Wenn ein ehemaliger Finanzminister wie Norbert Walter-Borjans als Robin Hood der ehrlichen Steuerzahler beschrieben wird oder als Banken-Schreck, dessen politisches Ende in der Schweiz bejubelt wurde nach der für die SPD verlorenen Landtagswahl im Mai letzten Jahres, dann kann er nicht alles falsch gemacht haben. In der Tat hatte er sich als Finanzminister und als Jäger der Steuerhinterzieher einen Namen gemacht, weil er CDs aufgekauft hatte, auf denen die Namen der Trickser und Betrüger zu finden waren. Es war schon merkwürdig, wie konservative Kreise damals seine CD-Käufe als verwerflich einstuften, weil sich der Staat angeblich als Hehler betätigt habe. Nun, der Minister kam nicht wenigen Steuerhinterziehern auf die Schliche, der Staat kassierte immerhin 7 Milliarden Euro, Geld, das der Allgemeinheit zugute kam und sonst ihr entzogen worden wäre. Dieser Jäger der Hinterzieher von Steuern, Norbert Walter-Borjans, hat ein Buch geschrieben über die Tricks mit den Steuern: „Der große Bluff“.
Um gleich mit einer Legende aufzuräumen: Es war nicht so, dass die Steuerhinterzieher sich freiwillig gemeldet hätten aus Einsicht, aus Reue gar oder Demut. Nein, sie hatten nach Bekanntwerden der CDs einfach Furcht, aufzufliegen und dann wegen Steuerbetrugs belangt zu werden. Dass sie in der Schweiz auf ihn sauer waren, weil er ihnen die Geschäfte teils vermasselte und weil er das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eingefädelte Steuerabkommen mit der Schweiz zum Scheitern brachte, das kann der Autor und Ex-Minister leicht ertragen. Walter-Borjans hat diesen geplanten Vertrag als „Ablasshandel für Steuerhinterzieher“ heftig kritisiert. Zu Recht. Er hielt das Abkommen für einen „Freifahrtschein für Steuerbetrug großen Stils“.
Steuern, das ist für Millionen ein Buch mit sieben Siegeln. Wer zahlt schon gern Steuern? Der einfache Bürger- und das sind Millionen in diesem Land-versteht von Steuern nicht viel, sie werden ihm direkt abgezogen, ausgezahlt wird sein Lohn/Gehalt netto. Diese Abzüge sind nötig, der Staat braucht das Geld für Investitionen in Schulen und Straßen, für Schienen, er braucht das Geld für das Gesundheitswesen, für das Personal bei der Polizei, für Lehrer, er braucht es, wenn er das schnelle Internet überall in der Republik einführen will, das digitale Zeitalter kostet Geld.
Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt
Steuerhinterziehung, das macht der Autor klar, ist kein Kavaliersdelikt. Vielmehr ist es eine kriminelle Handlung. Vor allem die Reichen der Republik entziehen durch allerlei Tricks und Mogelei dem Staat die Milliarden Euro, die er braucht, um seinen Aufgaben für das Gemeinwesen nachzukommen. Ein funktionierender, starker Staat braucht verlässliche Einnahmen. All dies verdeutlicht Walter-Borjans in seinem Buch, er erklärt die Notwendigkeit der Steuern. Dass es Kritiker gibt wie der FAZ-Autor Rainer Burger, der dem Buch Schulbuchcharakter unterstellt, eine Art Volkshochschule für Steuern, das dürfte dem Autor gefallen. Denn das Buch ist verständlich geschrieben, gerade auch für die Masse, den Mittelstand und all die anderen, die brav ihre Steuern zahlen. Und weil das so ist, greift er die anderen, die Steuerhinterzieher an, weil ihr Tun und Handeln zulasten der Allgemeinheit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts gehe. Deshalb dürfe man das Thema Steuern nicht denen überlassen, die vorgeben, unser aller Interessen zu vertreten, die aber vor allem ihre eigenen Privilegien sichern und ausbauen wollten. So Walter-Borjans.
Es ist natürlich hart, wenn der Autor- ein wirklicher Kenner der Finanz-und Steuerpolitik, Walter-Borjans war ja nicht nur Finanzminister, sondern auch Kämmerer in Köln, der viertgrößten Stadt Deutschlands- dafür plädiert, den Spitzensteuersatz zu erhöhen und dies verständlich begründet, wenn er sich für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ausspricht, die eben nicht die guten Verdiener trifft, den Mittelstand, sondern die wirklich Reichen in diesem Land. Er will ein gerechteres Steuersystem. Lesenswert auch seine Forderungen für eine wirksame und veränderte Erbschaftschaftssteuer, die die treffen würde, die ohne ihr Zutun, ohne ihre Arbeit Millionen und Abermillionen Euro vererbt bekommen und der Staat sieht davon oft nichts. Um das gleich klarzustellen: der Mann will nicht „Unser-Oma-ihr-klein Häuschen“ mit hohen Steuern belegen, es geht ihm um die Millionäre und Milliardäre. Er beschreibt die oft skandalösen Methoden, wie internationale Konzerne ihre Gewinne so lange hin- und herschieben, bis sie so gut wie keine Steuern mehr zahlen, weil sie ihre Gewinne gen Null gerechnet haben.
Dem Autor geht es um Steuerkunde, er klärt auf über den Einfluss von Lobbygruppen, die die Steuern verteufelten und dies dem einfachen Bürger klarmachen wollten. Dabei hat Otto Normalverbraucher nichts davon, er kann oft gar nichts gegenrechnen, abziehen, der normale Bürger hat gläserne Taschen, der Reiche nicht. Ohne Walter-Borjans Hartnäckigkeit wären Steuerhinterziehungsfälle wie der vom FC- Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß nicht bekanntgeworden, der ja bekanntlich ein paar Jahre hinter Gittern musste. Auch hätten sich Schweizer Großbanken ohne Walter-Borjans harten Kampf nicht auf enorme Strafzahlungen eingelassen. Durch all diese Aktionen, ist er sich sicher, sei „emotional etwas ausgelöst“ worden. „Es ist uns gelungen, der populistischen Verunglimpfung von Staat und staatlicher Aufgabenerfüllung etwas entgegenzusetzen: die Empörung der Opfer des Steuerbetrugs oder anders ausgedrückt: die Empörung der ehrlichen Steuerzahler.“
Norbert Walter-Borjans: Der große Bluff. Kiepenheuer&Witsch. 2018. Köln. 288 Seiten. 15 Euro.
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