia, Von Opihuck (talk) – Bundesgesetzblatt 2004, I S. 2973/2974, Gemeinfrei,

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Tags: AbschiebungenAsylbewerberAsylpolitikAsylverfahrenFlüchtlingspolitik
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