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Wer wird nächster Bundespräsident?: Und wer gewinnt: Schwarz mit Grün oder Rot-Rot-Grün?

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
4. August 2016
Farbenspiele

Es ist still geworden um die Diskussion, wer denn im nächsten Februar zum neuen Bundespräsidenten gewählt wird. An der Ausgangslage hat sich nichts geändert, Joachim Gauck hat verbindlich erklärt, dass er für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung steht. Was man bei allem Respekt für seine Arbeit verstehen kann. Gauck ist 76 Jahre alt(geboren am 24. Januar 1940), bei der Wahl des neuen Staatsoberhauptes wäre er 77 Jahre alt. Würde er noch einmal antreten, wäre er beim Abschied 82 Jahre alt. Das will er sich nicht zumuten. Diese Ruhe mag ein wenig mit den Ferien zu tun haben, in denen sich die meisten Deutschen befinden. Aber diese Personalie mit ihren Folgen ist zu wichtig, dass die politischen Entscheidungsträger sie im Urlaub nicht behandelten.

Die Frage der Nachfolge gestaltet sich nicht einfach. Denn eine Wahl eines Kandidaten aus welchem Lager auch immer könnte eine Vorentscheidung für die im Mai 2017 folgende und sehr wichtige Landtagswahl in NRW bedeuten und dies wiederum könnte die Wahl des künftigen Bundeskanzlers und der neuen Regierungs-Koalition im September beeinflussen.

CDU/CSU haben in der Bundesversammlung mit rund 545 Stimmen die Mehrheit, aber keine absolute, wie sie zunächst erforderlich ist. Das gilt in noch größerem Maße auch für die andere Volkspartei, die SPD, die gerade noch auf etwa 387 Stimmen kommt. Auch die traditionellen Bündnisse, Union mit FDP, und Rot mit Grün, verfügen nicht über eine Mehrheit in der Bundesversammlung, an deren Zusammensetzung sich bis zur Wahl am 12. Februar 2017 nicht mehr viel ändern wird. Bis dahin finden allein Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin statt, die beide nur wenige Plätze in der Versammlung haben.

Kein überragender Bewerber für das Amt

Einen gemeinsamen Kandidaten von Union und SPD wird es kaum geben, weil das eine Vorfestlegung auf die Fortsetzung der großen Koalition für die Bundestagswahl im September bedeuten würde, ein Signal, das beiden Parteien nicht schmecken dürfte. Und dass Regierung und Opposition wie 2012 einen gemeinsamen Kandidaten aufstellen, das grenzt an Utopie. Wobei man das Gemeinsame bei der letzten Wahl, also der Wahl von Gauck, differenziert betrachten muss. Denn Gauck war zunächst ein Kandidat von SPD, FDP und den Grünen. Angela Merkel, die CDU-Chefin und Bundeskanzlerin, sprang erst auf den Zug, als sie Sorgen hatte, Gauck würde ohne ihr Zutun gewählt. Dann aber machte sie den Kandidaten zu ihrem Bundespräsidenten. So geht Macht.

Bisher gibt es keinen alle anderen überragenden Bewerber für das höchste Amt im Staat. Namen werden genannt. Und da wird es interessant und aufschlussreich. Wilfried Kretschmann(68), der Grünen-Ministerpräsident von Baden-Württemberg, will angeblich nicht ins Schloss Bellevue einziehen, er zieht die Macht und das Regieren(oder umgekehrt) der Macht der Rede und der Repräsentation vor. Aber Kretschmann wäre ein Kandidat, der die Stimmen von Union und den Grünen schon im ersten Wahlgang bekommen könnte. Man weiß, dass er gut mit CSU-Chef Horst Seehofer auskommt und mit Merkel sowieso, deren Regierungsstil er sehr schätzt. Er hat ja mal vor Zeiten gesagt, er bete für sie. Sagte der Mann, der einst ganz links bei den Kommunisten politisch startete, was er später bedauerte, und heute ein Konservativer im grünen Gewand und bekennender Christ ist. Kretschmann hat der CDU ihr Stammland Baden-Württemberg abgenommen, nach 58 jähriger CDU-Regentschaft. Die CDU musste sogar in Kauf nehmen, im Bündnis mit den Grünen Junior-Partner zu sein, um mitregieren zu können.

Und es war Kretschmann, der vor nicht langer Zeit seiner Partei empfahl, sie solle sich für eine Koalition mit der CDU von Merkel erwärmen. Schwarz-Grün im Bund, ein Streitthema bei den Grünen, aber die Ökofreaks wollen regieren, in den Ländern wie im Bund. Da darf man sich nichts vormachen, auch wenn Anton Hofreiter zunächst dagegen hält. Mit der Merkel-CDU würden sie regieren und in manchen Länder-Regierungen gehen sie vorsorglich schon mal auf Distanz, was in NRW zu beobachten ist. Sie haben begriffen, dass Opposition, wie das Franz Müntefering mal gesagt hat, „Mist ist“, weil man eben in der Opposition nichts zu sagen und zu gestalten hat. Von den Fleischtöpfen gar nicht zu reden.

Schäuble würde gewiss wollen..

Was wichtig ist: Vize-Regierungschef von Kretschmann in Stuttgart ist der CDU-Politiker Thomas Strobl, ein 56jähriger Rechtsanwalt aus Heilbronn und: Strobl ist der Schwiegersohn von Wolfgang Schäuble, seines Zeichens Bundesfinanzminister und sehr einflussreicher Mann in den Reihen der Union. Da sind Spekulationen erlaubt: Von Schäuble weiß man, dass er nur zu gern Nachfolger von Helmut Kohl als Kanzler geworden wäre, was der Oggersheimer Dauer-Kanzler aber im letzten Moment verhindert hat und einfach weitermachte, bis er vom SPD-Politiker Gerhard Schröder abgelöst wurde. Schäubles Ehrgeiz ist nicht vorbei, sagen die, die glauben ihn zu kennen. Es hat ihn vor wenigen Jahren gewurmt, als Angela Merkel statt Schäuble Horst Köhler zum Bundespräsidenten machte. Dass sie ihn als Finanzminister ins Kabinett holte, war für den Mann aus Baden nur ein kleiner Trost. Schäuble, ein Mann im Rollstuhl als Bundespräsident? Warum nicht.

Da ist noch ein anderer wichtiger Mann in der Union, dem man ähnliche Absichten oder soll man sagen Träume unterstellt: Volker Bouffier(64), hessischer Ministerpräsident. Der einstige Hardliner-Spitzname: Schwarzer Sheriff- ist längst zu einem ausgleichenden Politiker gereift, der sich die Anerkennung vieler Seiten erworben hat. Der mit den Grünen aus Hessen ruhig, besonnen und erfolgreich regiert. Ausgerechnet mit den hessischen Grünen, die früher die härtesten Gegner der Union waren und schärfsten Vertreter von ökologischer Politik. Früher, als der Ausbau des Frankfurter Flughafens einen landesweiten und jahrelangen Streit entfachte, der hin und wieder bürgerkriegsähnliche Ausmaße annahm. Lebte Holger Börner noch, er könnte erzählen, wie das war damals. Bouffiers Vize in der schwarz-grünen Koalition in Wiesbaden ist Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, ein Mann mit Einfluss in der Grünen-Partei. Und seit der Mann Minister ist, hört man nichts mehr von Protesten gegen irgendwelche Startbahnen des größten deutschen Flughafens. Tarek Al-Wazir wird zur Kenntnis genommen haben, dass der Flughafen der größte Arbeitgeber des Landes Hessen ist.

Hessen ein Vorläufer für Berlin

Und ist nicht immer wieder betont worden, ein schwarz-grünes Bündnis in Hessen wäre der ideale Vorläufer für ein solches Bündnis in Deutschland? Man stelle sich vor, Volker Bouffier, einer der fünf stellvertretenden CDU-Vorsitzenden, der auch gut mit der Kanzlerin kann, würde Bundespräsident, mit den Stimmen der Grünen. Aber wäre das nicht eine Nummer zu groß für einen Mann wie Bouffier, der mehr denn je für den Ausgleich unter den Interessengruppen sorgen müsste in dieser Republik, deren Sicherheit seit den Anschlägen und Selbstmordattentaten ins Wanken geraten ist. Dabei geht es auch, aber nicht nur um Millionen Flüchtlinge.

Andererseits wäre das ein Signal für Berlin. Schon 2013 soll Merkel ernsthaft an einer Koalition mit den Umweltfreunden interessiert gewesen sein. Aber dann kam es anders. Nur, würde Merkel heute lieber mit den Grünen regieren oder doch wieder die Sozialdemokraten vorziehen, mit denen zu regieren sie keine Probleme hatte? Und die Mehrheit im Bundestag ist auch stattlich und nie gefährdet. Merkel wird sich irgendwann erklären müssen, was sie will und ob sie noch will. Die Zeiten sind auch für sie, gerade für sie, unsicher und schwierig geworden.

Noch ein Wort zu Kretschmann. Was wäre denn, wenn der es sich anders überlegte und plötzlich Gefallen an dem Gedanken fände, Bundespräsident zu werden? Aber wer würde dann sein Nachfolger und würde überhaupt die grün-schwarze Koalition im Ländle halten? Das könnte dann spannend werden, zumal sich die Christdemokraten im Südwesten Hoffnungen machen könnten, ohne Kretschmann schneller wieder die Macht zu gewinnen und den Regierungschef zu stellen.

Bündnis mit den Linken schwer vorstellbar

Und Rot-Rot-Grün? Ist das überhaupt vorstellbar, wenn man sich den internen Streit der Linken anschaut. Man nehme nur Sahra Wagenknecht, die offensichtlich mehr Gegner in den eigenen Reihen hat als bei der politischen Konkurrenz. Und man vergesse nicht die Rolle, die ein Oskar Lafontaine immer noch bei den Linken spielt und der als Einflüsterer der Linken-Vorzeigefrau gilt. Lafontaine, der einstige SPD-Chef, der als Bundesfinanzminister der Regierung Schröder die Brocken hinwarf, dann den Vorsitz der stolzen Arbeiterpartei den Genossen vor die Füße knallte und schließlich das Mandat des freigewählten Bundestagsabgeordneten zurückgab. Ein Bündnis mit den Linken? Das soll funktionieren? Nicht nur die mächtige NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, zugleich SPD-Chefin des einflussreichen Landesverbandes der SPD an Rhein, Ruhr und Lippe, hat mehrfach Bedenken geäußert. Sicher, Frank-Walter Steinmeister, wäre ein glänzender Kandidat. Aber ob der Außenminister, der in schwierigen Zeiten einen sehr guten Job macht und mit Putin redet wie mit Washingtons Außenamtschef Kerry, der pausenlos unterwegs ist, um den furchtbaren Krieg in Syrien zu beenden, ob dieser Frank-Walter Steinmeier einem solchen Amt hinterherjagen würde, das ist mehr als zweifelhaft. Das hat er auch gar nicht nötig.

Bildquelle: Wikipedia, Brian Gratwicke CC BY 2.0

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Tags: BundespräsidentBundespräsidentenwahlGauckGroKoKretschmannSchäubleschwarz-grün
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