Kommunalwahlen in NRW. Womit fängt man an, wenn man darüber schreibt? Die Grünen sind auf dem Vormarsch, aber es ist bei allem Respekt kein Durchmarsch der Öko-Freunde. Die CDU von Ministerpräsident Armin Laschet muss leichte Verluste verkraften, was kein Problem sein dürfte, weil sie eindeutig stärkste Kraft geblieben ist im bevölkerungsreichsten Land der Republik. Die SPD kann Geschichten von früher erzählen, als NRW noch eine Hochburg der Sozialdemokraten war, aber seit diesem Sonntag können die Genossen diese Geschichten auch vom Ruhrgebiet erzählen. Es war einmal. Sie müssen nun sogar kämpfen um Dortmund, das war mal ihre Herzkammer, so hatte sie Herbert Wehner, der alte Fuhrmann der SPD, einst getauft. Der Rest ist Nebensache, die FDP spielt ebensowenig eine Rolle wie die Linke, die rechtsextreme AfD kann Gewinne verbuchen, die zu verschmerzen sind.
Eine Wahl in NRW ist immer mehr als eine regionale Wahl, weil halt 14 Millionen Wahlberechtigte zur Wahl aufgerufen sind. Also ist ein Urnengang an Rhein, Ruhr und Lippe immer auch ein Stimmungsbild in einem großen Teil der Republik. Armin Laschet kann zufrieden sein, mit diesem Votum kann er sich auf dem Parteitag der Union im Dezember in Berlin sehen lassen, auch wenn am Ende nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen sind. Vielleicht wird er in die Auseinandersetzung mit CSU-Chef, dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder nunmehr etwas selbstbewusster gehen. Es ist doch eine Zumutung, was Söder sich leistet: Zwei Minister im Kabinett von Angela Merkel sind Versager, gemeint sind der Verkehrsminister Andreas Scheuer und der Bundesinnenminister Horst Seehofer. Beide gehören gefeuert. Und noch eins Herr Söder: Auch bei Corona ist Bayern nicht das Vorzeigeland, wie das gern am Biertisch dargestellt wird. Nicht vergessen sollten alle anderen auch, wie Söder den Versuch von Bundesfinanzminister Olaf Scholz abgelehnt hat, die schuldengeplagten Städte vor allem im Ruhrgebiet zu entschulden. Nur so kommen sie wieder auf die Beine. Aber Solidarität
kennt der Herr wohl nicht. Dabei hat der Freistaat über viele Jahre selber von der Unterstützung durch andere gelebt. Schon vergessen, Herr Söder?
Vor 40 Jahren wurden die Grünen als Bundespartei gegründet, ein Jahr zuvor war der NRW-Landesverband aus der Taufe gehoben worden. In beiden Fällen waren sie mehr eine Protest-Bewegung, denn eine politische Partei. Aber das ist Geschichte. Die Grünen, die einst in Hessen an der Seite von Holger Börner(SPD) erstmals auf Landesebene mitregieren durften- Joschka Fischer wurde in Turnschuhen und Jeans vereidigt- und Jahre später in der Bundesregierung unter dem SPD-Kanzler Gerhard Schröder mit dem erwähnten Fischer -allerdings in einem gepflegten blauen Anzug- den Bundesaußenminister stellten, sind auf dem Weg nach vorn. Noch müssen sie sich auf Landesebene in NRW mit Platz drei begnügen, aber wenn die SPD so weitermacht, werden sie die Sozialdemokraten verdrängen und wer weiß, wer dann im nächsten Jahr Platz eins für sich beansprucht.
Man muss sich nur die Führung der SPD in NRW anschauen und die im Bund und sie vergleichen mit den führenden Grünen. Die Grünen-Spitze mit Annalena Baerbock und Robert Habeck vermeiden jeden Streit und verbreiten gute Laune. Sie sind relativ jung, gut aussehend, strahlen das aus, was die Leute mögen. Und zu ihrer Zuversicht verkörpern sie eine Art von Nachdenklichkeit, die ankommt bei vielen Wählern. Wer eigentlich steht an der Spitze der NRW-SPD? Sebastian Hartmann gab am Abend der Kommunalwahl eine derart klägliche Erklärung ab, dass man schon im Grunde abwinken kann. Der nicht. Ohne Gewicht. Dann gibt es den Fraktionsvorsitzenden Kutschaty, der kommt aus Essen. Dort hat die SPD gerade eine historische Niederlage erlitten. In Essen, der Stadt der Konzerne im Revier, hat die SPD den Kontakt zu den Arbeitnehmern verloren, ist sie weit weg vom Alltag der Menschen. Man höre nur zwischendurch die Klagen von einem ehemaligen Sozi namens Sartor, der leitet die dortige Tafel.
Die SPD als Partei, die sich um die Sorgen der Menschen kümmert, die da ist, wenn es brennt, der Betriebsrat der Nation, die Partei, die kämpft für mehr soziale Gerechtigkeit, bessere Löhne und Gehälter, bessere Arbeitsbedingungen, die sich einsetzt für den Aufstieg des kleinen Mannes durch Bildung, kämpft für gleiche Bezahlung von Frauen und Männer, die sich einsetzt für Frauen, damit sie in Spitzenpositionen gelangen, die für Millionen Alleinerzieher der Ansprechpartner ist, für Krankenschwestern, Pflegerinnen und Pfleger, Busfahrer, Verkäuferinnen, die sie vertritt im Kampf für bezahlbare Wohnungen. Es gibt so viele Probleme, für die Sozialdemokraten früher selbstverständlich zuständig waren. Und heute? Der Abstieg der SPD auch in NRW hat sich vor Jahren abgezeichnet, als man erstmals seit Jahrzehnten krachend eine Landtagswahl verlor. Dann gewann man kurze Zeit durch viel Glück die Macht in Düsseldorf zurück, hatte aber alle Mahnungen überhört, glaubte schon wieder oben zu sein und stürzte dann vor ein paar Jahren wieder ab. Was jetzt bei der Kommunalwahl passiert ist, war absehbar. Die älteste deutsche Partei sieht alt aus, sehr alt, Und wenn sie jetzt nicht aufpasst und allen internen Streit vergisst und sich endlich konzentriert auf das, wofür sie da ist, wird sie nicht wieder aufsteigen. Für Verdienste von früher wird niemand gewählt. Das gilt auch für die SPD.
Bildquelle: pixelio.de/Lars Kulesch
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