Lichter

Die Opfer von Hanau und ein Tag tiefer Trauer

Die Vermutung lag nahe, dass das Internet Anteil daran hat, Menschen politisch nach Rechtsaußen zu bewegen. Das jedenfalls lässt eine aktuelle Studie erkennen. In den Echoräumen des Netzes jedenfalls sehen und hören rechtsextreme Wutbürger, dass sie mit ihren kruden Theorien, völkischen Nationalismus und hassgeleiteter Sprache, die den Andersdenkenden mit Mord und Totschlag bedroht, nicht allein sind. Wer da, wie jetzt in Hanau, zur Waffe greift, glaubt womöglich, nur zu exekutieren, was eine Mehrheit denkt und sich nur nicht traut, auch durchzuziehen.

Fünf türkische und sechs eingewanderte deutsche Staatsbürger sind Opfer eines rechtsextremen 43jährigen deutschen Rassisten, der in Hanau zwei Shisha- Bars überfiel und die Gäste über den Haufen schoss. Ein Tag tiefer Trauer und die Erwartung, dass symbolisch alle Flagge auf Halbmast stehen.

Hoffentlich führt es dazu, dass die große Mehrheit der Menschen im Land, die sich dem demokratischen Rechtsstaat verpflichtet fühlt, aufwacht und unnachsichtig dafür eintritt, die Werte der Verfassung durchzusetzen. Ganz vorn Artikel 1 des Grundgesetzes: „die Würde des Menschen“ von niemandem antasten zu lassen. Verbunden mit dem Nachsatz, unnachsichtig durchzusetzen, dass Schutz und Pflege der Würde des Menschen „aller staatlichen Gewalt“ auferlegt ist und sie einzufordern. Den Angehörigen der Mordopfer des NSU, die auf Einlösung des öffentlich gegebenen Versprechens der Kanzlerin warten, dass alles getan werde, die Mordtaten und dass sie begleitende Staatsversagen von Justiz und Polizei aufzuklären.

Die Medien tragen ebenfalls Mitverantwortung dafür, dass die Erinnerung an den rechten Terror wachgehalten, und nicht problemlos zur nächsten Tagesordnung gewechselt wird. Um das Bewusstsein für die Gefahr, der die demokratische Ordnung ausgesetzt ist, wach zu halten, haben Medien und Politik nachzuhaken und nachzufragen sowie das eigene Handeln selbstkritisch zu hinterfragen. Das gilt auch für den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Ebenso wie für alle Morddrohungen gegen Kommunalpolitiker, und Journalisten. Auch den Ermittlern in der Polizei, die ebenfalls Zielscheibe hasserfüllter Hetzer im Netz sind. Last but not least auch den Opfern in Hanau, die hoffentlich in der ganzen Republik betrauert werden.

Noch ein Nachsatz: Die AfD hat im Internet auf ihrer Seite 500 000 Follower (Leser). Das schaffen CDU und SPD nicht einmal zusammen.

Bildquelle: Pixabay, Bild von S. Hermann & F. Richter, Pixabay License

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Der Print- und Fernsehjournalist arbeitete unter Gerhard Schröder als Regierungssprecher bevor er als Generalkonsul nach New York ging. Heye ist Autor mehrerer Bücher und bloggt vor allem zu den Themen Rassismus und Antisemitismus.


'Die Opfer von Hanau und ein Tag tiefer Trauer' hat einen Kommentar

  1. 21. Februar 2020 @ 01:41 Timo Ollech

    „Im Internet“ heisst wohl konkrat bei Facebook – da sind es aktuell 490.535 Likes und 517.322 Abonnenten. Bei einem Artikel, der von der Wirkung des Internet auf rechte Gesinnungen handelt, ist an dieser Stelle doch ein wenig mehr Genauigkeit angebracht. 😉

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