Der frühere NRW- Landesfinanzminister und heutige Pensionär Norbert Walter- Borjans, der nun zu 50 Prozent die SPD führt, stellt sich in eine Reihe mit herausragenden Persönlichkeiten der Republik. Kleine Auswahl: Konrad Adenauer, Willy Brandt, Hans- Jochen Vogel, Gustav W. Heinemann. Sie alle haben in unterschiedlicher Weise gesagt: Grund und Boden dürfen nicht dem Spiel der sogenannten Marktkräfte überlassen bleiben, sondern Preis und Verfügung von Grund und Boden sind zugunsten der Kommunen zu regulieren. Besonders Hans- Jochen Vogel hat immer wieder auf die Dringlichkeit eines neuen Bodenrechts hingewiesen.
Walter-Borjans und die andere Führungshälfte der SPD, Saskia Esken (MdB) wollen eine neue Steuer auf Bodenwert- Zuwächse einführen, die durch kommunale Planungen entstanden sind. Die Forderung kommt sehr unvermittelt daher und deren mediale Wiedergabe ist alles andere als gut gelungen. Aber absolut dringlich ist das Thema dennoch.
Einer der Nachfolger Vogels im Amt des Münchner Oberbürgermeisters, Dieter Reiter, hat kürzlich in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin ein soziales Bodenrecht angemahnt: „Entscheidend ist, dass die Gemeinden durch die Ergänzung des Baugesetzbuches ermächtigt werden, in einer städtebaulichen Satzung zu bestimmen, dass auch bei Wohnbauvorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) ein bestimmter Anteil an bezahlbarem/gefördertem Wohnraum geschaffen und für einen gewissen Zeitraum entsprechend genutzt werden muss. Sofern Bauherren diese Wohnungen nicht realisieren können oder wollen, müssten die Bauherren zur Zahlung eines zweckgebundenen Ausgleichsbetrags verpflichtet sein.“
Reiter abschließend: „Wir stehen gegenüber der Bevölkerung nicht nur in München, sondern in allen Ballungsgebieten in der Pflicht, der Endlosspirale steigender Mieten und Wohnungspreise auf allen Ebenen wirksame Instrumente entgegenzusetzen.“
Grund und Boden lassen sich nicht vermehren beziehungsweise wie neue T-Shirts bei H&M kaufen. Das war bekannt, ist nichts Neues. Daher sind Mietpreisdeckel zwar nützlich, aber keine wirkliche Lösung. Aber verblüffend ist schon, wie zweitrangig die Bodenfrage über Jahrzehnte behandelt worden ist – das ist auch kein Ruhmesblatt für die SPD, die doch mal die Partei der Häuslebauer war. Hans-Jochen Vogel: „Von 1962–2017 sind bundesweit die Baulandpreise um 2.400 Prozent gestiegen. Das hat scheinbar niemanden bisher aufgeregt.“ Es wird Zeit für den großen öffentlichen Streit darüber, wer über den Wert von Grund und Boden entscheidet: Markt oder Mehrheit.
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