Atomic Trumo

Zweites Impeachment gegen Trump richtig und wichtig

Nancy Pelosi ist Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses; die führende Demokratin ist die Nummer drei in der Hierarchie, doch gegenüber dem Militär ist sie Bittstellerin. Die Kommandogewalt liegt allein beim Präsidenten. Aus der tiefen Sorge, dass der abgewählte Präsident in den letzten Tagen seiner Amtszeit noch einen Krieg anzetteln und gar einen Atomschlag anordnen könnte, wandte Pelosi sich an Generalstabschef Mark Milley. Sie bat eindringlich um Vorkehrungen gegen einen etwaigen Machtmissbrauch durch Donald Trump.

Nancy Pelosi ist mit ihren Befürchtungen nicht allein. Der frühere Pentagon-Chef William Perry warnt vor Trumps „gottähnlicher Macht“, in nur einem Augenblick globale Zerstörung anzurichten und „über das Ende der Welt zu entscheiden“. In dem Maganzin „Politico“ drängt Perry auf eine Reform des Systems. Es sei „überholt, unnötig und extrem gefährlich“. Vom gewählten Präsidenten Joe Biden, der am 20. Januar in sein Amt eingeführt wird, fordert Perry eine Erklärung, dass die USA niemals einen Atomkrieg starten werden und dass er seine Befugnis über den Einsatz von Atomwaffen mit einer ausgewählten Gruppe im Kongress teilen werde.

Schon vor dem Sturm auf das Kapitol in Washington hatten zehn ehemalige US-Verteidigungsminister das Militär aufgerufen, sich nicht von Trump instrumentalisieren zu lassen. Noch früher freilich hatte es Warnungen und Mahnungen zuhauf gegeben, doch die drangen nicht durch. Viel zu lange gab es neben den glühenden Anhängern des nationalistischen Rassisten und Lügners auch eine beträchtliche Schar von Opportunisten. Sie schwiegen zu dem skandalösen Treiben im Weißen Haus und ließen Trump und seine Helfershelfer gewähren.

Republikanische Politiker, die ihre eigene Karriere im Blick hatten, Wirtschaftsführer, die sich eigene Vorteile versprachen, Medien, die mit dem Wahnsinn Quote machten: Die Verteidiger von Demokratie und Rechtsstaat gerieten zunehmend in die Defensive. Nach dem Sturm auf das Kapitol sind einige zur Besinnung gekommen. Die Bilder von dem aufgewiegelten Mob lösten Bestürzung aus; die vielen vorangegangenen virtuellen Angriffe auf das Parlament hatten zuvor keine breite Empörung bewirkt. Gegen die permanente Verächtlichmachung der Demokratie – parallel auch der Vereinten Nationen und der internationalen Zusammenarbeit schlechthin – hatte es keinen gemeinsamen Aufschrei gegeben.

Trumps Kriegskassen sind bis heute prall gefüllt; das nährt Spekulationen über seine weiteren Absichten. Die republikanische Partei distanziert sich nicht; potente Rechte halten an ihm fest. Wenn Twitter seinen Account sperrt, kündigt er die Errichtung einer eigenen Plattform an. Wenn Fox-TV ihn fallen lässt, springen andere Sender in die Bresche. Trump ist nicht nur ein selbstherrlicher Egomane, sondern auch Produkt extrem rechter ideologischer Abwege, die er verkörpert.

Das Vorhaben, ihn in den letzten Tagen mit einem zweiten Impeachment loszuwerden – und damit auch eine spätere Rückkehr in die Politik zu verhindern – ist richtig und wichtig. Die Aufstachelung zu Gewalt gegen das Herz der Demokratie darf nicht folgenlos bleiben. Die Demokratie muss sich ihrer Feinde erwehren. Besser spät, als nie. Die Stärke des Rechts darf nicht dem Recht der Stärkeren weichen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Zeit der Heilung und Versöhnung, die mit Joe Biden beginnen soll.

Seine Demokraten müssen sich verantwortungsbewusst in den Dienst der demokratischen Wiederbelebung stellen. Die Republikanische Partei muss sich erneuern, wenn sie den Weg mitgehen will. Die Politik muss sich der sozialen Gerechtigkeit und der Gleichheit verpflichten, wenn sie die tiefe Spaltung überwinden will. Und die großen Internetkonzerne müssen reguliert und demokratisch kontrolliert werden. Sie bergen – in den USA und auch in Europa – die Gefahr einer destruktiven Kommunikation, unbeherrschbaren Verbreitung von Lügen und Verschwörungsideologien und letztlich Unregierbarkeit.

Bildquelle: pixabay, User ParentRap, CC0 Creative Commons

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Die promovierte Medienwissenschaftlerin arbeitete mehr als 20 Jahre in der Politikredaktion der Westfälischen Rundschau. Recherchereisen führten sie u. a. nach Ghana, Benin, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, China, Ukraine, Belarus, Israel und in das Westjordanland. Sie berichtete über Gipfeltreffen des Europäischen Rates, Parteitage, EKD-Synoden, Kirchentage und Kongresse. Parallel nahm sie Lehraufträge am Institut für Journalistik der TU Dortmund sowie am Erich-Brost-Institut für Internationalen Journalismus in Dortmund wahr. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin.


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