Die Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Union (CDU), Angela Merkel, hat Klartext gesprochen: Mit etwas Verspätung und nach reiflicher Überlegung will sie nun alle deutschen Waffenexporte nach Saudi-Arabien stoppen. Zugleich verurteilte sie die hinterlistige und unbegreifliche Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul in aller Schärfe. Dies Signal aus dem politischen Berlin war längst überfällig, um die Glaubwürdigkeit Deutschlands zu retten. Denn die Menschenrechte sind unteilbar, gelten weltweit und können nicht einem billigen geschäftlichen Opportunismus geopfert werden.
Das brutale Mordkommando
Die Empörung über diesen schrecklichen Mord, den Schergen im Auftrag der Saudis begangen haben, reicht nicht aus. Konkrete Taten müssen gegen die Mächtigen in einem Land, das mit seinem übermäßigen Reichtum alle und alles in der Welt zu kaufen versuchte, folgen. Wer auch immer unschuldige Menschen in eine diplomatische Falle im Ausland lockt, eine Bande von Mördern in die Türkei mit Jets einfliegt und dann jemanden hinterrücks umbringt, stellt sich gegen alle Werte dieser Weltgemeinschaft. Die Führung Saudi-Arabiens hat jede Ethik und Moral mit Füßen getreten. So etwas verdient die klare Ächtung der gesamten freien Welt.
Milliarden-Geschäfte mit den Saudis
Die Erklärungen, die bislang aus Riad zu vernehmen waren, sind peinlich, unverständlich und inakzeptabel. Auch das angeblich 18 Saudis, die an dem Mord beteiligt waren, festgenommen und 2 Berater des Kronprinzen Mohammed bin Salman entlassen wurden, kann nichts entschuldigen und schon gar nicht die politischen Hintermänner entschulden. Die royalen Höflinge haben die Mörder gedungen und waschen sich nun ihre Hände in Unschuld. Das darf niemand ihnen durchgehen lassen. Allerdings sind Politiker ebenso wie vor allem Manager den saudischen Superreichen immer wieder auf den Leim gegangen. Denn das Königreich liefert große Mengen Öl und kassiert fast unzählige Milliarden Dollar dafür. Mit diesem Königshaus werden große Geschäfte gemacht – nicht zuletzt auch von deutschen Firmen, die sich allzu gern als Hoflieferanten andienen. Zudem treten die Saudis als bedeutende Investoren in aller Welt auf, beteiligen sich an ausländischen Firmen, legen ihre Milliarden-Einnahmen in den USA, in europäischen und asiatischen Ländern an.
Manager-Reisen nach Riad
Das Königshaus hatte deshalb bereits vor einiger Zeit zu der Wirtschaftskonferenz „Future Investment Initiative“ in dieser Woche nach Riad eingeladen. Manager aus aller Welt sollten an den Hof eilen und auf ertragreiche Geschäfte hoffen. Doch nach der heimtückischen Ermordung von Jamal Khashoggi zuckten viele zurück. Allen voran sagte die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, ihre Reise nach Riad ab. Ihrem Beispiel folgten einige private Bankiers, unter anderen auch der Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing. Dagegen tat sich Joe Kaeser, der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, sehr schwer, dem saudischen Königshaus einen Korb zu geben. Denn Riad hatte einen Köder ausgelegt, den der Siemens-Mann allzu verlockend fand. So begründete Kaeser noch vor wenigen Tagen seine Haltung mit dem Hinweis, dass er mit den Saudis direkt sprechen wolle, um etwas zu ändern. Das mag nicht ganz falsch sein, doch die weiteren Ausführungen von Joe Kaeser könnten geradezu aufschrecken: „Wenn wir aufhören, mit Ländern zu kommunizieren, in denen Menschen vermisst werden, kann ich auch gleich zu Hause bleiben, weil ich mit niemandem mehr sprechen kann.“ Damit liegt der Siemens-Mann wohl völlig daneben, denn noch gibt es viele Länder auf dieser Welt, die Recht und Gesetz, demokratische Werte und Menschenrechte beachten, in denen Ethik und Moral auch in der Wirtschaft eine Rolle spielen. Und Gott sei Dank gibt es nur wenige Staaten, in denen die Herrscher ihre Lieferanten mit blutigen Händen empfangen. Ob Joe Kaeser bei aller Gier nach Geschäften und Profit das so bedacht hat, ist mehr als fraglich. Seine Absage in letzter Minute ist dennoch zu loben. Denn er hat sich auf die Losung eines aufrechten Kaufmanns besonnen: „Lieber ein Geschäft verlieren als das Vertrauen!“
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