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Landespflegekammer in Niedersachsen vor dem Aus

Die niedersächsische Sozial-und Gesundheitsministerin Carola Reimann kündigte an, dass unverzüglich ein Gesetz eingebracht werde, um die erst vor wenigen Jahren geschaffene Landespflegkammer aufzulösen. Das ist ein bemerkenswerter Vorgang, denn eine einmal geschaffene Institution wieder abzuschaffen, dass ist in Deutschland fast so selten wie ein Tag, an dem Weihnachten und Ostern zusammen gefeiert werden. Umso bemerkenswerter ist die Entscheidung der Ministerin, einer gelernten Biotechnologin, die der SPD angehört. Reimann in einer Pressemitteilung ihres Ministeriums: „Die Pflegekammer ist damit ganz offensichtlich nicht die Form von Vertretung, die sich die Pflegekräfte in Niedersachsen wünschen.“

78 000 Pflegekräfte waren in Niedersachsen aufgerufen, per Befragung darüber abzustimmen, ob die Pflegekammer fortbestehen solle oder nicht. 15 000 beteiligten sich, 70 Prozent davon waren gegen ein Fortbestehen, obgleich das Land bereits die obligatorischen Beiträge für die Mitglieder übernommen hatte. Das ganze Verfahren musste neu angesetzt werden, weil von IT-Fachleuten des Chaos Computer Clubs erklärt worden war: Über einen Link sei es möglich gewesen,  bereits abgegebene Antworten zu verändern und neue Antworten einzureichen. Es gab in Deutschland   bislang drei Landespflegekammern, in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und in Rheinland-Pfalz, jetzt sind es nur noch zwei und die Chancen auf weitere Gründungen tendieren gegen Null. Pflegearbeitgeber und Gewerkschaft waren in der Vergangenheit stets gegen diese  Kammern, die als Gegengewicht zu Ärzteorganisationen gedacht waren. Wer in diesen Ländern als Fachpflegekraft arbeiten wollte, musste Mitglied in der Pflegekammer werden, demnach obligatorisch Beiträge zahlen. Niemand wusste so richtig, was die Kammern tun sollten. Für Lohn, Gehalt und Arbeitsorganisation waren sie nicht zuständig. Sie sollten sich um die Ausbildung kümmern, die der Bund eben erst neu geregelt hatte.  So richtig wusste also niemand zu sagen, dass die Kammern bewegen sollten. Der Bundesverband  der Anbieter privater sozialer Dienste (BPA) mit 12 000 Mitgliedsunternehmen größter Arbeitgeberverband  hielt Pflegekammern stets für eine überflüssige neue Bürokratie. Die Schließung der Kammer ist gewiss auch eine Niederlage für den Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, den vehementesten Fürsprecher solcher Kammern.

Bildquelle: Pixabay, Bild von 00luvicecream, Pixabay License

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Über  

Redakteur 1972 und bis 89 in wechselnden Redakteursaufgaben. 90 bis 99 wiss. Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion, Büroleiter Dreßler, 2000 Sprecher Bundesarbeitsministerium, dann des Bundesgesundheitsministeriums, stellv. Regierungssprecher; heute: Publizist, Krimiautor, Lese-Pate.


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