Zweites Verfahren gegen Trump: Aussichtslos, aber notwendig


Jetzt springt einen doch das Konterfei des abgewählten 45. US-Präsidenten wieder an. Die Nachrichtensender kramen ihre Archivbilder hervor. Donald Trump, der Schreckliche, ist der erste Amtsinhaber überhaupt, gegen den in nur einer Amtszeit gleich zwei Impeachments durchgeführt werden. Das erste, in dem ihm Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittler zur Last gelegt wurden, war nach drei Wochen erledigt. Seine Republikanische Partei schmetterte die Vorwürfe ab – trotz erdrückender Indizien und glaubhafter Zeugen.

Im zweiten Verfahren nun kann auf Zeugen verzichtet werden. Die ganze Nation hat Trumps aufrührerische Rede verfolgt, nach der seine fanatischen und bewaffneten Anhänger das Kapitol stürmten. Tote, Verletzte und eine bedrohliche Verfassungskrise lösten weltweit Bestürzung und Entsetzen aus. Bis heute hat der Wahlverlierer seine Niederlage nicht anerkannt. Schon jetzt scheint festzustehen, dass er erneut ungeschoren davon kommt, weil seine Partei ihn deckt. Die nötige zwei Drittelmehrheit ist nicht in Sicht. Dennoch: Das Verfahren muss sein. Um der Demokratie Willen, die Trump und seine Gefolgschaft mit Füßen getreten haben, und für den Weg in eine gemeinsame friedliche Zukunft in einem Land, das von Hass geschunden und tief gespalten ist.

Trump sprach stets von Hexenjagd, wenn es um die Untersuchung seines Fehlverhaltens im Amt ging. Seine Anwälte nennen es nun ein „politisches Theater“. Sie stellen in Abrede, dass ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten, der gar nicht mehr im Amt ist, rechtmäßig sei. Doch nicht nur die Demokraten, sondern auch die Mehrheit der namhaften Verfassungsjuristen argumentiert überzeugend dagegen. Ein Präsident sei selbstverständlich jederzeit und auch in den letzten Tagen seiner Amtszeit noch für kriminelle Machenschaften zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Demokraten setzen auf ein schnelles Verfahren. Sie wollen der Legendenbildung entgegenwirken, Trumps Anhängern die Augen öffnen, und vor allem wollen sie den verlogenen Rechtspopulisten davon abhalten, sich erneut um das Amt zu bewerben. Das könnten sie bei einem erfolgreichen Impeachment mit ihrer Mehrheit beschließen. Und schon deshalb ist das Verfahren aller Mühen wert. Denn die Republikaner selbst, das zeichnet sich zunehmend deutlich ab, sind nicht gewillt oder dazu in der Lage, sich von Trump beziehungsweise dem Trumpismus zu befreien.

17 Republikaner müssten mit den Demokraten im Senat stimmen, doch so viel Anstand bringen sie wohl nicht mehr auf. Im Repräsentantenhaus hat es nicht einmal dazu gereicht, die unsägliche Rechtsaußen Marjorie Taylor Green zu maßregeln, die sich der rechtsextremen QAnon-Bewegung verschrieben hat. Und Liz Cheney, die für das Impeachment stimmte, sieht sich mit Hasstiraden aus den eigenen Reihen konfrontiert.

Die Angst vor dem Verlust des Mandats und dem Karriereende wiegt offenbar schwerer als das Verantwortungsgefühl für die Zukunft. Mit einer Republikanischen Partei, die sich von Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Verschwörungslügen leiten lässt, ist auch in Zukunft kein Staat zu machen. Für eine Demokratie, die auf dem Mehrheitswahlrecht basiert, sind das äußerst deprimierende Perspektiven.

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Die promovierte Medienwissenschaftlerin arbeitete mehr als 20 Jahre in der Politikredaktion der Westfälischen Rundschau. Recherchereisen führten sie u. a. nach Ghana, Benin, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, China, Ukraine, Belarus, Israel und in das Westjordanland. Sie berichtete über Gipfeltreffen des Europäischen Rates, Parteitage, EKD-Synoden, Kirchentage und Kongresse. Parallel nahm sie Lehraufträge am Institut für Journalistik der TU Dortmund sowie am Erich-Brost-Institut für Internationalen Journalismus in Dortmund wahr. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin.


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