Friedensgutachten

„Krieg ohne Ende“ – Friedensgutachten fordert mehr Diplomatie und weniger Rüstungsexporte

Das „Friedensgutachten“ wirft seit mehr als 30 Jahren ein Schlaglicht auf Kriege, Konfliktherde, Krisen und ihre Ursachen. Die führenden deutschen Friedensforschungsinstitute zeigen geballt die Unordnung der Welt auf und führen der Politik Verantwortung und Versäumnisse vor Augen. In diesem Jahr fordern sie von der Bundesregierung mehr Diplomatie und restriktive Rüstungsexporte.

Von einer stabilen und gerechten Friedensordnung sei die Welt gegenwärtig weit entfernt, heißt es zur Vorstellung der Publikation. „Die Kriege etwa im Nahen und Mittleren Osten und in Afrika fordern Tausende Opfer und zwingen Menschen zur Flucht. Die gemeinsame Sorge für den Frieden auf dem Wege der internationalen Zusammenarbeit – beispielsweise in den Vereinten Nationen (UN) – wird von Konflikten überschattet.“ Von Deutschland und der Europäischen Union seien deshalb verstärkte Anstrengungen nötig, um Frieden in der Welt herzustellen und zu erhalten.

Angesichts der vielfältigen aktuellen Bedrohungslagen haben BICC (Bonn International Center for Conversion), das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), das Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) und das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) ihre gemeinsame Jahrespublikation eindringlicher gestaltet.

Die Idee hinter dem Friedensgutachten 2018 sei „es prägnanter zu machen, ein bisschen provokativer“, sagt Mitautor Prof. Dr. Christopher Daase (HSFK). Daraus spricht der Wunsch nach mehr Wirkung. Die Ignoranz gegenüber den wiederkehrenden Empfehlungen und die Gleichgültigkeit, mit der die Politik über die Mahnungen hinweggeht, sollen überwunden werden. „Kriege ohne Ende“, lautet die Überschrift, die wachrütteln soll, die Forderung: mehr Diplomatie und weniger Rüstungsexporte.

Die Analysen zu den bewaffneten Konflikten und diplomatischen Krisen weltweit münden in thesenartig formulierten Forderungen für eine vorbeugend und nachhaltig angelegte Friedenssicherung, die auch Zwangsinstrumente einsetzen kann, wenn sie völkerrechtlich eindeutig legitimiert sind. Eine der zentralen Forderungen ist: „Die Bundesregierung sollte ein restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz vorlegen. Genehmigungen für Exporte an Kriegsparteien im Jemen müssen widerrufen werden. Lieferungen an die Türkei sind zu unterbrechen, solange die Türkei völkerrechtswidrig agiert.“

Der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran über die friedliche Nutzung von Kernenergie bedeutet nicht nur einen Angriff auf den Multilateralismus, sondern auch auf das Grundprinzip „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten). Das Friedensgutachten plädiert für eine selbstbewusste EU-Diplomatie, bei der Deutschland in erster Reihe steht: „Die Bundesregierung muss gemeinsam mit ihren Partnern Strategien ausloten, wie sich der Schaden des US-Vorgehens für die internationalen Beziehungen begrenzen lässt.“

Das Sonderkapitel „Fokus“ nimmt aus aktuellem Anlass den Nahen und Mittleren Osten als Konfliktregion in den Blick. Gerade hier müsse Deutschland eine proaktive diplomatische Rolle einnehmen und „Netzwerke in der Region noch stärker nutzen, um Gesprächskanäle zwischen verfeindeten Gruppen zu öffnen und eine moderierende Rolle einnehmen“, so die Empfehlung der Autorinnen und Autoren.

Das Friedensgutachten thematisiert zudem die Menschenrechte und fordert: „Die deutsche Kritik an Menschenrechtsverletzungen in der Türkei darf nicht mit der Freilassung einiger Staatsbürger verstummen.“ Auch die EU-Kooperation im Bereich der Migrationspolitik mit Ägypten, Äthiopien, Libyen oder dem Tschad dürfe nicht zu Menschenrechtsverletzungen führen.

Weitere Empfehlungen betreffen darüber hinaus die Interventionen in Afghanistan, die Beteiligung an UN-Friedensoperationen sowie die Gestaltung von Flüchtlings- und Migrationspolitik. „Das Friedensgutachten ist ein wichtiges Instrument, um auf das Thema ‚Frieden‘ in der Öffentlichkeit und Politik aufmerksam zu machen“, sagt Prof. Dr. Conrad Schetter (BICC), und Prof. Dr. Nicole Deitelhoff (HSFK) unterstreicht: „In der Zeit, in der wir leben, kann es gar nicht genügend Ratschläge dafür geben, wie wir den Frieden sichern und erhalten können.“

Bildquelle: Friedensgutachten

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Die promovierte Medienwissenschaftlerin arbeitete mehr als 20 Jahre in der Politikredaktion der Westfälischen Rundschau. Recherchereisen führten sie u. a. nach Ghana, Benin, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, China, Ukraine, Belarus, Israel und in das Westjordanland. Sie berichtete über Gipfeltreffen des Europäischen Rates, Parteitage, EKD-Synoden, Kirchentage und Kongresse. Parallel nahm sie Lehraufträge am Institut für Journalistik der TU Dortmund sowie am Erich-Brost-Institut für Internationalen Journalismus in Dortmund wahr. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin.


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