Eine „hässliche Blutspur“ des aggressiven Rechtsextremismus entdeckt von Bundesinnenminister Horst Seehofer, und er erinnert dabei an die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), an die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten und den Anschlag auf die Synagoge in Halle.
Seit dem Fall der Mauer vor 30 Jahren hätte er bereits mehrfach solche neofaschistischen Blutspuren entdecken können. Es gab seither über einhundertfünfzig Todesopfer rechter Gewalt. Mehr als Staatsversagen wie beim NSU war dabei ja auch nicht herausgekommen. Da war Seehofer allerdings noch CSU-Vorsitzender und bayerischer Ministerpräsident und damit beschäftigt, die Bundeskanzlerin des Rechtsbruchs anzuklagen, weil sie im Jahr 2015 im Alleingang einer Million Flüchtlingen den Weg nach Deutschland öffnete.
Seehofer und andere in der CSU waren damals wie bissige Straßenköter unterwegs, der AfD Konkurrenz zu machen. Es ging ihnen um die Abwehr einer humanen Flüchtlingspolitik, und ihrer daran geknüpften Erwartung, mit einer rechts gewendeten CSU die AfD rechts zu überholen, und in der bayerischen Landtagswahl vom Wähler dafür mit der absoluten Mehrheit im Landtag belohnt zu werden. Sie nahmen dabei in Kauf, die Union von CSU und CDU zu sprengen. Die CSU fuhr tatsächlich aber ihr zweitschlechtestes Wahlergebnis ein und muss mit den Freien Wählern koalieren. Die AfD avancierte auch in München zur stärksten Oppositionspartei.
Seither versucht sich Seehofer als Bundesinnenminister in Berlin und sucht wie sein ebenso rechtslastiger Nachfolger Markus Söder in München virale Harmonie und Nähe zur Kanzlerin. Nun also der neue Horst Seehofer als Kämpfer gegen den rechtsextremen Rand in der Gesellschaft. Er verweist auf 12000 gewaltbereite Rechtsradikale, auf deren Konto allein die Hälfte aller politischen Straftaten in Deutschland gehen, die jedes Jahr neue Rekordmarken erreichen.
Mehr als 300 rechtsextreme Straftäter sind im Untergrund abgetaucht, gegen die Haftbefehle vorliegen, die nicht vollzogen werden können. Es häufen sich Verdachtsfälle, dass auch in Polizeibehörden und in der Bundeswehr rechtsextreme Netzwerke agieren.
Der Kampf gegen Rechts soll nun gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden endlich verstärkt werden. Bundeskriminalamt, so die Planungen, und das Bundesamt für Verfassungsschutz sollen dafür je 300 Stellen zusätzlich bekommen. Zudem wird offenbar mit „Hochdruck am Verbot“ weiterer rechtsextremistischer Organisationen gearbeitet. Beim Verfassungsschutz des Bundes soll eine Zentralstelle eingerichtet werden, die „rechtsextreme Umtriebe im Öffentlichen Dienst“ in den Blick nimmt.
Wie die Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundeskriminalamtes zudem deutlich machten, soll mit einem ganzheitlichen Ansatz sowohl die „alte“ Rechte mit ihren Vereinen, Kameradschaften, Kampfsportveranstaltungen und Konzerten beobachtet werden, die zugleich Nährboden für Neonazis und rechtextreme Gewalt bieten. Dazu zählen auch die Identitäre Bewegung, die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ und der „Flügel“ in der AfD. Ebenso einbezogen rechtsextreme Umtriebe im Internet, das kein rechtsfreier Raum sein dürfe.
Ob das ausreicht, künftiges neuerliches Staatsversagen zu verhindern, wie bei der zufälligen Aufklärung der Mordserie des NSU, wird auch davon abhängen, ob es gelingt, den gesellschaftlichen Widerstand gegen Rechts zu stärken. Statt die Gemeinnützigkeit von wichtigen Trägern des gesellschaftlichen Widerstandes zu entziehen, wie jüngst des Bundesverbandes der Verfolgten des Naziregimes, und damit den zivilgesellschaftlichen Widerstand zu schwächen, ist Ermutigung notwendig. Höchste Zeit, aufzuwachen!
Bildquelle: Wikipedia, Von Frank Vincentz – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
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