Clever: Mit seinem Auftritt zusammen mit Jens Spahn hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet den Rivalen Merz und Röttgen die Schau gestohlen. Die Überraschung ist ihm gelungen, selbst wenn sein „Team“ erst einmal nur aus zwei bis dahin als Konkurrenten Gehandelten besteht. Bis zum Tag der Entscheidung am 25. April 2020 über den Parteivorsitz wird noch so manche Wendung der Ereignisse zu beobachten sein, aber zumindest herrscht jetzt Klarheit über die wichtigsten Kandidaten. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass sich die Sache am Ende zwischen Laschet und Merz entscheiden wird.
Smart: Und Jens Spahn? Er hat schlau gehandelt, er hat Zeit, es läuft ihm nichts weg, er ist mitten dabei. Als Bundesgesundheitsminister ist er gegenwärtig präsenter (und wichtiger?) als der Wirtschafts- oder der Finanzminister, vom Innenminister oder der Verteidigungsministerin ganz zu schweigen. Er hat schon jetzt gewonnen. Für politische Beobachter hat sich damit erstaunlich schnell geklärt, wohin die personelle Reise der CDU zukünftig gehen könnte. Für die Union geht es aber daneben vor allem darum, inhaltliche Positionen zu klären. Dafür bietet das Kandidatenschaulaufen jede Gelegenheit. Das wird spannend und lässt sich im Ergebnis noch nicht abschätzen. Aber es bietet die Chance, die Breite der Partei auszuloten und die Bereitschaft, auch parteiinterne Flügelkämpfe für kein Werk des Teufels zu halten – solange am Ende des Tages Gemeinsamkeiten stärker sind als alles andere und das auch gezeigt wird.
Riskant: Friedrich März fährt eine riskante Strategie, weil er alles auf eine Karte setzt. Er zielt eindeutig auf die Kanzlerkandidatur, wofür er vorher den Parteivorsitz übernehmen muss. Als Kanzlerkandidat, das machen seine Reden und Auftritte deutlich, geht es ihm um die Abgrenzung zu den anderen Parteien, um klare Positionierung, um Konfrontation. Das ist alles nicht verkehrt, aber an den Parteivorsitzenden gerade in der CDU richten sich andere Erwartungen. Mit ihren verschiedenen Wurzeln, konservativ, sozial, liberal, muss ein künftiger Vorsitzender zuallererst möglichst viele in der Partei mitnehmen und eher versöhnen statt spalten, um den Slogan von Johannes Rau zu zitieren. Hier liegt die Achillesverse von Friedrich Merz, denn seine Reihenfolge ist problematisch, wenn nicht falsch: Die CDU hat ihre inhaltliche Positionierung noch nicht neu justiert und auch noch keine Klarheit darüber gewonnen, ob sie als Partei der Mitte den Kurs von Angela Merkel fortsetzen soll oder sich eher rechts von der Mitte neues Profil verschaffen will. Die Frage, mit welchem Kanzlerkandidaten die Union ins Rennen geht, ist deshalb – nicht nur aus Rücksicht auf die CSU – noch nicht wirklich zu beantworten.
Fahrplan: Die Koppelung beider Funktionen zu einem späteren Zeitpunkt ist vielleicht sinnvoll, aber zumindest gegenwärtig noch verfrüht, selbst wenn AKK es anders geplant hatte. Ihr Fahrplan für das Ganze war ohnehin nicht sehr durchdacht. Armin Laschet hat dies früh erkannt und bisher richtigerweise vermieden, sich darauf festlegen zu lassen, unbedingt auch Kanzlerkandidat werden zu wollen. Erst geht es ihm um die Parteiführung, noch nicht um das Kanzleramt. Er hat Regierungserfahrung, er traut es sich zu, aber das kommt später. Seine Strategie dürfte bei den Delegierten des Bundesparteitages gut ankommen, so wie es beim letzten Mal schon war, wenn auch mit AKK keine wirklich starke Kandidatin eine denn auch nur knappe Mehrheit hinter sich versammeln konnte. Da ist Armin Laschet sicherlich ein anderes Kaliber.
Pferdefuß: Für die CDU in Nordrhein-Westfalen kommt es allerdings darauf an, weiter als Regierungspartei die bisherige Arbeit fortzusetzen und die Regierungsverantwortung nicht schon wieder nach fünf Jahren zu verlieren. Die Halbzeitbilanz der schwarz-gelben Koalition kann sich sehen lassen. Sie wird mit Armin Laschet als Regierungschef verbunden. Das aufs Spiel zu setzen wäre ein hoher Preis. Als Bundesvorsitzender der CDU müsste er deshalb zumindest noch mittelfristig den Spagat zwischen Düsseldorf und Berlin meistern. Das ließe sich organisieren, aber in der Partei (vor allem in Berlin) wie in der Regierung in Düsseldorf bräuchte es dafür personelle Veränderungen, denn gleichzeitig Landesvorsitzender, Bundesvorsitzender, Ministerpräsident und später vielleicht noch Kanzlerkandidat zu sein und auch noch weitere damit verbundene Ämter und Funktionen zu bekleiden, lässt sich selbst mit der Formel 24/7 nicht bewältigen.
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