Berlin ist nicht Weimar – noch nicht. Denn die Sorgen um die Stabilität unserer Demokratie sind längst groß und gewiss nicht unberechtigt. Mit Erfolg wurden in früheren Zeiten Parteien wie die NPD und die Republikaner erfolgreich bekämpft und auf Null gebracht. Nach der Wiedervereinigung blieb die Nachfolgerin der SED, der Einheitspartei der kommunistischen DDR-Diktatur, als PDS erhalten. Diese Linke sitzt mit Abgeordneten im Bundestag ebenso wie in Länder- und Kommunalparlamenten. In der SPD und bei den Grünen gibt es keine Berührungsängste, mit der PDS zu koalieren und gemeinsame Politik zu machen. CDU und CSU lehnen bislang jede Zusammenarbeit mit den Linken ab. So waren die CDU-Abgeordneten im Thüringer Landtag auch nicht bereit, den PDS-Kandidaten Ramelow zum Ministerpräsidenten zu wählen. Sie folgten damit dem Beschluss, den die CDU-Bundespartei bereits vor langer Zeit gefasst hatte.
Front gegen Radikale
Im rechten Parteienspektrum hat sich in den letzten Jahren die AfD etabliert. Inzwischen stellt sie die größte Oppositionsfraktion im Bundestag. Zugleich ist sie in den Landtagen präsent, zum Teil auch – vor allem in den Neuen Bundesländern – als zweitstärkste Partei. Viele Wähler aus der Union und SPD sowie sogar aus der PDS haben sich für die AfD entschieden – die meisten wohl aus Frust und Verdruss. Nicht wenige Politiker der AfD fallen mit rechts-radikalen und faschistischen Parolen auf, machen die „Altparteien“ verächtlich, machen Front gegen unsere Demokratie. Mit ihren Agitationen gegen Ausländer, ihren zum Teil hasserfüllten Attacken gegen Angela Merkel, dem Schüren von Ängsten und üblem Antisemitismus hat die AfD früher nie für möglich gehaltene Wahlerfolge erzielt.
Mordspuren durch Deutschland
Öffentlich begleitet wird die AfD von zum Teil mächtigen Aufmärschen von Neonazis und rechtsradikalen Gruppen in einer Reihe von Städten. Zumeist garantieren richterliche Entscheidungen auch diesen Gruppen und Horden das grundgesetzlich geschützte Demonstrationsrecht. Auf diesem braunen Sumpf gedeihen gefährliche, ja sogar tödliche Gewächse. Die lange Mordspur der NSU sowie der Mord am Kasseler Regierungspräsident Walter Lübke, die Attacken gegen zahlreiche Politiker und Schüsse auf Büros von Mandatsträgern zeigen nur zu deutlich, dass den radikalen Parolen schrecklichste Taten folgen.
Zuwenig Begeisterung für unsere Demokratie
Allerdings haben viele Zeitgenossen die Schüsse noch nicht gehört oder einfach überhört. Denn es geht um nicht weniger als um den Kampf für unsere Demokratie, um unsere freiheitliche Staatsordnung mit der besten Verfassung, die es je in Deutschland gab. Jüngste Erhebungen kommen zu dem Ergebnis, dass 81 % der Deutschen (78 % der Ostdeutschen) mit ihrem gegenwärtigen Leben sehr oder ziemlich zufrieden sind. Mit unserer Demokratie zeigen sich indessen nur 37 % der Deutschen (22 % der Ostdeutschen) ziemlich oder sehr zufrieden. Selbst bei fast 70 % der Anhänger der AfD wurde ein hoher Grad an Zufriedenheit festgestellt. Dass die persönlichen Freiheiten, die Menschenwürde, der große ökonomische Wohlstand, das eng geknüpfte soziale Netz und vieles Positive mehr auf unserer Demokratie und Sozialen Marktwirtschaft basieren, ist offenbar nicht mehr allen Zeitgenossen bewusst.
Deshalb bedarf es einer stärkeren Aufrüstung zur Verteidigung unserer Ordnung und Werte. In unserer Demokratie geht alle Macht vom Volk aus, das indessen auch dafür viel intensiver einstehen und kämpfen muss.
Randwähler zurückgewinnen!
Längst genügt es nicht mehr, die extremen Parteien links und rechts pauschal abzulehnen. Es ist höchste Zeit, auf deren Wähler offensiv zuzugehen und diese für die Union, SPD und FDP zurückzugewinnen. Das kann gelingen, wenn mit offenem Visier, klaren politischen Ansagen, sensibler Aufnahme der Sorgen und Anliegen der Menschen und größerer Entschlossenheit bei Entscheidungen für die Demokratie eingetreten wird. Frauen und Männer aus der Wissenschaft, den Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen und anderen Institutionen sollten dabei vorangehen und die Flagge der Demokratie hissen. Geradezu beispielhaft hat der Siemens-Chef, Joe Kaeser, jüngst dazu aufgefordert, sich stärker in die Gesellschaft einzubringen, und gemahnt: „Nach der Machtergreifung von Adolf Hitler 1933 war es höchstwahrscheinlich zu spät, sich gegen die Nazis zu stellen…Aber davor hat es ein Zeitfenster gegeben, in dem Widerstand sicher noch möglich gewesen wäre. Meine Lehre aus der Zeit des Nationalsozialismus ist: Wir haben zu oft geschwiegen, das darf sich nicht wiederholen.“
Bildquelle: Pixabay, Bild von Gerd Altmann (geralt, Pixabay License
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