Screenshot Video "Die Zerstörung der CDU"

Ein Nachtrag zu Rezo und dem Zerstörungsvideo

Zu meinem letzten Beitrag bin ich allen Leserinnen und Lesern noch einen kleinen Nachtrag schuldig. Hans-Georg Hauser, ein Freund aus gemeinsamen Staatssekretärstagen in Bonn, hat mich auf das Video eines jungen Youtubers aufmerksam gemacht, der unter dem Pseudonym Actuarium  im Internet auftritt. Er zeigt darin, wie leicht es ist einen kleinen Fakten-Check bei Youtube-Videos vorzunehmen.

(https://youtu.be/oJKwQJky67w)

Als jemand der sich zur großen Zahl der „Mäuseschubser“ zählt, die über Computer nur eingeschränkte Detailkenntnisse besitzen und im großen Informationsmeer des Internets allenfalls als Binnenschiffer gelten, war das erstaunlich und lehrreich. Mit wenigen Mausklicks führte Actuarium vor, wie man bei Youtube-Beiträgen an Informationen über die Absender herankommt. Siehe da: Der von den Medien so gehypte (früher hätte man wohl „groß herausgebracht“ oder „hochgejubelte“ gesagt) Vertreter der Jugend Rezo, entpuppt sich als Netzwerk-Mitarbeiter eines der ganz großen deutschen Werbe- und PR-Unternehmen. Sein Video läuft auf einem Kanal der Firma „tubeone“ der Ströer Content Group aus Köln. Dahinter verbirgt sich eine Agentur der Ströer Gruppe, die sich auf „Social Media“-Kampagnen spezialisiert hat.

Das wirft Fragen auf.  Könnte es sein, dass der Youtube-Star in seinem 55 minütigen „Zerstörungs-Video“ gar nicht auf eigene Faust gehandelt hat, weil er vernetzter Mitarbeiter einer kommerziell arbeitenden Firma ist? War das Solidaritätsvideo, in dem ihm kurz vor der Europawahl 80 andere Youtuber zur Seite sprangen, keine spontane Aktion, sondern der Probelauf einer konzertierten Aktion im Internet, mit der die Firma potenziellen Kunden ihre Kampagnenfähigkeit demonstrieren wollten? Oder handelte es sich um eine Auftragsarbeit?

Leider haben sich offenbar nur wenige Medienschaffende die Mühe gemacht, nachzufragen wer Rezo ist und woher der junge Youtuber kam. Das festzustellen wäre aber mit zwei, drei Klicks im Sinne einer seriösen Recherchearbeit möglich gewesen. In der Zeit von Social Media und Fake-News müssen Journalisten besonders sorgfältig arbeiten. In den Journalistenschulen bekommen der Publizistennachwuchs deshalb das Mantra „Fakten checken, Fakten checken“ mit auf den Weg. Das ist die Basis guten Journalismus.

Die Medien verstehen sich neben der Legislative, der Exekutive und der Judikative als Vierte Gewalt in unserem Staat; – als Immunsystem der Demokratie. Dank der Pressefreiheit gibt es die Macht der Medien, die schon so manchen Skandal öffentlich machte. Missstände wurden abgeschafft. Täter ohne Ansehen der Peron bestraft. Das Internet sei nun die Fünfte Gewalt hieß es vor dem Hintergrund der Debatte um das „Zerstörungsvideo“ aus prominentem Kommentatorenmund. Deshalb sei der Vorstoß der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, mit dem sie eine Debatte über die Macht des Internets, ihren Missbrauch und mögliche Schranken forderte, ein empörender Anschlag auf die Meinungsfreiheit.

Im Licht der Fakten betrachtet erscheint AKKs gedanklicher Anstoß aber geradezu nötig. Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen agieren hierzulande nicht im rechtsfreien Raum. Wer in Deutschland Meinung veröffentlichen und machen will, unterliegt Pressegesetzen. Presserat, Rundfunk- und Medienräte aus allen Bereichen unserer Gesellschaft kontrollieren die Inhalte. Wenn das Internet eine Fünfte Gewalt in unserem demokratischen System sein soll, müsste die Frage, ob es sich dabei nicht doch um ein Medium im engeren Sinn handelt noch einmal neu überdacht werden. Zumindest müsste dann eine Art Vermummungsverbot für Netzaktivisten gelten, damit die Konsumenten ihrer Botschaften Klarheit über die Absender haben.

Bildquelle: Screenshot Youtube „Die Zerstörung der CDU“

Erstveröffentlichung in Peter Hausmanns Blog „Hausmannskost“ am 7.6.2019

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Peter Hausmann ist Mitglied der 12. Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule (DJS). und war Teilnehmer am ersten Modellversuch von DJS und Ludwig-Maximilians-Universität zur Journalistenausbildung. Anschließend war er als freier Journalist unter anderem für den Münchner Merkur und den Bayerischen Rundfunk tätig, wo er 1982 eine Festanstellung als Redakteur erhielt. Sein thematischer Schwerpunkt ist die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Neben der journalistischen Arbeit erhielt er mehrere Lehraufträge zu den Themen Interviewtechnik und Rundfunkjournalismus an der Deutschen Journalistenschule München, der Ludwig-Maximilians-Universität und an der Katholischen Universität Eichstätt. 1988 wurde Peter Hausmann kommissarischer Leiter der Wirtschaftsredaktion Hörfunk beim Bayerischen Rundfunk. Nach dem Tod von Franz Josef Strauß, Ende 1988, wechselte er zur CSU als Sprecher des CSU-Vorsitzenden, Bundesfinanzminister Theo Waigel. Ende 1992 kehrte er zum Bayerischen Rundfunk als Leiter der Wirtschaftsredaktion Hörfunk zurück. 1994 wurde Peter Hausmann Sprecher der Bundesregierung und Chef des Bundespresseamtes unter Bundeskanzler Helmut Kohl. Bis Mai 1998 war er als beamteter Staatssekretär Mitglied der Bundesregierung in Bonn. Von 1998 bis 2005 war Peter Hausmann Partner der Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Unternehmensberatungsgesellschaft Deloitte & Touche, und im November 2005 wechselte er als Partner zur PR-Agentur Pleon. Als Nachfolger von Peter Schmalz war er von 1. November 2008 bis 31. Oktober 2014 Chefredakteur der von der CSU verlegten Wochenzeitung Bayernkurier. Peter Hausmann ist Vorstandsmitglied des Ortsverbandes Laim-West der CSU.


'Ein Nachtrag zu Rezo und dem Zerstörungsvideo' hat 3 Kommentare

  1. 9. Juni 2019 @ 19:13 Kai Ruhsert

    Warum ein Vermummungsverbot? Es war doch auch früher nicht verboten, unter Pseudonym zu schreiben.
    Ein weiteres Mal scheint mir, dass hier gerne über Personen geredet wird, wo es vorrangig um Inhalte gehen sollte.
    Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim stellt zumindest seinen Aussagen zum Klimawandel ein gutes Zeugnis aus: „Rezo wissenschaftlich geprüft“ Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=tNZXy6hfvhM

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  2. 10. Juni 2019 @ 17:52 fakeraol

    Ein weiterer CSUler, der über den Boten redet, statt über die Botschaft.

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  3. 11. Juni 2019 @ 17:03 mikefromffm

    „Als jemand der sich zur großen Zahl der „Mäuseschubser“ zählt, die über Computer nur eingeschränkte Detailkenntnisse besitzen und im großen Informationsmeer des Internets allenfalls als Binnenschiffer gelten“ können, haben sie mit ihrem Kommentar hinreichend bewiesen. Frage sie einfach mal eine/n ihrer KollegInnen, wie dieses moderne Zeugs namens Internet funktioniert.

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