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Klimaschutz praktisch und von unten umsetzen – Gastbeitrag von André Stinka MdL

Gastbeitrag Von Gastbeitrag
18. September 2021
Klimawende - Symbolbild

Überbietungswettbewerb Klimaschutz?

Im aktuellen Wahlkampf spielt der Klimaschutz eine große Rolle. Fast alle Parteien haben entdeckt, dass die Zukunft unserer Umwelt und unseres Klimas auch unsere Zukunft ist. Man könnte fast sagen: Das hat ja auch ganz schön lange gedauert… Nur die Ewiggestrigen, die ihren Abschluss auf der youtube-Universität gemacht haben, glauben eher obskuren Videos aus den tiefsten Ecken des Internets als den Aussagen der übergroßen Mehrheit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Wer sich in seriösen Quellen informiert, kann kaum leugnen: Der Klimawandel ist menschengemacht – und in diesem Sommer haben wir ihn unter anderem auch bei uns in NRW sehr schmerzhaft zu spüren bekommen.

Was aber zu tun ist, um den Klimawandel aufzuhalten, da gibt es dann doch sehr große Unterschiede. Bei der CDU in Bund und Land merkt man deutlich, dass sie nur im letzten Moment auf den Zug aufspringen will. Schließlich kann man das eigene Desinteresse an diesem Thema dem wählenden Volk nur schwer vermitteln. Aber die Planungen sind vage, die Ideen und die Überzeugung fehlen. Die FDP will – wie immer – alles dem Markt überlassen, bloß keine staatliche Regulierung, bloß keine Belastung für die Unternehmen durch den Umbau hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft. Klar, den fleißigen Spenderinnen und Spendern will man lieber nichts zumuten. Bei beiden sind die Initiativen für den Klimaschutz deshalb nur ein ziemlich kleines und löchriges Feigenblatt. Ob es nun da ist oder nicht ist eigentlich egal – es lohnt sich ohnehin kaum genauer hinzusehen.

Bei aller Leidenschaft für den Klimaschutz darf man aber nicht vergessen: Er darf nicht zu einer sozialen Belastung werden. Und trotzdem müssen wir dringend vorankommen! Der Wandel darf also nicht auf dem Rücken der Menschen finanziert werden, die ohnehin mit geringen Einkommen klarkommen müssen. Aber nur wenn gerade diese Menschen das Potential in praktischen Maßnahmen sehen, die zum Beispiel den CO2-Ausstoß senken, die sich aber auch finanziell lohnen, gibt es auch eine hohe Akzeptanz.

InnovationCity als gutes Beispiel

Wie können also solche Maßnahmen für ganz praktischen Klima- und Umweltschutz aussehen? Ein besonders gelungenes Beispiel ist aus meiner Sicht die InnovationCity Bottrop. In diesem Sommer wurde der Abschlussbericht dieses vom Initiativkreis Ruhr gestarteten und von der rot-grünen Landesregierung 2011 unterstützten Projekts vorgestellt. Die Ergebnisse im Detail sind spannend und interessant, sie geben viele Hinweise darauf, wie ein klimagerechter Stadtumbau aussehen kann – ein Stadtumbau, von dem die Menschen profitieren, der den Kommunen ganz konkrete Handlungshinweise gibt und auf den Bund und Land ihre Förderprogramme ausrichten können, um echte Anreize zu schaffen.

Großartig ist vor allem auch, wie viele Menschen sich in die Prozesse eingebracht haben. Menschen aus allen Generationen mit sehr verschiedenen sozialen Hintergründen, aber dem gemeinsamen Interesse etwas für ihre Stadt zu bewegen. Gerade diese Ressource sollten wir beim Klimaschutz nicht vergessen: Ideen, die vor Ort geboren wurden, auch vor Ort umzusetzen. Das sorgt für eine hohe Zufriedenheit mit Veränderungsprozessen, die sonst oft schwierig zu vermitteln sind.

Was wurde in Bottrop also in diesen zehn Jahren der InnovationCity erreicht? Kurz zusammengefasst: Die Emissionen konnten auf die Hälfte gesenkt werden, die Modernisierungsrate bei Wohngebäuden hat sich verdreifacht. Für dieses tolle Ergebnis waren die Bemühungen mehr als lohnenswert und sie haben Bottrop und die anderen Kommunen, die sich im Laufe der vergangenen zehn Jahre beteiligt haben, weit vorangebracht. Hier wurde gezeigt, dass Innovationen für den Klimaschutz und die Verbesserung der Lebensqualität sich nicht widersprechen, sondern ganz eng zusammengehören.

„Deutschland ist gebaut“

Ein Zitat, dass in den zehn Jahren immer wieder genannt wurde ist: „Deutschland ist gebaut“. Das bedeutet nicht, dass es keinen Bedarf an Neubauten gibt, gerade in vielen wachsenden Kommunen ist das extrem notwendig, um einen weiteren Mietenanstieg zu verhindern – zumindest wenn man dabei auf soziale Gerechtigkeit achtet und nicht nur auf die Profitmaximierung von Investorinnen und Investoren. „Deutschland ist gebaut“ bedeutet einfach, dass wir einen erheblichen Modernisierungsbedarf in sehr vielen älteren Gebäuden haben. Und während in Deutschland insgesamt nur ungefähr ein Prozent des Bestands pro Jahr energetisch modernisiert werden, sind es in Bottrop über drei Prozent. Dazu gehören ausführliche Beratungen und das Mitnehmen der Mieterinnen und Mieter genauso wie der Eigentümerinnen und Eigentümer. Denn der Prozess lohnt sich für beide Seiten.

Daran sieht man, dass wir nicht alles neu machen müssen, wir können auch bestehende Gebäude besser machen und damit einen sehr viel höheren Klimaschutz erreichen, indem wir Emissionen einsparen. Und im Übrigen wurden durch diese Maßnahmen tausende Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen.

Vernetzung nutzen

Es gibt natürlich viele Faktoren, die den Erfolg der InnovationCIty möglich gemacht haben. Die Halbierung der CO2-Emissionen gelingt nicht nur über die skizzierten Maßnahmen an Gebäuden. Die Modernisierung der Wohngebäude ist nur einer, wenn auch ein sehr wichtiger Baustein. Ein anderer, genauso wichtiger Baustein, ist die Mobilität. Auch hierfür wurden gute Methoden gefunden, um Verkehre vernünftig zu steuern, umweltfreundliche Mobilität zu fördern und die Logistik des Warenverkehrs zwischen den Haushalten sowie dem Einzel- und Großhandel sinnvoll zu gestalten.

Auch hier ist ein Blick in die Details spannend. Datenerfassung und Datenverarbeitung spielen eine wichtige Rolle bei der Lenkung der Verkehrsströme, Umweltdaten werden laufend analysiert, um die Luftqualität möglichst gut zu halten. Wenn also gerade der Verkehr auf den fast schon traditionell vollen Straßen des Ruhrgebiets einen Beitrag zum Klimaschutz leistet, dann ist dieses Projekt wirklich erfolgreich. Und man sieht: Schnelle Datenverbindungen sind zu viel mehr gut als Katzenvideos im Internet oder dem neuesten Netflix-Hit (wobei die natürlich auch wichtig sind). Mit intelligenter Verkehrssteuerung kommen wir besser, schneller und mit weniger Emissionen von A nach B. Oder anders gesagt: Alle gewinnen!

Fazit

Die Ergebnisse der InnovationCity Bottrop geben uns viele Hinweise zum „Klimaschutz von unten“. Also nicht (nur) über staatlich verordnete Maßnahmen, die natürlich auch ihre Berechtigung und Notwendigkeit haben. Aber vor allem geht es um den genauen Blick auf die Erfordernisse und Gegebenheiten vor Ort. Es geht darum, die Potentiale in den Kommunen zu finden und zu fördern. Dafür brauchen die Kommunen natürlich entsprechende Fördermittel, die Bund und Länder im Sinne des Klimaschutzes zur Verfügung stellen sollten. Wer den Klimaschutz sozialverträglich gestalten will, kommt an diesem Weg nicht vorbei – und die InnovationCIty Bottrop hat gezeigt, wie es gehen kann.

Über den Autor: André Stinka ist Mitglied des Landtags NRW, stellv. Fraktionsvorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, Schatzmeister der NRWSPD und seit 2018 Landesvorsitzender des Verbands für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. (NaturFreunde NRW)

Bildquelle: Pixabay, Bild von Gerd Altmann, Pixabay License

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Tags: BundestagswahlInnovationCity BottropInnovationspotentiale KommunenKlimaschutzKlimawandelKlimawendeKlimawende von untenUmweltschutz
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