Die AfD gilt ab heute laut Verfassungsschutz auf Bundesebene als „gesichert rechtsextremistisch“. Sie kann verboten werden. Werden Demokraten dazu in der Lage sein? Als Voraussetzung muss eine brauchbare Einschätzung der Realität gelingen. Für die Bewältigung dieser Herausforderung gibt das Bundesamt für Verfassungsschutz Hinweise. dort finden wir:
„Als Neonazis werden die Anhänger einer ideologischen Ausrichtung des Rechtsextremismus bezeichnet, die sich am historischen Nationalsozialismus orientiert.“
Wie 1933 ist unser Versuch einer möglichst „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ in Gefahr. 2025 kommt es für Demokraten darauf an, historisch realistisch informiert zu sein und gesellschaftlich stark einsatzbereit. Von ein paar faschistoiden Merkmalen eines Landes ist es nicht manchmal nicht weit bis hin zu einer faschistischen, vielfach mörderischen Diktatur. Manchmal: Es kommt auf eine klare und starke Haltung der Demokratie an.
Seit Ende des Naziregimes betonten die Demokraten jahrzehntelang – vage und großzügig – die Meinungsfreiheit. In der BRD war quasi jedem erlaubt, fast alles zu sagen, egal was. Der Unterschied zur DDR war: ja man kann alles sagen, aber politisch, bürokratisch, „und überhaupt“ (frei nach Tucholsky) gilt: es ändert sich „vorsichtshalber“ nichts! Das wurde de facto zu einem Gewohnheitsrecht, welches jedes andere Recht aushebelt. In dieser merkwürdigen Art von Rechtsstaat galt zwar nicht grenzenlos, aber doch zumindest hemmungslos: Schweigende Politiker und inaktive Bürokraten verstanden einander ansatzlos. Die Vorschriften der Alliierten von 1945 im Potsdamer Abkommen gegen Faschismus wurden „einfach“ ignoriert. Es wird wohl für kommende Jahrhunderte schwer sein, nachzuvollziehen, was für eine Art Verschwörung das denn war.
Auch in der DDR gab es so ein Gewohnheitsrecht: Man durfte gesellschaftlich peinliches, obwohl es jede/r sehen konnte, nicht erwähnen. Wenn dort das Peinliche endlich real verändert wurde, war damit das Gewohnheitsrecht beendet. Meinung dazu war plötzlich frei und ok.
Wir haben jetzt keine Zeit, unsere Formen von „Gewohnheitsrecht im Rechtsstaat“ zu erforschen. Mehr als einen „kafkaesk geschulten Blick“ für die vielfältig empfundene Realität brauchen wir nicht.
Indem eine Partei wie die AfD den alten Faschismus mitsamt all den dokumentierten Verbrechen freudig als Vorbild begrüßt, indem sie 2025 gewalttätige Übergriffe nicht verhindert, hat zweifelsfrei rechtsextremistische Grundeinstellungen. Mit zum Phänomen gehört, dass Faschismus in etlichen Formen in der BRD nach Hitler durchaus breit aktiv sein konnte, bis hin zu einem lange nicht mehr hinterfragtem Gewohnheitsrecht. Von daher fühlt sich die AfD mitsamt etlichen Wählern. viel zu sicher, etwas quasi „gewohnt Selbstverständliches“ getan zu haben.
Das krass Kafkaeske der Situation muss von den Demokraten verstanden werden, damit sie sich bis hin zu einem Verbot gegen die AfD durchsetzen können. Wer also etwas gegen die Gefährdung unserer Demokratie tun will, der muss hellwach und alarmbereit sein. Er kann und soll sich real daran orientieren, wie die Nazis nach 1945 in wichtigen Schaltstellen der Gesellschaft neu verankert wurden. Das hätte eigentlich durch Demokraten nach 1945 verhindert werden können und müssen.
Nazis sind ein Musterbeispiel für Diktatur. Wegen Nazis fühlte ich mich schon lange krass bundesverfassungslos! Denn bei den Nationalsozialisten waren Nazis z. B. als Richter, Staatsanwälte oder Ökonomen tätig, sehr oft mit sehr schlimmen Folgen. Aber trotzdem, unter Adenauer schafften vor allem nach 1955 sehr viele den Sprung zurück in die Ämter und Ministerien, von Judikative und Exekutive bis hin zu Legislative, siehe zum Beispiel:
https://www.dw.com/de/alt-nazis-in-adenauers-kanzleramt/a-36535754
Was für eine Demokratie sollte das denn werden? Am 8. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg in Europa offiziell beendet worden. Der Tag gilt als Tag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus. Da frage ich: Wurden also die Alt-Nazis über die Nacht zum 9. Mai zu Neu-Demokraten?
From Utmost Fake to Fuckmost make
Wieso wundere ich mich überhaupt, inzwischen gilt doch fake als geradezu modern. Weltweit gilt „fake“, die genüsslich unverschämte Meinung, das unverfrorene Einsetzen von Ellbogen als gesundes Zeichen von Selbstbehauptung. In der Realität ist Staatsterror dadurch längst der schädlichste Terror. Für die Medien wurden vergleichsweise lächerliche private Terroristen zur theatralischen Mode, um Bürger aufzuschrecken. Staatsterror wird zum Gewohnheitsrecht. Deutsches Musterbeispiel sind die Nazis, auch nach 1945. Mit bürokratischer Perfektion werden seit 1945 Gedenkstätten errichtet, welche zwar Wahrheiten hinausposaunen, aber die reale Politik in den entscheidenden Realitäten nicht oder kaum verändern. Frappante Beispiele sind die Duldung der rechts-extremen AfD, ähnlich des lausbubenhaften Aiwanger, und vor allem eine Fülle von verschleiertem Rassismus in sich demokratisch gebenden Parteien. Das geschieht gewohnheitsmäßig vielfach unsensibel, etwa bei Themen wie Migration – alles diametral entgegen den Bekenntnissen und Regelungen ab 1945. Die Potsdamer Konferenz der alliierten Siegermächte 1945 regelte im „Potsdamer Abkommen“ eine Entnazifizierung, die jedoch nie stattfand. Bis heute beklagen Opfer des Holocaust, dass die Wiedergutmachung nur andeutungsweise geschah – und jegliche wohlwollende Wiedereingliederung nur vereinzelt gelang. Das wurde millionenfach akribisch-bürokratisch dokumentiert – und mit alsbaldigem Gewohnheitsrecht ignoriert. Ansprüche auf Wiedergutmachung wurden reihenweise ignoriert. Belege von Verbrechen und Leiden wurden millionenfach dokumentiert. Als Beleg hätte in einem echten, zweifelsfreien Rechtsstaat ein einziges kleines Buch genügt, wie zum Beispiel:
Hans Frankenthal: „Verweigerte Rückkehr – Erfahrungen nach dem Judenmord“, Fischer Taschenbuch Verlag Ffm (1999).
Im Buch auf Seite 182 wird zitiert: „In Wirtschaftskreisen hatte sich ein klarer Konsens herausgebildet, die Entschädigungsansprüche zurückzuweisen.
Und jetzt? Einen bemerkenswert neuen Akzent setzte Susanne Siegert, geboren 1992, auf Instagramm und TikTok mit ihrer Aufklärungsarbeit zum Holocaust. Dies wird beachtet, sie hat 300.000 Follower. Ihr neues Buch „Gedenken neu denken – Wie sich unser Erinnern an den Holocaust verändern muss““ wird im Oktober 2025 beim Piper Verlag erscheinen. Indem man zum Beispiel die Nachfahren der Tätergenerationen in dezentrale Aufklärungsarbeit einbezieht, wird Aufklärungsarbeit effektiv. Ich meine so kann man ganz unmittelbar jenes Unwissen überwinden, welches die AfD überhaupt erst ermöglicht hat. Vor allem zeigt Susanne Siegert – genauer veranschaulicht sie mit Videos von jungen Menschen und Migranten (!), welche Auswirkungen mehrfach faschistoide Vergangenheit auf Gegenwart hat.
Auf jeden Fall gab es in den Jahrzehnten nach dem II. Weltkrieg und bis heute innen- und außenpolitisch etliche deutlich faschistische Auswirkungen, und zwar vor allem (!) innerhalb von Parteien und Behörden, die sich trotzdem ganz selbstverständlich als weitgehend demokratisch verstanden, fühlten – und es überwiegend „eigentlich“ tatsächlich waren. „Eigentlich“ genügt aber nicht für eine wehrfähige Demokratie. Das wurde nie angemessen aufgearbeitet – vielmehr oft vertuscht. Peinliche Schwächen der Demokratie zeigt das als Aufklärung gedachte Buch: „DAS AMT und die Vergangenheit.“ Durchaus wurden dort mit Sorgfalt reihenweise Verbrechen bis 1945 von Mitarbeitern und Mitläufern des Außenministeriums (AA = Auswärtiges Amt) explizit dokumentiert. Bürokratisch mit Sorgfalt notiert wurden Personen, Positionen, Orte und Zeiten früherer Verbrechen.
Aber fast niemals wurde einer der zahlreichen genannten Täter vor Gericht gestellt und verurteilt. Das betrifft eine Unmenge von Verbrechen bisEs sollte Demokraten bewusst und peinlich sein: Kaum je wurde oder wird einer der zahlreichen Nazi-Verbrecher bestraft. Das war in der Justiz den Alt-Nazis unter ihren Juristen jederzeit voll und genüsslich bewusst: Denn sie konnten sich geradezu auf ein pauschales Versagen der Judikative nach 1945 verlassen.
Dazu brauchten sie keine faschistische Partei – solche gab es kaum. Zwar wurden rechts-populistische bis –radikale Parteien vorübergehend zugelassen. Aber alle faschistischen Parteien wie NPD, DVU und REP blieben bis zum Jahr 2000 unter 13% und hatten wenig Einfluss. Erst 2013 mit der Gründung der AfD wurde es provokant gefährlich. Ursprünglich war jeder Faschismus, wie von den Alliierten 1945 in Potsdamer Abkommen angeordnet, strikt verboten. Aber Eisenhower wollte gegen Stalin seine Soldaten für den Fall eines Krieges gar nicht erst gefährden, da kamen die kriegstüchtigen Soldaten aus Deutschland gerade recht. Und Adenauer ging darauf ein, es passte zu seiner Vorstellung von Deutschlands Zukunft. 1955 wurde die Bundeswehr gegründet und der NATO-Beitritt vollzogen.
Meinungsfreiheit zur Verschleierung von und Gewöhnung an Schandtaten
Die AfD konnte sich bis heute 2. Mai 2025 als Partei bisher darauf verlassen, dass sie juristisch mehr „formal“ als formell betrachtet wird und somit politisch de facto in ihrer gesellschaftlichen Arbeit kaum eingeschränkt wird. Sie lotet die Grenzen, bis hin zu einer kräftigen Brise „nachweislich extremistisch“. Üblich ist in Deutschland, solche Absurdität wortreich verschleiernd zu thematisieren und de facto zu ignorieren. Faschistoide und/oder bewusst bürokratisch zögerliche Juristen können faschistische Taten wissenschaftlich „umständlich seriös verschleiern“ und/oder juristisch „Nebelkerzen werfen“.
So wird quasi nebenbei und formell ein Bedauern zum Holocaust geäußert – mit einer „Wiedergutmachung“, die im rein materiellen Bereich wohl unter einem Prozent des Schadens beträgt – immerhin. Trotzdem ein Skandal: Denn eine systematische Untersuchung, welche auch „nur“ die materiellen Schäden sachlich umfassend vollständige Auswirkungen erfasst, wird seit dem Holocaust geradezu systematisch vermieden. Zum Beispiel gab es gigantische, durchaus auch materielle Schäden durch psychische Schäden bei Überlebenden, durch komplett fehlende Ausbildung in KZs, durch Gesundheitsschäden wie u. a. bei Überlebenden von Arbeitslagern. Solche Schäden wurden „als nicht seriös wissenschaftlich messbar“ abgetan. Das geschah nach 1945 ebenso systematisch wie bis jetzt. Konservative Gruppen von Opfern klammern sich demütig an eine Art von Staatsraison, welche wie sich in Nahost zeigt längst in sich widersprüchlich ist.
Vielleicht sollte man Parteien wie Familienmitglieder betrachten und behandeln. Wäre jemand aus meiner Familie, von Großeltern bis zu Enkeln, eindeutig kriminell, dann käme es mir auf eine klare Haltung an. Für einen moralisch guten und ehrlichen Rechtsstaat gibt es keinen Ersatz. Nicht mal bei einem Fußballspiel dürfte ich vertreten: mein Foulspiel musste sein, der Gegenspieler „hat vorher … …“. Mag ja sein, aber ohne regelbasierte Ordnung ist Demokratie nicht möglich. Einfach ist das alles nicht. Würde die Scharia ehrlich und vernünftig von klugen Menschen angewandt, mit zweifelsfrei ausgeprägter Moral – so könnte es durchaus wohltuend sein. Es gäbe dort keine Faschisten. Wenn Nazis sich aufregen und ihre Gewalt ausufert, so liegen natürliche Urwaldreflexe zu Grunde. Jedoch, zum Beispiel Primaten sind zumeist Vorbilder beim Umgang mit wilden Konflikten und doch fairen Entscheidungen.
Ein Verbot der AfD wäre normal. Zumindest starke Einschränkungen sind unverzichtbar
Eine offizielle Feststellung, wie „ein Mensch oder eine Gruppe sei gesichert rechtsextrem“, bewirkte bisher nur vereinzelt kleine Konsequenzen. Das könnte sich jetzt endlich mal verändern.
Es war bisher nahezu sinnlos, das Thema wissenschaftlich aufzuarbeiten. Und politisch? Der Weg von „utmost fake“ Artikel zu „fuckmost make“ böser Realität ist nicht weit. Die Spannweite ist enorm. Man kann vornehm und ernsthaft ermahnen, wie die Bischöfin Budde in Washington, die Trump ein christliches „Erbarmen“ empfiehlt. Das hat die „Evangelikalen“ gestört, und immerhin hat sich Trump öffentlich über Budde geärgert.
Allenfalls eine Satire kann der Farce grotesker Meinungsfreiheit gerecht werden
Als Child Survivor (als Kind ein Holocaust-Überlebende) meinte und meine ich, allenfalls eine Satire kann der politisch bitter realen Farce gerecht werden. Entsprechend kafkaesk wäre zum Beispiel Meinungsfreiheit für:
• Kannibalen: Motto die haben doch feine Rezepte, also bitte Spätkannibalismus.
• Pädophile, Motto freien Sex für freie Kinder, früh anfangen.
• Tierschutz, Motto übliche Meinungsfreiheit sei es doch Arbeitsplätze, kommerziellen Gewinn und gewohnte Nahrung zu schützen. Also dürfen bestehende Gesetze zugleich massenhaft und brutal verletzt werden. Betroffen sind – da bin ich ganz sicher – eine Unmenge feinfühlige, hochleidensfähige Tiere. Wir Menschen trocknen etliche globale Grünflächen aus. Jede/r von uns in Biergärten sollte doch nachspüren können, wie sich bei jeder Pflanze der Wassermangel anfühlt – und sogleich neue Prioritäten setzen.
• Und Meinungsfreiheit für die AfD, Motto „bundesverfassungslos“ ist ein bei weitem zu lange bürokratisch gepflegtes Gewohnheitsrecht.
Nicht alle Menschen haben schlechte Gewohnheiten. Aber in unserer Art Rechtsstaat kann Gewohnheitsrecht fast jedes beliebige andere Recht brechen. Nicht jeder Jurist würde das so sagen – aber leugnen meine ich kann man den Sachverhalt kaum.
Was hier spielerisch verrückt wirkt, ist im Grunde ernsthaft verrückt und kafkaesk real. Dass die Zahl von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern in Parlamenten und Behörden schon ab den 1950er Jahren hoch war, ist seit Langem bekannt. Mangels Phantasie wurden die Folgen bisher nur oberflächlich untersucht.
Und jetzt stark gegen Rechtsextremismus? Verurteilung muss sehr präzise begründet werden, das gelingt nur mit Ehrlichkeit. Daten dafür sind mehr als genug vorhanden. Optimal wäre, Nazis von Demokratie zu überzeugen. Das muss irgendwie möglich sein – sonst wäre dauerhafte Frieden gar nicht machbar.
Es kommt darauf an, die Größenordnungen unterscheiden:
1. Die Nazis verursachten bis 1945 etwa 60 Millionen Tote durch Krieg, und 6 Millionen durch grausame und industrietechnische Ermordung, darunter 1,5 Millionen jüdische Kinder. 1933–1945 gab es etwa fünf Millionen Tote jährlich.
2. Die DDR verursachte 1949-1990 unter 200 politische Morde, vor allem Mauertote, insgesamt etwa fünf Tote jährlich.
3. In der BRD gab es in derselben Zeit weit mehr politische Morde als in der DDR. Es waren und sind nach wie vor Morde von Rechtsextremisten, die der Staat hätte verhindern können und müssen. Kennzeichnend ist, dass und wie der „Verfassungsschutz“ die Morde bis 1990 nicht erfasst hat und weiter, wie bei den NSU-Morden aktiv verschleiert hat. Das gilt weiter bis hin zu AfD nahen Gewalttätigen, siehe zum Beispiel Untersuchungen der „Amadeu Antonio Stiftung“.
Ähnlich gab es weltweit in sehr vielen Staaten problematische Verschleierungen von Schandtaten. Meistens ist offensichtlich, ob ein Staat vorsätzlich brutal vorgeht, oder es sich um begrenzte Fehler handelt. Trotz enormen Fehlern bei ideologischer Penetranz und pragmatischer Willkür wird die BRD nicht als eine Diktatur bezeichnet. Das ist im Wesentlichen korrekt. Und die DDR? Fehler gab es auch dort. Aber Diktatur?
Die Größenordnung von Schandtaten ist in fast jedem Staat, so auch in Deutschland brauchbar überschaubar. Daher, ich bezeichne „meine BRD“ nicht als Diktatur. Es sei denn natürlich, die DDR, wird pauschal als Diktatur bezeichnet, so als hätte es dort nach Staatsgründung 1949 weiter ähnliche Willkür und breite Gewalt gegeben, wie davor bis 1945. Deshalb muss man vergleichen!
Aufschlussreich ist dazu derzeit die heiße Diskussion über „die beiden Diktaturen“, nämlich DDR bis zur Wiedervereinigung und Nazis bis 1945. Interessant und verschleiernd sind dabei „feine“ Unterschiede wie: „Die DDR war eine Diktatur. Aber handelte es sich um einen totalitären Staat?“ Zum Begriff „totalitär“ gibt es viel wissenschaftlichen Streit. Gesellschaftlich wirksam ist der Begriff „Diktatur“. Hätte ich mehrmals die ganze Nacht in Bautzen stehend im eiskalten Wasser aushalten müssen, dann hätte auch ich einen Reflex in Richtung „Die DDR war eine Diktatur“. Wie könnte ich trotzdem schaffen ehrlich zu recherchieren?
Nicht alle, aber die meisten Alt-Nazis hatten es in der DDR schwerer als in der BRD – viele gingen nach Westen. Die Willkür der Stasi ist bekannt und darf nicht geleugnet werden. Das Ausmaß der Leiden von Betroffenen ist auch bekannt: Es war schwer erträglich, insgesamt: Da ging es in der DDR vielleicht um ein Millionstel der Leiden, die von den Alt-Nazis bis 1945 verursacht wurden.
Der übliche Spruch, es hätte zwei Diktaturen gegeben, ist daher grob und vorsätzlich irreführend. Dann bitte als Sprachregelung notfalls den Unsinn, es gäbe: „Drei Deutsche Diktaturen“ (auch in der BRD lassen sich bittere Willkür und vermeidbare Leiden finden). Besser finde ich Schluss mit dem Unsinn! Meine Empfehlung ist einfach und klar: Wir sollten aufhören, von „den beiden deutschen Diktaturen“ zu sprechen.
Als Aufgabe bleibt: Willkür sollte jeweils präzise ermittelt und bezeichnet werden. Jegliche historische Verfälschung ist gefährlich. Deshalb muss man mit Begriffen wie „Diktatur“ vorsichtiger umgehen. Es sollte doch möglich sein – hier nur mit kurzen Andeutungen notiert – Phänomene anzuerkennen, wie einerseits dass es in der DDR anfangs eine geradezu idealistisch-euphorisch-soziale Aufbruch-Stimmung gegeben hat, bei der viele mitmachten. Andererseits gab es danach jedoch erst generell mit Stalin und dann in der DDR zum Beispiel durch Ulbricht Einschränkungen und bittere Schicksale. Immer aber gab es auch Bereiche, in denen die meisten Bürger der DDR eigene Lebensbereiche selbst gestalten konnten und privat gut vernetzt waren.
Eine wesentliche Ursache für die Bezeichnung „zwei deutsche Diktaturen“ war eine Art von Siegerjustiz, in der BRD, vor und nach der Wiedervereinigung, Motto „wir sind das bessere System“. Solche ideologische Selbstberuhigung wurde von Mainstream gepflegt, und von Kalten Kriegern stark unterstützt. Mainstream-Bereiche der Geschichtswissenschaft bekamen nach der Wiedervereinigung viel Geld zur Erfassung, letzten Endes zur einseitig abwertenden Betrachtung von Lebensumständen in der DDR. Das war ebenso gemein – ja es gibt Betroffene und die fühlen so – wie unnötig und hat Mengen von Protest-Wählern mit verursacht. Zunächst bei Erwachsenen – danach immer mehr auch beim mehrfach enttäuschten Nachwuchs.
Bis in die Schulbücher
Es spielt dabei keine Rolle, ob die einseitig geförderten Wissenschaftler im Grunde aufrechte Demokraten gewesen sind, sei es nun naiv oder nicht. Es spielt keine Rolle, ob ein tüchtiger Historiker wie Klaus Schroeder (siehe Tagesspiegel vom 21. Februar 2025, S, 12) selbst womöglich eine Art Kalter Krieger war, ein typischer „Besserwessi“, oder ein ganz anderer Typ. Auf jeden Fall ist er einer, der noch dazu mit Staatshilfe, ein von vielen als bösartig empfundenes Bild der DDR bis in die Schulbücher geprägt hat. Indem er entsprechend in den „Neuen Bundesländern“ im Osten vielfach so wahrgenommen wird, hat das Wirkung bis hin zu mancher Ablehnung von „so einer Demokratie“. Was also macht „der Jammerossi“, was macht die inzwischen aus vielen Gründen empörte Jugend im Osten? Sie wählen, was den Wessis auch mal wehtun kann, nämlich die AfD – wobei ihr Wissen über Faschismus nach 1989 zunächst trotz, später dann wegen den Lehrbüchern nicht so war, dass sie den Ernst von faschistischen Gefahren angemessen erkennen konnten.
Wohin gesellschaftliche Fortschritte leider oft zuletzt kommen, ist zu den Kindern im Klassenzimmer. Die im Kern einseitigen Schulbücher und zum Teil faschistoiden Lehrkräfte haben über die Jahrzehnte nämlich Folgen. Das geht bis hin zu AfD nahen Lehrer*Innen, siehe Tagesspiegel vom 25. Februar 2025, Seite B20/21: „Politik im Klassenzimmer – Wie hast du’s mit der Neutralität?“
Irgendwann besinnt man sich, dass einander prügelnde Primaten oft in eigentlich überholten Revierkämpfen feststecken. Woraufhin man die AfD als eine potenzielle Diktatur erkennt. Teils wird man im Parlament weiterhin versuchen, eine Akzeptanz suchende AfD in Richtung regelbasierter Demokratie zu „erziehen“. Ein delikater Versuch. Ich meine man kann einer AfD soweit entgegen kommen, wie sie sich verändert und glaubwürdig Regeln einhält, etwa strikter Gewaltverzicht für das Verhalten im Alltag, bei ihren Mitgliedern und Nachläufern. Diametral falsch sind Empfehlungen von Jens Spahn, eine AfD zu hofieren, während diese nach wie vor die Demokratie mitsamt deren erprobten Werten zerstören will. Dagegen muss man angehen und darf der AfD keine „Opferrolle“ ermöglichen. Man kann eine AfD präzise ein stückweit „wie eine demokratische Partei“ behandeln, sobald sie sich tatsächlich laufend ein stückweit in Richtung Demokratie bewegt. Aber bitte erst, nachdem sie all das Abscheuliche wie bis 1945 geschehen offiziell und ehrlich verurteilt, und im eigenen Verhalten glaubhaft vermeidet. Das ist zwar vorstellbar, aber jeglichen „Albernen Naiven gegen Deutschland“ ist sowas bisher unmöglich.
Abscheu
Und jetzt? Vor seiner Machtergreifung mahnte Hitler bei Wahlen: Jetzt mal vorübergehend nicht so scharf zu formulieren. Hingegen bei der AFD zeigte der Parlamentarische Geschäftsführer Dr. Bernd Baumann als Scharfmacher im April 2025 keinerlei Hemmungen. Währenddessen bemüht sich die AfD, als eine wahrhaft demokratische Partei zu erscheinen. Man muss sie beobachten und wo es verwirrend unklar erscheint, gezielt nachfragen. Das ist harte Arbeit, teils erfordert es innere Überwindung.
Wie könnte, wie sollte man (also: ich ….) zum Beispiel auf die AfD wenigstens ansatzweise mit weniger Abscheu eingehen? Es gelänge mir als einem „Child Survivor“ schon ein stückweit, sobald die AfD etwa die Stelen in Berlin bewusst offiziell nicht mehr als „Denkmal der Schande“ bezeichnen würde. Ich meine Schande ja, aber Schande der Alt-Nazis! Ich würde demokratisch gerne Abscheu verringern bis hin zu überwinden. Das könnte mir gelingen, sobald sich die AfD sich für die Zukunft präzise und überzeugend von den Verbrechen der Nazis bis 1945 distanzieren würde – und nachdem sie die Übergriffe von Nazis, wie laufend häufig im Osten zu beobachten, nicht nur verurteilen, sondern aktiv verhindern würde. Solange eine derartige Wende schwer vorstellbar ist, bleiben eine friedliche Weltordnung – und damit ein existenzielles Überleben der Menschheit und der Ökologie – unerreichbar.
Eine friedliche Zukunft ist die einzige Überlebenschance.
Stabiler Frieden war und bleibt lebenslang mein Ziel. Ich meine, der Rechtsextremismus in Europa wird vorübergehen, so wie es historisch immer wieder geschah, jedoch niemals dauerhaft und demokratisch fundiert. Transhistorisch muss eine Beendigung des Rechtsextremismus in seinen bekannt zerstörerischen und grausamen Formen gelingen. Bis dann kann es den Frieden, von dem so viel geredet wird, gar nicht geben.
Jegliche Bezeichnung von „Frieden“ (wie derzeit von Putin und Trump verwendet) wäre falsch, solange es noch egomanische Parteien und Gruppen gibt, die mit Begriffen und Verhaltensweisen wie „gewalttätig“ und „gewaltbereit“ nicht zielführend in Richtung Frieden umgehen können. „Rechtspopulistisch“ muss nicht per se falsch sein, aber es bekäme in einem stabilen Frieden eine neue Bedeutung. Frieden als Begriff bleibt eine Farce, solange Begriffe wie Gerechtigkeit und Wohlstand für alle“ deutlich als fake durchschaubar bleiben.
Parteien wie eine AfD könnten, dürften und würden schon auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden selbst sozial und kulturell (!), zivilisiert werden. Sie würden, sich selbst weiter, etwa die „Alten Germanen“ verehren. Sie würden mitspielen, wenn – symbolisch ausgedrückt – Krieg durch Fußball ersetzt wird – wobei Sieg oder Niederlage nicht über Wohlstand für Gruppen von Menschen entscheiden könnte, auch nicht über Zugriff auf Bodenschätze.
Derzeit hat jegliche grundlegende Wende in Richtung Frieden noch nicht mal ehrlich begonnen. Damit meine ich vor allem „gefühlt“ und damit gesellschaftlich wohlwollend und wirksam. Das bleibt deutlich, solange Typen wie Viktor Orban noch keine Therapie brauchen.
Ganz anders wäre es bei echtem Frieden. Machbar? Umstritten. Wenigstens Vorstellbar? Durchaus und vielleicht richtungsweisend. Niemand hätte dann noch Stress, wie „bedeutend“ sie/er/divers eigentlich sein sollte.“ Alle hätten sich an ein faires mit einander gewöhnt, somit an Wohlstand und mußevolles Leben. Typen wie Orban wären nur noch als peinliche Operettenfiguren empfunden. Staatsgrenzen wären belanglos. Ehemalige Länder wie Deutschland wären als Quellen beachtlicher Kultur bekannt. Erinnerungen von Zeitzeugen hätten nur noch eine Nachbedeutung zu – vormals unzivilisierten – Kulturversuchen. Immerhin, bereits viele Menschen leben mehr oder minder gut. Die potenziell ungerechte Spannweite ist enorm und es wohl muss leider erschreckend wirken, um sie zu überwinden. Wir können unsere Vorstufe von Zivilisation verlassen. Jederzeit, wie seit Jahr-hundert-tausenden, dürfen wir von einer gerechten und friedlichen Welt träumen, um sie jetzt, mit neuen sozialen und ethischen Werkzeugen, endlich zu erschaffen und fest zu etablieren. Das mag eine ungewohnt märchenhafte Vorstellung sein. Ihr Kern, Vertrauens-Bildende Maßnahmen (VBM) kann real viele Formen annehmen. Dabei darf man niemand ausschließen. Auch Nazis können neue Formen annahmen – nicht zuletzt, indem man als Demokrat klarstellt, worauf es menschlich ankommt.
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