EURO
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20 JAHRE EURO: EINE ERFOLGSBILANZ

Als Anfang 1999 die Deutschen Abschied von der so sehr geliebten D-Mark nehmen mussten, fiel vielen in unserem Lande der Umtausch in den Euro recht schwer. Vor allem die ältere Generation, die in relativ kurzer Zeit gleich zwei Währungsreformen durchlitten hatte, pflegte eine geradezu emotionale Bindung an die D-Mark. Schon bevor die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 entstand, hatte der legendäre Ludwig Erhard im Juni 1948 die Währungsreform durchgesetzt, die DM eingeführt und damit den Startschuss dafür gegeben, was sich in den Jahren danach als deutsches Wirtschaftswunder entwickelte. So wurde die DM nicht nur zu einer außerordentlich stabilen Währung, sondern auch zum Symbol für die Soziale Marktwirtschaft, also für die beste Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung, die es je in der Geschichte Deutschlands gegeben hat.

Schwerer Abschied von der D-Mark

Die Befürchtungen und Sorgen, die Millionen Deutsche vor zwei Jahrzehnten mit Blick auf die neue europäische Währung hatten, waren durchaus verständlich. Nicht wenige beschlich das Gefühl, dass sie ihr gutes deutsches Geld auf dem Altar Europas opfern und in eine neue schlechtere gemeinsame Währung tauschen müssten.

Lange vor 1999 hatten die europäischen Politiker den Weg in die gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion beschlossen. Die turbulenten Währungskrisen in den zwei Jahrzehnten zuvor mussten immer wieder mit Abwertungen etwa der italienischen Lira und des französischen Franc sowie mit der Aufwertung der DM bewältigt werden. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft, für die Unternehmen und Arbeitsplätze, waren nicht gerade positiv, wurden jedoch insgesamt gut bewältigt. Für die Absicherung der Wechselkursrisiken mussten insbesondere die Exportfirmen hohe Kosten aufwenden. Sehr teuer war auch der Umtausch für deutsche Touristen, wenn sie ihre DM in andere Sorten -in Lira, Franc oder Gulden- wechselten.

Chancen für eine politische Union

Neben diesen ökonomischen Überlegungen fielen indessen die politischen Erwägungen ganz stark ins Gewicht. Die Staatsmänner, die schon damals mit Blick auf die weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen ein gemeinsames Europa als die einzig richtige Alternative erkannten, wollten mit der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWU) den wichtigsten Schritt zu einer politischen Union Europas machen. Immerhin hatte bereits im Jahre 1948 der britische Premierminister Sir Winston Churchill in seiner legendären Rede in Zürich visionär die „Vereinigten Staaten von Europa“ gefordert, um für immer Kriege auf diesem Kontinent auszuschließen sowie Frieden, Freiheit und Wohlstand zu erreichen. Den beiden großen Europäern Helmut Kohl und Francois Mitterrand ging es zumindest um ein „Europa der Vaterländer“, die nicht nur ihre Wirtschafts- und Währungspolitik, sondern auch vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie andere Politikbereiche -etwa den Umweltschutz, die Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung und die Energiepolitik- koordinieren und harmonisieren sollten.

Kein deutsches Opfer für den Euro

 Wenn auch immer wieder von einigen selbsternannten Experten aus Deutschland behauptet wird, Kohl habe der Einführung des Euro nur deshalb zugestimmt, um von dem französischen Präsidenten Mitterrand das Placet für die Wiedervereinigung Deutschlands zu erhalten, so ist dies ebenso absurd wie falsch. Die Meilensteine der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion waren lange vor dem Fall des Eisernen Vorhangs und der friedlichen Revolution unserer Landsleute in der damaligen DDR beschlossen worden. Der aktive Zeitzeuge und ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel, der sich nicht zuletzt dafür einsetzte, dass die neue europäische Währung den Namen Euro und nicht ECU erhielt, hat immer wieder dieses Gerücht als völlig unzutreffend zurückgewiesen. Und es wird gewiss auch durch manche Wiederholung bis in unsere Gegenwart hinein nicht richtig.

Start mit 11 Staaten

Helmut Kohl wollte mit der Einführung des Euro die europäische Einigung irreversibel machen. So fixierten zunächst 11 Staaten -Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, Österreich, Portugal, Irland, Finnland und Luxemburg sowie die Niederlande- zum 1. Januar 1999 ihre Wechselkurse. Griechenland kam 2001 dazu, Slowenien 2007, Malta und Zypern 2008, die Slowakei 2009, Estland 2011, Lettland 2014 und Litauen 2015. Der Umtauschkurs wurde vor 20 Jahren mit 1,95583 DM für 1 Euro festgelegt. Der Startkurs für 1 Euro betrug damals 1,17 US-Dollar. In den letzten 20 Jahren gab es gegenüber der US-Währung beachtliche Schwankungen: Ende 2000 fiel der Euro auf einen Tiefstkurs von 0,82 US-Dollar, stieg dann bis auf 1,60 US-Dollar in 2008. Inzwischen hat sich die Parität auf rund 1,10 Dollar für 1 Euro eingependelt, also auf einen Kurs wie vor 20 Jahren.

Stabiler als die D-Mark

International rangiert der Euro als Leitwährung deutlich hinter dem US-Dollar: Rund 60 % der globalen Notenbank-Reserven werden heute in Dollar gehalten, gut 20 % in Euro. Während der Außenwert des Euro gegenüber dem Dollar, britischen Pfund, japanischen Yen und Schweizer Franken mehr oder weniger stark schwankte, entwickelte sich der Binnenwert recht stabil. Im Durchschnitt der 20 Jahre seines Bestehens lag die Inflationsrate des Euro bei nicht ganz 2 % und damit in dem Zielkorridor, den die Europäische Zentralbank ansteuerte. In den letzten Jahren fiel die Inflation trotz der stark expansiven Geldpolitik der EZB, die für rund 2,6 Billionen Euro Anleihen aufkaufte und mit entsprechend viel Liquidität die Märkte flutete, gar unter die 2 %-Marke.

Viele Schuldenländer

Allerdings haben viele Mitgliedsstaaten der Währungs- und Wirtschaftsunion immer wieder gegen die Maastricht-Kriterien zur soliden Haushaltspolitik verstoßen: Diese hatten vor allem auf deutschen Druck hin festgelegt, dass das laufende Etat-Defizit nicht die 3 %-Grenze überschreiten und die gesamten Staatsschulden nicht über 60 % des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes hinausgehen sollten. In den 20 Euro-Jahren wurden diese Maastricht-Leitlinien mehr als 160 mal von fast allen der 19 Mitgliedsländer „gerissen“ – auch von Deutschland, das inzwischen jedoch mit der „schwarzen Null“-Politik seinen Staatshaushalt ohne Schulden finanziert und zudem den in den vergangenen Jahren aufgetürmten Schuldenberg deutlich abgebaut hat – um etwa 200 Mrd. € im Vergleich zu 2012.

Härte-Test: Finanzkrise 2008

Das Euro-System hat die schwere internationale Finanz- und Bankenkrise, die 2008 ausbrach, gemeistert. Dabei mussten einige Länder vor dem Staatsbankrott mit hohen Milliarden-Krediten gerettet werden. Das betraf vor allem Griechenland, aber auch in geringeren Dimensionen Irland, Portugal, Spanien und Zypern. Dabei wurden jedoch nationale Schulden zum Teil vergemeinschaftet und somit gegen die Maastricht-Regel verstoßen, nach der kein Euroland für die Schulden anderer Staaten haften sollte. Die danach von vielen geäußerten Sorgen, dass die Währungsunion zu einer Haftungsunion und gar zu einer Transferunion deformiert werden könne, sind nicht unberechtigt und noch keineswegs ausgeräumt. Auf jeden Fall konnte die schwere Krise, die vor 10 Jahren die Finanzwelt erschütterte, gemeistert werden. Viele Euro-Mitgliedsländer haben inzwischen wieder an Stabilität gewonnen und einen wirtschaftlichen Aufschwung mit mehr Wachstum und Beschäftigung erreicht. Dagegen müssen einige -etwa Italien und auch Frankreich- ihre Politik darauf ausrichten, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die Maastricht-Kriterien einzuhalten. Von einem großen Crash, wie er 2008 drohte, wäre Deutschland möglicherweise am stärksten betroffen gewesen.

Euro-Vorteile für alle

Immerhin gehen mit fast 500 Mrd. Euro über ein Drittel aller deutschen Ausfuhren in die Länder der Euro-Zone. Hinzu kommen die engen Verbindungen der Banken und Versicherungen, die viele Milliarden in der Euro-Zone investiert haben – Milliarden ihrer Einleger, die insbesondere auch in Staatsanleihen angelegt wurden.

20 Jahre Euro – für uns Deutschen lässt sich auf jeden Fall eine Erfolgsbilanz aufmachen. Es gibt keine währungspolitischen Zitterzeiten mit Auf- und Abwertungen mehr. Die einst so hohen Transaktionskosten und so teuren Absicherungen gegen Währungsrisiken sind mit der Einführung des Euros weggefallen. Schließlich freut sich der Handlungsreisende ebenso wie der Ferientourist, der in die Euro-Länder fährt oder fliegt, dass er nicht Geld beim Währungsumtausch verliert, sondern mit dem Euro in Rom wie in Paris, in Athen wie in Madrid und in anderen EU-Regionen bestens unterwegs sein kann. Der Ausbau Europas zu einer politischen Union sollte indessen wieder eine hohe Priorität einnehmen. Mit den jüngsten Entwicklungen in den USA und China wird überdeutlich, dass nur ein starkes Europa in der Welt von morgen noch mithalten, mitreden und mitgestalten kann. Die Zeit der europäischen Kleinstaaterei muss deshalb endgültig vorbei sein.

Bildquelle: pixabay, stux, CC0 Creative Commons

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leitete die ZDF Wirtschaftsredaktion, bevor er unter Helmut Kohl Regierungssprecher und schließlich CDU-Abgeordneter im Bundestag wurde. Heute ist Ost weiter als Journalist und in der Politik- und Wirtschaftsberatung tätig.


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